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Tourismusausschuss im Parlament

„Es geht nicht ums Schlechtreden, sondern ums Verbessern der Hilfspakete“

Print-Ausgabe 19. Juni 2020

„Allen unverschuldet in Not geratenen Betrieben ist zu helfen“, berichtet Gerald Hauser

Die Opposition fühlt sich rund um die Bewältigung der Corona-Krise einmal mehr an den Rand gedrängt – dabei wäre Kooperation jetzt wichtiger denn je

Gerald Hauser, Tourismussprecher der FPÖ, ist seit März 2016 Obmann des Tourismusausschusses im Nationalrat. Heuer im Jänner wurde er einstimmig wiedergewählt. Mitte Juni traf sich der Ausschuss – nach Corona bedingter Pause – zu seiner ersten Sitzung. Wie erwartet, kam es – neben dem Tourismusbericht 2019 (auf Antrag von FPÖ und NEOS wird er jetzt im Nationalratsplenum auf die Tagesordnung gesetzt) – zu einer intensiven Diskussion über die aktuelle Situation der Branche. Die fünf eingebrachten Entschließungsanträge (vier der FPÖ, einer der NEOS) wurden hingegen vertagt. 

T.A.I.: Während Ihrer Obmannschaft im Tourismusausschuss war Ihre Partei zunächst in Opposition, dann in der Regierung, jetzt ist sie wieder in Opposition. Welche Unterschiede ergeben sich daraus für Ihre Arbeit? 

Hauser: „Als Obmann des Tourismusausschusses obliegt mir lediglich die Mitgestaltung der Tagesordnung, die Einberufung, nachdem alle Parteien zugestimmt haben, und die Leitung der Sitzung. Die Entscheidungen im Ausschuss werden mit Stimmenmehrheit getroffen. Das bedeutet, dass die türkise ÖVP und die Grünen entscheiden, welche Anträge angenommen, abgelehnt oder vertagt werden. Eine Vertagung bedeutet, dass dieser Antrag nicht ins Parlament zur Beschlussfassung oder Ablehnung kommt, sondern im ‚Rundlauf‘ hängen bleibt und nicht öffentlich diskutiert wird.

Bei der letzten Tourismusausschusssitzung haben die NEOS einen Antrag und wir von der FPÖ vier Anträge gebracht, die Regierungsparteien und die SPÖ haben keinen. Alle Anträge von der FPÖ und den NEOS wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien leider vertagt. Können wir uns diese Vertagungen in dieser schweren Zeit für die Tourismusbranche leisten? Ich glaube nicht.“ 

T.A.I.: Sie üben laufend Kritik an den Corona-Hilfspaketen für den Tourismus. Ist wirklich alles so schlecht?

Hauser: „Die Regierung spricht zwar mit uns, aber hört uns nicht zu und ist nicht bereit, ihre geplanten Hilfspakete vor der medialen Präsentation mit der Opposition zu diskutieren. Bei der jetzigen Tourismusausschusssitzung haben die Regierungsparteien nicht eine einzige Gesetzesinitiative zur Beratung eingebracht, aber zwei Tage danach ihren Plan für die Senkung der Mehrwertsteuer medial präsentiert. In der Ausschusssitzung hat Frau Minister Köstinger diesen Plan mit keinem Wort erwähnt. Hätte sie das getan, hätte ich meinen Vorschlag zur Senkung der Mehrwertsteuer auf 5 % auch auf die Übernachtung eingebracht. Es geht also überhaupt nicht ums Schlechtreden, sondern ums Verbessern und das praxisgerechte Gestalten der Hilfspakete.“ 

T.A.I.: Für den Sommer und auch für das Gesamtjahr 2020 prognostiziert Oliver Fritz vom WIFO ein hohes zweistelliges Nächtigungs-Minus. Was bedeutet dies Ihrer Einschätzung nach für den Tourismus und was für die Gesamtwirtschaft? 

Hauser: „Aufgrund Corona wurden viele Tourismusbetriebe am 15. März gemäß Epidemie-Gesetz behördlich geschlossen und ihrer Geschäftsgrundlage beraubt. Daher vertreten wir als FPÖ den Standpunkt, dass alle gemäß Epidemie-Gesetz geschlossenen Betriebe den Verdienstentgang ersetzt bekommen müssen, was die Regierungsparteien ablehnen. Diese Frage wird höchstgerichlich zu klären sein, Klagen laufen.

Allen unverschuldet in Not geratenen Betrieben ist zu helfen. Am besten durch die Umsetzung des Neun-Punkte-Forderungsprogrammes der Agentur Prodinger, auf dem wir unseren Gesetzesantrag aufgebaut haben. Unsere Tourismusbetriebe müssen ‚überleben‘ und ihren Beitrag zum volkswirtschaftlichen Gesamteinkommen in Höhe von 7,3 Prozent weiter leisten, damit die 220.000 Arbeitsplätze weiter gesichert sind. Aber ich will auch etwas Positives anführen: Viele ÖsterreicherInnen werden dieses Jahr ihren Urlaub im eigenen Land verbringen. Das gibt Hoffnung.“ 

T.A.I.: Im März 2021 feiern Sie Ihr fünfjähriges Jubiläum als Obmann des Tourismusausschusses. Wenn Sie drei Wünsche hätten, welche die Bundesregierung umgehend für den Tourismus umsetzen würde: um welche Wünsche handelte es sich? 

Hauser: „Erstens wünsche ich mir, dass die Regierungsparteien zukünftig die Diskussion ihrer Gesetzesinitiativen in den Ausschüssen mit der Opposition führen, damit ausgereiftere, effizientere und weniger bürokratische Hilfspakete für die Betriebe geschnürt werden und das versprochene Geld schneller bei den Betrieben ankommt. Nicht am Parlament vorbeiarbeiten, sondern das Parlament, wie in der Verfassung vorgesehen, einbinden und nicht als notwendiges Übel betrachten!

Zweitens: nicht alle Gesetzesinitiativen der Opposition vertagen, sondern öffentlich im Parlament diskutierten und einer Beschlussfassung zuführen. Gute Anregungen aufgreifen, wie zum Beispiel die Stärkung des Eigenkapitals der Betriebe, und umsetzen. Schluss mit den Vertagungsorgien!

Der dritte Wunsch wäre, den gemeinsamen Geist und die Stärke des Tourismusausschusses nutzen, um gemeinsam mehr für unsere tolle Tourismusbranche umzusetzen!“  

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