„Alpine Hospitality Summit 2025“

Keine grauen Haare trotz vieler unerfreulicher Hotellerie-Themen

Print-Ausgabe 13. Juni 2025

Thomas Reisenzahn (l.) und Marco Riederer freuten sich über das rege Interesse am „Alpine Hospitality Summit 2025“

Letztere kamen bei der von der Prodinger Tourismusberatung organisierten Veranstaltung in Kitzbühel in aller Deutlichkeit zur Sprache

Wie steht es nun wirklich um Österreichs Ferienhotellerie? Just am selben Tag des Prodinger „Alpine Hospitality Summit“, der sich zu Beginn wie immer mit grundlegenden Daten und Fakten über den Zustand der Betriebe beschäftigte, erschienen zwei widersprüchliche Analysen: Jene des WIFO (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung), der zufolge der Tourismus „als leichte Konjunkturbremse“ wirkt, sowie jene des WTTC (World Travel & Tourism Council), die Österreichs Reise- und Tourismusbranche „einen bemerkenswerten Wachstumskurs“ attestiert. Was stimmt nun?

Thomas Reisenzahn, geschäftsführender Gesellschafter der Prodinger Tourismusberatung, brachte den aktuellen Zustand auf den Punkt: „Der Tourismus befindet sich in einer nicht ganz so schlechten Lage und er erweist sich, was die wirtschaftlichen Eckdaten betrifft, als robuster als andere Branchen.“

Der „Alpine Hospitality Summit“, der heuer erstmals im Hotel Grand Tirolia Kitzbühel über die Bühne ging (die ersten drei „Summits“ fanden im Hotel Rasmushof statt), war wie immer ausgebucht. Den 280 Teilnehmer:innen standen 100 auf der Warteliste gegenüber. Unter den Gästen befanden sich die frühere Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (sie hatte den Tourismus im Zuge der Regierungsverhandlungen vertreten), der neue Deregulierungs-Staatssekretär Sepp Schellhorn, die Chefin der Tirol Werbung Karin Seiler, Kitzbühel-Tourismusobmann und Multi-Hotelier Christian Harisch, der Geschäftsführer der ÖHT (Österreichische Hotel- und Tourismusbank) Matthias Matzer, der Fachverbandsobmann Hotellerie in Tirol Franz Staggl (4-Sterne-Hotel Arzlerhof), die Chefin der Tiroler ÖHV (Österreichische Hotelvereinigung) Barbara Winkler (4-Sterne-Hotel Kaiser), die Geschäftsführerin des VTT (Verband der Tiroler Tourismusverbände) Ingrid Schneider, und die Bergbahn-Chefs Christian Wörister (Kitzbühel), Jakob Falkner (Sölden) sowie Peter Marko (Silvretta Montafon) und der CEO der Dorint Hotels, Jörg Böckeler.

In seiner Analyse ging Thomas Reisenzahn auf die Umsatzzahlen der Ferienhotellerie in der Wintersaison 2024/2025 ein, die von Card Complete zur Verfügung gestellt wurden (75 % der Winter-Umsätze in Österreichs Ferienhotellerie erfolgen über Kreditkarten). Demnach startete die Branche im Dezember mit einem Umsatz-Plus von +4,11 %, um im Jänner 2025 ein leichtes Minus von -2,36 % zu erwirtschaften, dem ein abrupter Einbruch im Februar folgte (-11,71 %). Der März (zum Zeitpunkt des „Summits“ letzter verfügbarer Monat) rettete mit einem Minus von -1,93 % die Saison nicht: Unter dem Strich verblieb ein Umsatz-Minus von -4,56 %.

„Der Tourismus in Wintersportorten mit höher gelegenen Skigebieten entwickelte sich besser“, so Reisenzahn. Denn es herrschte „ein schneearmer Winter.“ Darunter litt auch das Zusatzgeschäft. Als umsatzstärkste Destinationen erwiesen sich heuer Lech/Zürs, Kitzbühel und St. Anton, gefolgt von Saalbach, Serfaus, dem Achensee, der Region Wilder Kaiser, Zell am See, Paznaun/Ischgl und dem Ötztal. Auch die Frage, ob die Hotel-Zimmer preislich stärker gestiegen sind, als die Ski-Pässe, konnte Reisenzahn schlüssig beantworten: Gegenüber dem Winter 2011/2012 sind die Hotelzimmer-Preise in der Saison 2024/2025 um 56 % gestiegen, jene der Ski-Karten um 66 %.

Der Umsatzrückgang von Hotels wirkt sich im regionalen Umfeld dramatisch aus, so Josef May, Senior Business Consultant der Prodinger Steuerberatung. Er berief sich auf eine Wertschöpfungsstudie, die Prodinger anhand des 5-Sterne Bio- und Wellnesshotels Stanglwirt (170 Zimmer, 94 % Auslastung) durchführte. Die 50 Mio. Euro Hotelumsatz bringen der Region mehr als 44 % bzw. 22,15 Mio. Euro Wertschöpfung. Josef May: „Das kann man auf viele andere Betriebe umlegen.“

Als entscheidendes Jahr ortete der Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung, Marco Riederer, das Jahr 2023. „Bis dahin wurde immer investiert. Die Betriebe konnten ihre Ertragskraft und den Ertragswert laufend steigern“, so Riederer. Doch 2023 sind die Ertragswerte erstmals gesunken. Das operative Betriebsergebnis (GOP – Gross Operating Profit), das 2022 in der 4-Sterne Ferienhotellerie noch 23,68 % des Umsatzes erreichte, ging 2023 auf 21,41 % zurück, um 2024 (vorläufiges Ergebnis) nur noch rund 20,6 % zu betragen.

Grund dafür sind vor allem die gestiegenen Mitarbeiter:innen- (gegenüber 2019 pro Vollzeit-Äquivalent um +26,93 %) und Energiekosten (pro Zimmer), die im selben Zeitraum um +72 % zulegten. Der Gesamtumsatz pro verfügbarem Zimmer kletterte nur um +20,54 % nach oben. Die „mutigere Preisdurchsetzung“ – einst als Allheilmittel für die Ferienhotellerie gepriesen – ist an ihrem Ende angelangt, wie Karin Leeb für ihr 4-Sterne-Superior Wellness- und Aktivhotel Hochschober (116 Zimmer) deutlich machte: „Wir haben in den vergangenen Jahren unsere Preise jährlich um bis zu 10 % angehoben. Jetzt wird selbst bei unserer Klientel die Luft dünner. Wir müssen aufpassen, uns nicht aus dem Markt hinaus zu preisen.”

Ein weiteres Thema, das Österreichs Ferienhotellerie bzw. potentiellen Investoren unter den Fingern brennt, besteht in den extrem langen Zeiten und dem hohen Aufwand, den neue Projekte und Umbauten durch die ausufernde Bürokratie mittlerweile verursachen. Laut Moderator Tarek Leitner (ORF) entfällt bereits ein Drittel der Projektkosten auf Steuern, Abgaben und Bürokratie. Christian Ebner, dessen CE Holding aktuell die Hotels Mirabell in Bad Gastein und Pichlmühle am Attersee umzusetzen versucht, musste 6 Jahre bis zum heuer im September geplanten Baubeginn investieren. Heinrich Dominici, dessen Unternehmen aktuell in Kitzbühel das Hotel „Zur Tenne” neu errichtet, sprach von bereits 42 Architektenentwürfen, die eingereicht werden mussten.

Für den neuen Deregulierungs-Staatssekretär Sepp Schellhorn besteht also ein ausreichendes Betätigungsfeld: „Wir brauchen mehr Freiheit und weniger Zettelwirtschaft, eine einheitliche Regulatorik, eine Vereinfachung und auch andere Finanzierungsmodelle.“ Ebenso will Schellhorn den Fristenlauf enorm verkürzen: „Alles was nicht in einem bestimmten Zeitraum behandelt wird, soll als bewilligt gelten.” Allerdings dürfe dies nicht missbraucht werden.

Lässt man die sieben Diskussionsrunden des diesjährigen „Alpine Hospitality Summit“ Revue passieren, braucht man sich über Österreichs Tourismuszukunft trotzdem keine grauen Haare wachsen lassen. Der vom WTTC attestierte „bemerkenswerte Wachstumskurs“ trifft zu, die vom WIFO festgestellte „Konjunkturbremse“ hingegen nicht.

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:

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