Print-Ausgabe 29. Juli 2016
Engagement der Airline aus Katar an dem vergleichsweise kleinen Carrier mit Sitz in Olbia steht im Kontext mit größeren Investitionen des Emirates auf Sardinien
Nachdem im Juni 2014 die in Abu Dhabi ansässige Etihad mit 49 Prozent bei Alitalia eingestiegen ist und dort de facto die Kontrolle übernahm, folgte nun Qatar Airways mit Übernahme von ebenfalls 49 Prozent bei Italiens zweitgrößtem Carrier, Meridiana fly. Damit setzt Qatar-CEO Akbar Al Baker seine im Vorjahr begonnene Einkaufstour fort: Ende Jänner 2015 hatte sich Qatar mit 9,99 Prozent am sechstgrößten Airline-Konzern der Welt, der IAG (International Airlines Group), beteiligt und bis heuer im Mai ihren Anteil auf nunmehr 15,01 Prozent vergrößert. Mitte Juli 2016 folgte die Bekanntgabe des Erwerbs von bis zu 10 Prozent an der südamerikanischen LATAM Airline Group und nur zwei Tage später war Meridiana fly an der Reihe. Bis spätestens Ende Oktober soll der Deal abgewickelt werden.
Überraschend kam das Qatar-Engagement bei Meridiana fly mit Sitz in Olbia auf Sardinien für Branchen-Beobachter nicht, denn bereits heuer zu Jahresbeginn hatten beide Unternehmen (die Muttergesellschaft von Meridiana, Alisarda, wird von Aga Kahn kontrolliert) diesbezügliche Pläne bekannt gegeben. Generell ist das Emirat stark in Sardinien engagiert: die Qatar Holding hat dort u.a. vor vier Jahren mehrere Hotelanlagen gekauft und vor zwei Jahren angekündigt, 1 Mrd. Euro in den Tourismus der Insel zu investieren.
Wobei die sich für Qatar aus dem Einstieg bei Meridiana ergebenden Möglichkeiten bei weitem nicht so groß sind, wie im Falle von Etihad und Alitalia: Meridiana fly ist mit nur 22 Maschinen (10 Boeing 737, vier Boeing 767 sowie acht McDonell Douglas MD 82 und 83) und einem Umsatz von 503,01 Mio. Euro (die Zahlen stammen aus 2013, seither wurden keine Ergebnisse mehr veröffentlicht) erheblich kleiner.
Von der Sitzplatz-Kapazität liegt Meridiana fly mit einem Marktanteil von lediglich 3,1 Prozent aktuell an sechster Position in Italien. Marktführer ist dort die irische Ryanair (20,5 Prozent), gefolgt von Alitalia (17,2 Prozent) und easyJet (10,7 Prozent). Auch Vueling (5,7 Prozent) sowie Lufthansa (3,7 Prozent) sind größer.
Auch vom Streckennetz bestehen vorerst keine bedeutenden Anknüpfungspunkte. Qatar fliegt zweimal täglich nach Rom und Mailand sowie einmal pro Tag nach Venedig. Meridiana fly hat ihren Hub in Olbia, in Rom ist sie schwach aufgestellt, ebenso in Mailand Malpensa, wo Qatar landet. Der zweitstärkste Meridiana-Hub, Mailand Linate, ist da weniger hilfreich.
Dazu kommt, dass Meridiana fly in den zurückliegenden Jahren schwer defizitär war (-85,2 Mio. Euro operativer Verlust 2013, Netto-Ergebnis -95,3 Mio. Euro, rund 3,77 Millionen Passagiere, Tendenz sinkend). Ob sich daran durch die Restrukturierungsmaßnahmen etwas geändert hat, ist nicht bekannt. Wie dem auch sei, für Qatar wird die Beteiligung an der Airline aus Sardinien einen erheblich geringeren Aufwand darstellen, als es für Etihad bei Alitalia der Fall ist. Diese hatte 2015 bei einem Umsatz von 3,3 Mrd. Euro einen Nettoverlust von 199 Mio. Euro eingeflogen. Ein Jahr davor lag das Minus sogar bei 580 Mio. Euro. Die Zahl der Passagiere erreichte im Vorjahr 22,1 Millionen.
Qatar Airways CEO Akbar Al Baker sieht den Meridiana-Deal jedenfalls positiv und darin eine Möglichkeit, „unser Investmentportfolio zu verbessern.“ Ob er geeignet ist, den durch „Brexit“ erlittenen Wertverlust des IAG-Engagements von derzeit rund 700 Mio. Euro auch nur annähernd zu kompensieren, steht auf einem anderen Blatt.
Erstellt am: 29. Juli 2016
Setzt seine im Vorjahr begonnene Einkaufstour fort: Qatar-CEO Akbar Al Baker
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