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Ende September erreichte die T.A.I.-Redaktion eine E-Mail vom Hotel-Cafe-Vösenhuber aus Strengberg im Mostviertel: „Über alles wird berichtet, aber über eine 400 % Anhebung der Nächtigungstaxe herrscht Stillschweigen.“ Absender: Ein sichtlich aufgebrachter Hotelier Stefan Vösenhuber. T.A.I. ist der Sache nachgegangen. Ergebnis: Die 400 % Erhöhung sind Realität, wie sich bei der Recherche schnell herausstellte.
Nächtigungstaxe

400 % Erhöhung in 258 Orten Niederösterreichs! Hotel aus Strengberg spricht Klartext

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Ende September erreichte die T.A.I.-Redaktion eine E-Mail vom Hotel-Cafe-Vösenhuber aus Strengberg im Mostviertel: „Über alles wird berichtet, aber über eine 400 % Anhebung der Nächtigungstaxe herrscht Stillschweigen.“ Absender: Ein sichtlich aufgebrachter Stefan Vösenhuber, der zusammen mit seiner Ehefrau Beate den 1843 erstmals erwähnten und seit 1982 in Familienbesitz befindlichen Betrieb leitet. T.A.I. ist der Sache nachgegangen, denn die 400 % Erhöhung muten auf den ersten Blick als Fake News an. Sind sie aber – leider – nicht, wie sich bei der Recherche schnell herausstellte.

Die Vorgeschichte

Denn medial „verkauft“ wurde diese Anhebung der Nächtigungstaxe Ende Mai 2023 als „Entlastung“. So wurde per Landtagsbeschluss des neuen Tourismusgesetzes „NÖ TourG 2023“ ab 2024 die Tourismusabgabe abgeschafft, wodurch rund 20.000 Betriebe laut Landeshauptfrau und Tourismuslandesrätin Johanna Mikl-Leitner künftig keinen Interessentenbeitrag mehr zahlen müssen. Die Ersparnis für die Betriebe beläuft sich laut Aussendung auf rund 10,2 Mio. Euro pro Jahr.

Laut dem neuen Tourismusgesetz wird aber die Nächtigungstaxe erhöht sowie vereinheitlicht. „Sie beträgt 2,50 Euro und in Kurorten 2,90 Euro. Bei 80 % der Nächtigungen werden bereits heute in Niederösterreich mehr als 1,40 Euro Nächtigungstaxe verrechnet“, so die Aussendung.

Die Teuerung um 400 %
Laut dem ab 2024 geltenden Tourismusgesetz Niederösterreich wird die Nächtigungstaxe erhöht sowie vereinheitlicht. Sie beträgt 2,50 Euro und in Kurorten 2,90 Euro.

T.A.I. hatte bereits damals recherchiert und festgestellt, dass Gäste in Niederösterreich bisher zwischen 0,50 Euro und 2,40 Euro pro Nacht zu bezahlen hatten, wie das Magazin unter „News“ auf Seite 6 in der Ausgabe von 26. Mai 2023 die Branche informierte. Was in dem Beitrag leider nicht berücksichtigt und in der Presseaussendung nicht mitgeteilt wurde:

Ab 1. Jänner 2024 wird in NÖ lediglich zwischen Kurortgemeinden und Nicht-Kurortgemeinden unterschieden. Bislang gab es drei Ortsklassen (0,50 Euro, 1,10 Euro sowie 1,60 Euro) und zwei Kurorte-Klassen (1,40 Euro und 2,240 Euro).

Von den 573 Orten und Städten Niederösterreichs fallen laut T.A.I.-Recherche 257, von Absdorf bis Zwölfaxing, in die Ortsklasse III. Auch das Hotel-Cafe-Vösenhuber aus Strengberg ist dieser Ortsklasse zuzurechnen. Sie haben ab 2024 die 400 % Nächtigungstaxen-Erhöhung ihren Gästen zu kommunizieren.

„Wir zahlen in Zukunft so viel wie eine Kur Gemeinde“, kann Stefan Vösenhuber die Erhöhung von bisher 0,50 Euro auf künftig 2,50 Euro kaum glauben. Er ist auch deshalb sprachlos, weil die Gemeinde Strengberg „weder ein öffentliches Bad noch sonst irgendwelche Aktivitäten hat.“

Rest zwischen +4 % und + 127 %

Die Anhebung ist in den anderen Ortsklassen etwas erträglicher. Die Beherberungsbetriebe in den 193 Orten, die bislang der Klasse II zugeordnet waren, müssen ab 2024 pro Nacht um 127 % mehr verlangen (2,50 Euro statt bisher 1,10 Euro), jene der bisher in Klasse I angesiedelten 110 Orte bzw. Städte von Aggsbach bis Zwettl um 56 % (2,50 Euro statt bisher 1,60 Euro).

Bei den 13 Kurorten ist der Sprung am niedrigsten, denn in 12 (bisher Kurorte-Klasse I) beträgt sie nur 4 %. Nur im Luftkurort Bärnkopf (bisher Kurorteklasse II) ist die Anhebung mit 78,6 % von 1,40 Euro auf dann 2,50 Euro kräftig.

Die Schlussfolgerung

Auch wenn von Seiten des Landes damit argumentiert wird, dass „bei 80 % der Nächtigungen bereits heute in Niederösterreich mehr als 1,40 Euro Nächtigungstaxe verrechnet“ werden, ist diese Erhöhung alles andere als eine „Entlastung“, wie die Headline der damaligen Aussendung vermuten ließ.

„Die Gastronomie und Hotellerie wird immer als Preistreiberin bezeichnet, aber dass daran oft die Behörden und Abgabengesetze schuld sind, wird nicht erwähnt“, macht Stefan Vösenhuber seinem Ärger Luft. „Wir sind nur ein kleiner Zimmervermieter, aber ich muss meinen Gästen gegenüber auch den Preisanstieg rechtfertigen.“ Weil die Wirtschaftskammer Niederösterreich gar nichts über diesen Fall berichtet, wandte er sich nun an T.A.I. Seine in den Raum gestellte Frage: „Die 400 % wären eine schöne Schlagzeile, wenn die Genossen das beschlossen hätten. Aber so?“

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