Print-Ausgabe 26. Mai 2023
Das Luxushotel Palais Hansen Kempinski feiert heuer ein besonderes Jubiläum – T.A.I. sprach mit General Manager Florian Wille über Gegenwart und Zukunft des kulturaffinen Hauses
Anlässlich der Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 von Theophil Hansen erbaut, zählt das denkmalgeschützte Palais Hansen am Schottenring zu den historistischen Prachtbauten der Wiener Ringstraße. Seit zehn Jahren erstrahlt das Palais Hansen Kempinski als 5-Sterne-Luxushotel in neuer Pracht. Die Hälfte dieser Zeit führt nun Florian Wille als General Manager das Haus und zeichnet für die Aktivitäten rund um das 150 Jahre Jubiläum verantwortlich. T.A.I. traf den gebürtigen St. Antoner mit familiären Wurzeln in Südtirol zum Interview. Der Absolvent des IMC Krems (Tourism and Leisure Time Management) und der französischen NEOMA Business School (Executive MBA Studium) verbrachte seine steile Hotelkarriere bisher bei Como Hotels & Resorts, Hilton, Kempinski und Trusthouse Forte mit Stationen zuletzt als General Manager in Amman und in Bodrum, bevor er das 5-Sterne-Haus in Wien übernahm.
T.A.I.: Wie beurteilen Sie den Standort Schottenring als Location für ein Wiener Luxushotel?
Florian Wille: „Als ich nach Wien gekommen bin, habe ich immer wieder gehört: ‚Ihr seid auf der falschen Seite des Rings.‘ Aber wenn ich Gäste aus China, den USA oder sonst wo begrüße, sehen sie das anders. Das Palais Hansen liegt zentral, es ist von allen Punkten des Rings der Weg zum Stephansdom gleich lang, und die Lage hat einen entscheidenden Vorteil: Sie ist nicht überlaufen. Darüber hinaus zwingt sie mich, besondere Angebote zu schaffen, wie unser Michelin-Stern-Restaurant ‚Edvard‘ oder die Konzerte und Ausstellungen. Generell ist unser Kulturangebot extrem breit. Das Haus hat darüber hinaus architektonisch unheimlich viel zu bieten. Wir haben beispielsweise für unseren ‚Tag der offenen Tür‘ rund um den 150. Geburtstag mit 80 Teilnehmer:innen gerechnet, es waren dann über 250. Und: Unsere Gäste schlafen in einem echten Ringstraßen-Palais!“
T.A.I.: Kempinski hat angekündigt, Ende 2023 Abschied zu nehmen. Wird es einen anderen Betreiber für das Palais Hansen als 5-Sterne-Hotel geben?
Florian Wille: „Ja, es wird einen anderen Betreiber geben. Aufgrund der Lage, der Architektur und der Gegebenheiten war klar, dass das Palais Hansen ein 5-Sterne-Luxushotel bleibt. Auch alle 140 Mitarbeiter:innen – Tendenz steigend – werden bleiben. Derzeit läuft der Auswahlprozess für den künftigen Betreiber. Das Interesse ist sehr, sehr groß. Ziel ist es bis zum Sommer bekannt zu geben, wer der Nachfolger sein wird.“
T.A.I.: Bleiben Sie dem Palais Hansen treu oder werden Sie ein anderes Kempinski-Haus übernehmen?
Florian Wille: „Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Ich bin seit 15 Jahren bei Kempinski und habe die DNA verinnerlicht, schon bevor ich zu Kempinski kam. Ich habe aber auch das Palais Hansen lieben gelernt. Ich war immer ein Botschafter für Wien, mir war aber nicht bewusst, wie sehr ich diese Stadt liebe. Was wir hier haben, ist einzigartig. Um auf Ihre Frage zu antworten: Ich habe mich noch nicht entschieden, werde mit allen sprechen und wenn die Zeit kommt, eine Entscheidung treffen.“
T.A.I.: Wiens Hotellerie hat harte Jahre hinter sich. Doch 2023 wurde in der 5-Sterne-Hotellerie der beste RevPAR aller Zeiten im Monat Jänner erzielt und im Februar der zweitbeste des zweiten Jahresmonats. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?
Florian Wille: „Die Gründe sind vielfältig. So haben die Corona-Jahre die bereits lange überfällige Marktbereinigung beschleunigt – Wien war im Vergleich zu anderen Städten immer zu günstig. Und dann gab es auch kommerzielle Gründe. Die Kosten sind unter anderem wegen des Krieges in einem Ausmaß gestiegen, wie ich es noch nicht erlebt habe. All das konnte man ohnehin nicht 1:1 an die Kund:innen weitergeben. Als Konsequenz mussten natürlich auch die Gehälter steigen, da auch unsere Mitarbeiter:innen mit der Inflation zu kämpfen haben. Wir haben jetzt im Palais Hansen Kempinski Preise, die wir zuvor nicht erzielen konnten. Sie liegen gesund über den Raten, die wir zuvor hatten. Allerdings schlägt sich all dies nicht in der Profitabilität nieder.“
T.A.I.: Womit rechnen Sie für Ihr Haus 2023?
Florian Wille: „Ich bin sehr vorsichtig geworden. Noch im Februar 2020 war ich überzeugt, dass wir das beste Jahr seit Bestehen haben werden. Dann kam COVID und wir mussten zusehen, wie in nur zwei Wochen das gesamte Jahr verloren ging. Ob 2023 das Jahr 2019 erreicht wird? Die Raten liegen darüber, aber das Volumen ist noch nicht zurück. Wir konnten heuer in den ersten vier Monaten 101 Nationalitäten begrüßen. Das deckt sich ziemlich genau mit 2019, aber eben nicht vom Volumen her.“
T.A.I.: Zurück zum Jubiläum: Wie gut kommt das „Jubiläums-Package“ bei den Gästen an, das bis Ende des Jahres buchbar ist? Und was plant das Palais Hansen für 2024?
Florian Wille: „Das Jubiläum kommt äußerst gut an, es ist eine gute Möglichkeit, Geschichte zu erzählen und das Storytelling voranzutreiben. Viele unserer Gäste besuchen auch andere Hansen-Gebäude, wie den Musikverein, die Börse oder das Parlament. Wir haben für sie Guides erstellt und Torten kreiert. Jeder Gast soll mit dem Jubiläum in Berührung kommen. Wussten Sie übrigens, dass heuer auch das Wiener Leitungswasser sein 150 Jahre-Jubiläum feiert? Das unbearbeitete alpine Quellwasser, das in der Stadt aus jedem Wasserhahn fließt, ist ein Denkmal der Weitsichtigkeit der damaligen Entscheidungsträger. Zu den Jubiläums-Highlights zählt auch die Ausstellung von Kammersänger und Universalkünstler Herbert Lippert, der seine Meisterwerke unter dem Titel ‚Ringstraße, Weltausstellung und Palais Hansen‘ präsentiert und die täglich bis Mitte September in unserer Lobby besichtigt werden können.“
T.A.I.: Wo sehen Sie das Palais Hansen zum 160. Geburtstag?
Florian Wille: „Wir hoffen, dass der Weg, Geschichte erlebbar zu machen, Wien spürbar zu machen und Gäste zu begeistern, weiter geht. Wir wollen authentisch bleiben. Das Palais Hansen wird erfolgreich sein. Das ist wichtig. Aber vor allem wollen wir unsere Gäste berühren und sie glücklich machen.“
Erstellt am: 26. Mai 2023
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