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Tunesien

Küste, Kultur & Königin der Wüsten „Tunesien hat viele Atouts im Ärmel!“

Print-Ausgabe 12. April 2024

„In der Sahara eine Nacht im Zelt mit allem Komfort zu verbringen, ist einzigartig und ein Geheimtipp“, berichtet Nabil Bziouech

All dies und noch viel mehr wird in den kommenden Jahren stärker in den Vordergrund gerückt – der nationale Tourismusplan 2035 soll mit dazu beitragen

Einen Anstieg um +45,8 % auf 9,39 Millionen Gäste (darunter 2,54 Millionen aus Europa) verzeichnete im Vorjahr Tunesien. Dieses Ergebnis lag nur knapp unter dem Rekord von 2019, als 9,43 Millionen Besucher:innen begrüßt werden konnten. Bezüglich Tourismus­ein­nahmen (sie stiegen um 28 % auf 6,7 Mrd. tunesische Dinar, umgerechnet zum Stichtag entsprach dies 1,98 Mrd. Euro) wurde sogar ein absoluter Bestwert erzielt (+13,3 % über dem Wert von 2019, als der Dinar gegenüber dem Euro einen um rund 5,3 % höheren Wechselkurs hatte). Kein Wunder also, dass Nabil Bziouech, seit November 2020 Direktor des Tunesischen Fremdenverkehrsamtes in Wien, im Gespräch mit T.A.I. strahlte. Neben Österreich auch für die Schweiz, Serbien, Slowenien und Kroatien verantwortlich, möchte Nabil Bziouech künftig vor allem auch die Stärken des nordafrikanischen Landes mit seiner großen Geschichte in den Vordergrund rücken.

„Tunesien hat durch seine geografische Lage drei große Attraktionen“, betonte Nabil Bziouech: Tolle Mittelmeer-Strände, die sich über 1.300 Kilometer erstrecken (so lange wie jene Kroatiens), die in nur zwei Stunden Flug ab Wien erreichbar sind, die unzähligen kulturellen Highlights (u.a. El Djem mit seinem Amphitheater, die Ausgrabungen der antiken Stadt Dougga, die Überreste der römischen Stadt Sufetula bei Sbeitla oder jene von Karthago, um nur einige zu nennen) sowie im Süden Tunesiens Anteil an der „Königin der Wüsten“, der Sahara, ihres Zeichens größten Trockenwüste der Welt. Im Gegensatz zu den touristischen Hotspots, wie Hammamet, Sousse, Monastir oder Djerba, gilt die Sahara immer noch als Geheimtipp. Nabil Bziouech: „Hier eine Nacht im Zelt zu verbringen, mit allem Komfort, ist einzigartig.“

Die aktuelle Tourismus-Strategie 2035 Tunesiens mit Fokus auf Nachhaltigkeit baut laut Nabil Bziouech demnach auf vier Prinzipien auf: Vielfalt (Diversifizierung des touristischen Angebots), Ankurbelung der Investitionen, Entwicklung von Fördermechanismen (Wettbewerbsfähigkeit) sowie Marketing (u.a. Erneuerung der Tourismusmarke Tunesiens sowie Vorantreiben der Digitalisierung).

Dougga (Foto: © Discovertunisia.com)

Bei den Investitionen geht es nicht zuletzt um die Weiterentwicklung des Landes in Richtung Qualitätsreiseziel. Dies soll unter dem Fokus der Nachhaltigkeit u.a. durch den Aufbau neuer Destinationen geschehen, durch neue Unterkünfte (u.a. Urlaub in landwirtschaftlichen Betrieben oder in Berberdörfern) oder durch den „Circuit Gastronomique Nationaux“. Nabil Bziouech: „Hier geht es um Wein und Käse im Norden Tunesiens, um Oliven im Zentrum und um Datteln im Süden, die hier eine ganz besondere Qualität aufweisen.“

Wie entwickelt sich bei alldem der Quellmarkt Österreich? Diesbezüglich holt Nabil Bziouech weiter aus, und zwar bis ins Jahr 2010. Damals reisten pro Jahr rund 50.000 Österreicher:innen nach Tunesien. Danach ging diese Zahl – Stichworte sind hier der Arabische Frühling 2011 oder der Anschlag in Port El-Kantaoui 2015 – bis ins Jahr 2019 auf 20.000 zurück. Danach kam die Pandemie. Umso erfreulicher ist der Umstand, dass laut Nabil Bziouech 2023 wieder rund 19.000 Gäste aus Österreich nach Tunesien reisten. 2024 sollten es deutlich mehr werden: „Wir gehen davon aus, dass wir heuer ca. 23.000 erreichen werden“, so der Direktor des Tunesischen Fremdenverkehrsamtes.

Mit ein Grund dafür sind die gegen­über 2019 deutlich gestiegenen Flug-Kapazitäten. So wird es zusätzlich zu den zwei wöchentlichen Tunis Air-Flügen (So. und Do.) auch im Zeitraum Mai bis September Charter von Austrian Airlines und Nouvelair Tunesie geben. Darüber hinaus legt Nouvelair von 10. Juli bis 23. Oktober einen Charter von Salzburg nach Monastir auf. Bei der Mozartstadt soll es nicht bleiben. Nabil Bziouech: „In Zukunft sind auch Flüge ab Graz im Gespräch.“

Bleibt zum Schluss noch die eher ketzerische Frage an Nabil Bziouech, weshalb sein Land nicht touristisch die gleichen Erfolge vorweisen kann wie etwa Marokko (2023 kamen 14,5 Millionen Gäste, 2019 waren es 13 Millionen) oder Ägypten (nach 12,6 Millionen in 2019 waren es im Vorjahr 14,9 Millionen, so viele wie noch nie)? Selbst diese Frage bringt Nabil Bziouech nicht in Verlegenheit: „Die Dynamik hat sich geändert. Für Tunesien waren die 1970er- bis 1990er-Jahre stark, danach entwickelte sich der Tourismus in der Türkei und Ägypten, die beide zu absoluten Hotspots wurden. Wenn man also alles an den Zahlen misst, hat Tunesien tatsächlich ein Problem, aus der Imageschleife herauszukommen. Deshalb haben wir auch die Tourismusstrategie 2035 entwickelt.“ Nachsatz: „Tunesien hat viele Atouts im Ärmel, die wir jetzt ausspielen.“

Kurzportrait Nabil Bziouech

Der seit November 2020 amtierende Direktor des Tunesischen Fremdenverkehrsamtes in Wien gilt als eines der politischen Schwergewichte in Tunesiens Tourismus und als „Mann der Tat“. Jahrgang 1961, startete Nabil Bziouech seine berufliche Karriere nach Absolvierung des Finanz- und Wirtschaftsstudiums Mitte der 1980er Jahre im tunesischen Finanzministerium. Weitere zehn Jahre war er im Ministerium für Sport und Jugend tätig, bevor 2004 der Wechsel in das Ministerium für Tourismus und Handwerk erfolgte. Dort avancierte Bziouech 2014 zum Stabs­chef, war während der schwierigen Zeit 2015 der Koordinator zur Wiederbelebung des Tourismus und ab Ende 2018 „Erster Berater der Präsidentschaft der Republik“. Nabil Bziouech ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

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