Print-Ausgabe 31. Jänner 2020
Sieht sich durch fehlende Flottensynergien mit LOT der Kritik ausgesetzt: Condor CEO Ralf Teckentrup
Die Condor-Übernahme reduziert für LOT das Währungsrisiko erheblich – im Bereich des Flugzeugparks gibt es hingegen keinerlei Synergien zwischen beiden Carriern
Hohe Wellen in Deutschlands Touristik schlägt der geplante Kauf des Ferienfliegers Condor aus der Konkursmasse von Thomas Cook. Zuletzt befanden sich im Bieterverfahren nur noch drei ernsthafte Interessenten: die Bietergemeinschaft des US-Finanzinvestors Apollo Global Management (11,29 Mrd. US-Dollar Börsenwert) mit deutschen Reiseveranstaltern (dem Vernehmen nach u.a. alltours und schauinsland), die britische Investmentgesellschaft Greybull Capital (sie kaufte im Vorjahr British Steel um 1 Mrd. Pfund) sowie mit der Polska Grupa Lotnicza (PGL) die Holdinggesellschaft von LOT Polish Airlines. Sie erhielt – für viele überraschend – am Freitag vor einer Woche den Zuschlag.
Beide Carrier werden – so der Deal wie geplant bis April unter Dach und Fach gebracht wird – unter dem PGL-Dach weiterhin eigenständig agieren. Zusammen bringen es die beiden auf rund 20 Mio. Passagiere (Condor davon 9,4 Mio.) und 3,14 Mrd. Euro Umsatz (Condor davon 1,7 Mrd. Euro). Beide Carrier operieren positiv (EBIT von Condor 2018/2019 laut CEO Ralf Teckentrup rund 57 Mio. Euro, LOT im Jahr 2018 umgerechnet 50,1 Mio. Euro).
Aus deutscher Sicht wird der Umstand problematisch gesehen, dass sich die Polska Grupa Lotnicza – und damit künftig auch Condor – in Staatsbesitz befindet und politisch bestehen bekanntlich zwischen der Bundesrepublik und Polen derzeit einige Reibungspunkte. Bis April muss zudem der auf sechs Monate befristete Staatskredit Deutschlands an Condor in Höhe von 380 Millionen Euro zurückgezahlt werden.
Bemängelt wird, dass es zwischen LOT und Condor keinerlei Flottensynergien gibt. Zusammen verfügen beide künftig über 145 Maschinen (Condor 51, LOT 94), doch während LOT neben Embraer- und CRJ-Jets sowie Bombardier Dash 8Q400 Turboprops auf Boeing 787 „Dreamliner“ sowie Boeing 737 setzt (darunter fünf gegroundete Boeing 737 MAX), arbeitet Condor auf der Kurz- und Mittelstrecke mit Maschinen der Airbus A320-Familie, auf der Langstrecke mit Boeing 767-300ER, Boeing 757 sowie einem Airbus A330.
Für die zuletzt dynamisch wachsende LOT bzw. deren Holding PGL bringt der Deal neben der massiven Expansion nach Deutschland einen entscheidenden Vorteil: LOT war bislang hohen Wechselkursschwankungen ausgesetzt (19 Prozent der Umsätze in Euro, 27 Prozent in US-Dollar, 30 Prozent in Zloty, der Rest in anderen Währungen), verschiebt sich jetzt innerhalb der PGL das Schwergewicht deutlich hin zum Euro: Rund zwei Drittel der PGL-Umsätze erfolgen dank Condor künftig in der Gemeinschaftswährung.
Die Wechselkurs-Schwankungen versalzten LOT 2018 kräftig den Gewinn: Das Finanzergebnis wurde durch sie dermaßen belastet, dass aus dem EBIT von umgerechnet 50,1 Mio. Euro ein EBT (Ergebnis vor Steuern) von mageren 2,5 Mio. Euro wurde. LOT-Chef Rafal Milczarski geht davon aus, dass das Finanzergebnis 2019 nicht viel besser war.
Erstellt am: 31. Jänner 2020
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