Branchenreport Ferienhotels

Ferienhotellerie braucht noch, Top-Betriebe halten sich exzellent

Print-Ausgabe 14. Juni 2024

„Das Thema ‚Environmental, Social and Corporate Governance“ kommt immer mehr auf uns zu“, so Josef May

Das geht aus den Vorträgen von Thomas Reisenzahn und Josef May beim „Prodinger Alpine Hospitality Summit“ hervor – nachhaltige Unternehmensführung wird wichtig

Einer der Höhepunkte beim „3. Prodinger Alpine Hospitality Summit“ Mitte Mai 2024 (siehe auch nebenstehenden Beitrag) waren die Vorträge des Chefs der Prodinger Tourismusberatung, Thomas Reisenzahn, und von Josef May, dem Senior Business Consultant bei der Prodinger Steuerberatung und Geschäftsführer der Maylenstein Wirtschaftsberatung. Beide skizzierten den Status-Quo von Österreichs Ferienhotellerie.

Zunächst war Thomas Reisenzahn am Wort, demzufolge die Anzahl der 1- bis 5-Sterne Hotelbetriebe im „Herz der Alpen“ seit 2012/2013 um -15,8 % auf 3.308 zurückging. Die Zahl der Betten sank im selben Zeitraum um -3,1 % auf 173.759, wobei es bei Letzteren (also Betten) zuletzt wieder einen geringfügigen Anstieg gab. Verantwortlich dafür waren aber nur die 4- und 5-Sterne Hotels, deren Betten um +15,5 % auf 91.226 stiegen. Noch ausgeprägter war das Plus des Angebotes bei den gewerblichen Ferienwohnungen (in obigen Zahlen nicht enthalten): Deren Bettenzahl kletterte um +66,9 % auf 56.0035. Reisenzahn: „Airbnb ist nicht nur ein urbanes Phänomen.“

Interessant war der Vergleich der aktuellen Wintersaison 2023/24 mit jener von 2019/20 (jeweils November bis inkl. März). Tirol sah sich hier noch mit einer Lücke von -5,41 % konfrontiert, Salzburg mit einem Defizit von -4,16 %. Der Ferientourismus habe demnach laut Reisenzahn „noch nicht das Vor-Pandemie-Niveau“ erreicht. Gemessen an den Vollbelegs-Tagen (zuletzt 159) hinke die Branche um 20 Tage hinterher.

Problematisch ist auch die Inflation: „Die Preise konnten zwar gesteigert werden, aber die Kosten sind noch stärker gestiegen“, so Reisenzahn. So liegt aktuell der Umsatz pro Mitarbeiter:in in der 4- und 5-Sterne Hotellerie mit 108.700 Euro um +25 % über den Werten von 2019, doch der GOP (Gross operating profit) weist in die andere Richtung: Bei den 4- und 5-Sterne-Betrieben sank er 2023 gegenüber vor der Pandemie um -19 bis -26 %. Entsprechend gesunken ist auch das Investitionsvolumen, das 2021 mit 897 Mio. Euro (laut ÖHT – Österreichische Hotel- und Tourismusbank) seinen Höchstwert erreichte. 2023 waren es nur noch 412 Mio. Euro, um rund -40 % weniger als in den Jahren 2017 bis 2019 mit jeweils rund 700 Mio. Euro.

Wie die derzeitige Performance der Top-Ferien-Resorthotellerie aussieht, darauf ging Josef May anhand von 15 führenden Betrieben von der Steiermark bis Tirol ein. Der (hochgerechnete) Umsatz dieser Hotels erreicht im Durchschnitt 22,979 Mio. Euro. Die Personalkosten erreichen bei diesem Sample 34 % vom Umsatz, mit durchschnittlich 31 % GOP (im Schnitt sind es pro Zimmer 57.000 Euro; im Gegensatz zum Branchendurchschnitt stieg er damit sogar) besteht bei den 15 Betrieben laut May auch „eine sehr gute Profitabilität“.

Auch bei der Nettoverschuldung (laut Faustregel nicht mehr als 2,0) erweisen sich die 15 Top-Betriebe mit Werten um die 0,81 als mustergültig. Der ÖHT-Schnitt liegt bei ebenfalls erfreulichen 1,24. Die Eigenkapitalquote erreichte 40 % vom Gesamtvermögen (ÖHT-Durchschnitt 31 %). Gegenüber Vor-­Covid verzeichneten alle 15 Betriebe einen gleichen Umsatz- wie Personalkosten-Anstieg, die Umsätze seien „bei allen stärker gewachsen, als der sonstige betriebliche Aufwand“, was May für „sehr positive Entwicklungen“ hält. Eine „Herzensangelegenheit, und das nicht aus Weltverbesserungsgründen“, ist für May die nachhaltige Unternehmensführung: „Da kommt das Thema ESG (Environmental, Social and Corporate Governance) aus sehr prominenter Ecke immer mehr auf uns zu.“ Der Grund: Umwelt-Kompetenzen werden verstärkt bei Kreditvergabe und Förderungen nachgefragt. Dies habe nicht nur Auswirkungen auf die Zinsen, auch Gäste und Mitarbeiter:innen verlangen danach.

Die 4- und 5-Sterne Hotellerie leistet hier bereits in vielen Bereichen gute Arbeit. Wie die Analyse eines Beispielbetriebs zeigt, ging der Gesamtenergieverbrauch je Übernachtung 2022 gegenüber 2021 um -39 % zurück, der Wasserverbrauch um -28 %, während die Aufwendungen für Wohnen und Schulungen der Mitarbeiter:innen um +28 % stieg, der Anteil an Ganzjahresbeschäftigungen um +1,2 % auf 95 %. Die „Herzensangelegenheit“ von Josef May erfährt dadurch eine weitere Dynamik.

Interessant ist ergänzend dazu folgender weiterführender Bericht:
3. „Prodinger Alpine Hospitality Summit“

Kein Blatt vor dem Mund! So geht es der Ferienhotellerie wirklich

14. Juni 2024 | Hotellerie

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