ANA
ÖLFV Luftfahrtsymposium

Wie grün kann die Luftfahrt sein? Spagat zwischen Wachstum und Effizienz

Print-Ausgabe 21. September 2018

Ohne fossile Brennstoffe wird’s am Himmel noch auf lange Zeit nicht gehen, aber große Fortschritte bestehen bei Treibstoffverbrauch und Emissionen – Politik gefordert

Unter dem Motto „Green Aviation Future – Innovationsmotor Luftfahrt“ stand das Mitte September in Wien abgehaltene 17. Luftfahrtsymposium des Österreichischen Luftfahrtverbandes (ÖLFV). Präsident Peter Malanik – er hatte wie berichtet im Juni das Amt von Mario Rehulka übernommen – konnte dazu im Haus der Raiff­eisen Bank International (RBI) am Wiener Stadtpark über 100 TeilnehmerInnen begrüßen. Erstmals beim Luftfahrtsymposium mit dabei war auch Alexis von Hoensbroech, seit August CEO von Austrian Airlines.

Die Luftfahrt war laut Peter Malanik schon immer eine sehr innovative Industrie (u.a. Sicherheitssysteme, leichte Werkstoffe zur Gewichtsreduzierung, Treibstoffeinsparung, Einführung von digitalisierten Prozessen wie GDS oder e-Tickets etc.).

Tatsache ist aber auch, dass die kommerzielle Luftfahrt anders als der erdgebundene Verkehr bis auf weiteres nicht ohne fossile Brennstoffe auskommen wird. Den Grund dafür nannte Arne Roth, Future Technologies & Ecology of Aviation des Bauhaus Luftfahrt e.V., München, in seinem Vortrag „Alternativ Fuel – erneuerbares Kerosin“: Reine Elektroantriebe stellen für große Flugzeuge keine Alternative dar, da die benötigten Batteriekapazitäten zu schwer sind. Hybrid sei denkbar, jedoch werde auch hier immer noch Kerosin benötigt. Gas als Energieträger komme schon eher in Frage, würde aber nur geringe Vorteile bringen und ist für lange Flüge auf Grund der begrenzten Tankkapazitäten schwierig.

Eine konkrete Möglichkeit für die Zukunft stellt hingegen Biotreibstoff dar, wie z. B. die Herstellung von Kerosin aus Biomasse (pflanzliche Abfälle). Hierzu werden aktuell mehrere Herstellungsverfahren getestet. Verwendung findet Biokerosin zum Teil bereits als Beimischung zu fossilen Brennstoffen. Biokerosin allein wird es hingegen noch länger nicht geben: die benötigten Mengen sind einfach zu groß und der Herstellungsprozent ist (noch) zu teuer.

Dass trotzdem von „Green Aviation“ gesprochen werden darf, stelle laut Peter Malanik keinen Widerspruch dar, da die Luftfahrt­industrie schon seit längerem zahlreiche Maßnahmen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Umweltschutz setzt. So haben sich 2009 Airlines, Produzenten, Flugsicherungen und Flughäfen weltweit freiwillig auf eine Klimaschutzstrategie verständigt: Die Treibstoffeffizienz soll pro Jahr um 1,5 Prozent gesteigert werden, ab 2020 soll das Wachstum des Luftverkehrs CO2-neutral erfolgen und bis 2050 die Netto-CO2-Emissionen gegenüber 2005 um 50 Prozent sinken. Die Entwicklung der bereits erwähnten alternativen Treibstoffe spiele dabei eine wichtige Rolle.

Für Drew C. Magill, Managing Director Marketing Europe von Boeing Commercial Airplanes, steht fest: „Auch wenn der durch den Flugverkehr weltweit ausgestoßene CO2-Anteil nur bei 2 Prozent liegt, muss alles getan werden, um diesen Wert weiter zu verringern.“ Denn laut Magill nimmt der jährliche Kerosinverbrauch durch das Wachstum der Branche um ca. 4 bis 5 Prozent zu.

Möglichkeiten zur weiteren Reduktion des Treibstoffverbrauchs sieht Drew C. Magill vor allem auch im Bereich aerodynamischer Verbesserungen, der noch intensiveren Verwendung von leichten Werkstoffen wie Karbon und effizienten Triebwerken. Ein Schritt in diese Richtung ist Boeing mit dem 787 „Dreamliner“ gelungen, der im Vergleich zu älteren Modellen pro Jahr einen um 7.500 Tonnen geringeren CO2-Ausstoß verursacht. Mit der Boeing 777-X, deren Auslieferung 2020 beginnt, wird der Treibstoffverbrauch gegenüber der 777-300ER um etwa 15 Prozent gesenkt.

Den Abschluss des Luftfahrtsymposiums bildete der traditionelle „Club Talk“, der diesmal dem Thema „Profitorientierung vs. Nachhaltigkeit“ gewidmet war. Auf dem Podium diskutierten Austrian Airlines CEO Alexis von Hoensbroech, EasyJet Europe Managing Director Thomas Haagensen, Flughafen-Vorstand Julian Jäger und Austro Control CEO Heinz Sommerbauer.

Für Alexis von Hoensbroech stehe die CO2-Reduktion schon alleine aus ökonomischen Gründen an erster Stelle, da ein Drittel der Gesamtkosten auf den Treibstoff entfalle (sie liegt damit weit über dem Schnitt im Lufthansa-Konzern von knapp 20 Prozent). EasyJet tut sich da mit einem durchschnittlichen Flottenalter von 7 Jahren (bei Austrian sind es 14,2 Jahre) schon erheblich leichter. „Wir investieren daher viel in neue Flugzeugtechnologien“, so Thomas Haagensen, der dabei u.a. auf die neuen um 15 Prozent Treibstoff-effizienteren A320neo/A321neo verwies, von denen easy­Jet bereits 12 Stück im Einsatz hat (116 sind bestellt und werden bis 2022 ausgeliefert).

Für Austro Control-Chef Heinz Sommerbauer heißt „‘Green nicht nur weniger CO2, sondern auch Lärmreduzierung durch geeignete An-und Abflugverfahren“ sowie „Nachhaltigkeit durch eine Vereinfachung von Flugrouten.“ Dadurch könne neben Treibstoff- und CO2-Reduzierung auch Zeit eingespart werden. Laut Flughafen Wien Vorstand Julian Jäger könne der Vienna International Airport „Wachstum und Nachhaltigkeit gut kombinieren. Durch geeignete Maßnahmen haben wir den Energieverbrauch und somit auch den CO2-Ausstoß trotz einem jährlichen Passagierwachstum merklich reduziert.“

Einig waren sich alle, dass die Reduzierung von Treibstoffverbrauch und Emissionen nur in Zusammenarbeit aller Beteiligten und unter Mitwirkung der Politik umgesetzt werden kann: der Einsatz von modernster Technik könne viel helfen, sei allein aber zu wenig. Heinz Sommerbauer: „Es ist die Politik in ganz Europa gefordert, gemeinsam noch mehr für die Luftfahrt zu tun.“ 

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