Print-Ausgabe 14. März 2025
„Hotels können ganz einfach einen echten Mehrwert generieren“, erklären Gerhard Sperrer (l.) und Andreas Schabel (r.)
Durch den Verkauf von Leerkapazitäten mittels Gutscheinen erzielen Hotels in auslastungsschwächeren Zwischen- und Nebensaisonen Zusatzerträge
Als Andreas Schabel und Gerhard Sperrer 2004 die SST Touristik Vertrieb gründeten, schwante den beiden wohl nicht, welches Firmenimperium daraus werden sollte. Der Kern des Geschäftes blieb indes immer derselbe: Mehr als 1.000 Hotels in Österreich, Deutschland, Italien, der Schweiz, Kroatien und Slowenien – kurz: „überall dort, wo deutschsprachige Kund:innen gerne mit ihrem Auto hinfahren“, wie Andreas Schabel dieser Tage gegenüber T.A.I. festhielt –, denen die SST Touristik sowie deren Schwesterunternehmen bei der Verwertung von Leerkapazitäten mittels Gutscheinen unter die Arme greifen. Andreas Schabel: „Hotels können so ganz einfach einen echten Mehrwert generieren.“
Zuletzt wurde vor rund eineinhalb Jahren die Verkaufsplattform midnightdeal übernommen. Seit kurzem läuft diese nun auf der SST-eigenen Datenbank (zuvor hatte www.midnightdeal.com eine andere Programmiersprache). Laut Andreas Schabel sorgt diese Neuerung für eine Vielzahl von Vorteilen: „Wir können midnightdeal nun auch an Channel-Manager und an Datenbanken von Lieferanten anbinden.“ Ebenso wurde mit Roger Schläpfer ein neuer Einkäufer für Hotelangebote engagiert. „Wir haben jetzt bei midnightdeal um die 130 Hotels, wobei diese Zahl im Steigen begriffen ist“, so Andreas Schabel.
Konkret funktioniert midnightdeal so, dass ein Hotelier (z. B. das 4-Sterne Aktiv & Vital Hotel Thüringen) einen Basispreis pro Zimmer und Nacht nennt (etwa 279 Euro statt 309 Euro, Basis Halbpension). Der Kunde wiederum gibt an, wie viel er zu zahlen bereit ist (z. B. 250 Euro) und in welchem Zeitraum. Der Hotelier kann nun entscheiden, ob das Zimmer zu diesem Preis gebucht wird oder nicht.
Damit unterscheidet sich das Modell von jenem der SST Touristik, das auf Gutscheinbasis funktioniert. Ein Hotel stellt dabei für einen bestimmten Zeitraum seine leeren Zimmer zur Verfügung und diese werden von SST Touristik auf den verschiedensten Travel Outlets, wie etwa die zum Unternehmensverbund gehörende Website www.we-are.travel, im Internet vermarktet. Andreas Schabel: „Damit kann das Hotel die Preise auf der eigenen Website und den OTAs (Online Travel Agents) hochhalten, muss also nicht an der Preisschraube drehen und erzielt einen echten Zusatzertrag.“
Ergänzend dazu unterstützen Andreas Schabel und Gerhard Sperrer mit der ebenfalls zum Unternehmensverbund gehörenden Firma hoxami Gutscheinhandel (www.hoxami.com) Hotels bei der Finanzierung diverser Ausgaben, von der kompletten Renovierung bis hin zur monatlichen Stromrechnung. Wie immer läuft das Geschäft auf Basis von Gutscheinen für ansonsten leerbleibende Zimmer, wobei in diesem Falle hoxami die Rechnungen für das Hotel bezahlt.
Als Beispiel führt Andreas Schabel ein 4-Sterne-Hotel in Tirol in einer traditionellen Wintersportregion an. Während im Winter ohne Gutscheine die Auslastung Spitzenwerte erreicht, sieht es im Sommer und vor allem in den Zwischensaisonen Herbst und Frühjahr anders aus. Genau dort setzen die Sales-Solutions von hoxami an (neben der Schiene „Cash & Invest“ für Investitionen aller Art und einem von hoxami festgelegten Verkaufspreis gibt es den „Classic Sale“ für den kontinuierlichen Verkauf von Nächtigungspaketen und den „Season Sale“ für einen definierten Zeitraum; bei den beiden letztgenannten wird der Verkaufspreis gemeinsam festgelegt). Für besagten Hotelier zahlte sich das Modell jedenfalls aus: „Wir konnten zuletzt mit 1.000 verkauften Zimmernächten pro Jahr – dies entspricht ca. 6 % der Gesamtauslastung – einen Zusatzertrag in der Höhe von ca. 150.000 Euro erwirtschaften.“
Der Schwerpunkt der hoxami-Finanzierungen lag in den zurückliegenden sechs Monaten laut Andreas Schabel auf Energiekosten-Optimierung (vor allem Solar-Energie) ebenso wie auf Renovierung, Wellness-Bereichen und Mitarbeiter-Wohnungen. Andreas Schabel: „Die Mitarbeiter-Problematik ist ein bisschen besser geworden, aber der Tourismus ist und bleibt einer der Branchen, die laufend Mitarbeiter:innen brauchen.“
Wie läuft es insgesamt? „Gut“, betont Andreas Schabel. „Wir sind an einem Punkt angelangt, wo das Zeitalter der Überförderungen überwunden ist.“ Was heißt das konkret? „Wir haben viele Hotels als Kunden dazubekommen, die viel finanzieren.“ Während mit dem Ende von Corona der Drang bei den Konsument:innen zu verspüren war, Urlaub zu machen „koste es, was es wolle“, so wollen Endkund:innen nun interessante Angebote erhalten.
Der Durchschnittspreis ist trotzdem weiter gestiegen. Lag er im Herbst vergangenen Jahres mit rund 150 Euro pro Zimmernacht um rund15 % über jenem von 2023, so kletterte er im letzten halben Jahr um weitere 6 bis 10 % nach oben. Aktuell sind es geschätzt rund 160 bis 165 Euro. Zwar sind auch die Grenzkosten gestiegen, „aber 10 % von 50 Euro sind eben weniger als 10 % von 100 Euro“, so Andreas Schabel. Fest steht: In Zeiten schwächerer Auslastung steigern Hotelgutscheine unmittelbar den Zusatzertrag, da die Verkaufspreise in jedem Fall höher sind als die sehr niedrigen variablen Kosten pro Gast.
Gutscheine sind auch ein begehrtes Gut. „Sie sind oft sehr rasch ausverkauft, manchmal ist binnen Wochenfrist das gesamte Jahreskontingent für ein Hotel weg“, weiß Andreas Schabel aus eigener Erfahrung. Aus diesem Grund sind auch nicht immer alle über 1.000 Hotels auf der Website zu finden.
Große Sorgen darüber, wer dereinst die SST Touristik und ihre Töchter übernehmen wird, brauchen sich Gerhard Sperrer und Andreas Schabel keine zu machen. Während die beiden Söhne von Gerhard Sperrer noch die Schulbank drücken, hat Michael Schabel vor kurzem sein Studium beendet und ist nun als Manager in der SST Touristik für den Bereich New Business Development verantwortlich. „Dazu gehört alles, was sich um neue Verkaufsplattformen dreht“, erklärt Andreas Schabel, etwa die schweizerische Website DeinDeal.ch, die Kooperation mit dem PVOÖ (Oberösterreichischer Pensionistenverband) sowie White Labels und Gutscheinverkauf.
Erstellt am: 14. März 2025
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