ANA
„Global Outlook“ der IATA

Kleine Sonnenstrahlen im Nebel. Luftfahrt zeigt sich widerstandsfähig

Print-Ausgabe 15. Juli 2022

Laut Marie Owens Thomsen von der IATA nähern sich die Airlines im kommenden Jahr der Rentabilität


 

Gegenüber den Prognosen von Oktober 2021 sehen die nunmehr präsentierten Zahlen für 2022 erfreulicher aus – Nordamerika dürfte in die Gewinnzone zurückkehren

Ende Juni 2022 präsentierte die IATA (International Air Transport Association) ihren jüngsten „Global Outlook for Air Transport“. Die Parameter haben sich demnach gegenüber früheren Berechnungen (der Bericht wird halbjährlich erstellt) deutlich verbessert. Für Marie Owens Thomsen, Chief Economist der IATA, steht fest: „Obwohl unsere Branche durch den Krieg in Europa beeinträchtigt wurde und es weltweit zu breit angelegten Kostensteigerungen sowie zu erheblichen Kapazitätsengpässen in vielen Bereichen kommt, nähern sich die Fluggesellschaften im kommenden Jahr der Rentabilität.“

Heuer, also 2022, fällt in Summe noch ein Netto-Verlust von –9,7 Mrd. US-Dollar an, doch das ist um rund ein Fünftel (19,2%) weniger, als die im Oktober 2021 kommunizierte Prognose. Auch das Vorjahr schnitt mit Verlusten von –42,1 Mrd. US-­Dollar am Ende besser ab, als die befürchteten –52 Mrd. Dollar. Im ersten Pandemiejahr 2020 waren es am Ende sogar –137,7 Mrd. US-Dollar.

Ermöglicht wird dieses letztendlich erfreulichere Bild durch die Kombination aus dem stark anziehenden Passagierverkehr und soliden Frachtumsätzen. Die RPK (Revenue Passenger Kilometers) dürften 2022 nur noch um –17,6 % unter dem Niveau von 2019 zu liegen kommen. Im Oktober 2021 war man bezüglich der RPK für heuer noch von –39,2 % ausgegangen (erst 2025 dürften die RPK das Vorkrisen-Niveau übertreffen). Entsprechend steigen auch wieder die in der Passage erzielten Umsätze und zwar auf prognostizierte 498 Mrd. US-Dollar.

Aufwärts geht es auch mit dem Yield (durchschnittlicher Erlös je Sitz). Nachdem er in den Jahren zuvor (inklusive dem ersten Pandemiejahr mit damals –9,1 %) kontinuierlich rückläufig war (–3,7 % in 2019), kam es 2021 erstmals wieder zu einem Aufwärtstrend (+3,8 %), der sich heuer mit weiteren +5,6 % gegenüber dem Vorjahr verstärkt.

Die Frachtumsätze sollten 191 Mrd. US-Dollar erreichen, was zwar unter dem Rekord von 2021 liegt (204,1 Mrd. Dollar), aber nahezu das Doppelte von 2019 mit damals 100,8 Mrd. Dollar beträgt. Anders als der Passagier-Yield geht jener im Cargo-Bereich jedoch wieder zurück. Heuer dürfte er um –10,4 % unter jenem des Vorjahres liegen. Verglichen mit den Jahren davor ist aber auch der Cargo-Yield nach wie vor erfreulich hoch: 2019 war er mit –8,2 % rückläufig, um 2020 um +52,5 % nach oben zu schießen und 2021 nochmals um +24,2 % eins nachzulegen. Als Grund für den wieder nach unten tendierenden Fracht-Yield nennt Marie Owens Thomsen „die zusätzliche Belly-Kapazität“, also die unterhalb der Passagierdecks befindlichen Frachträume.

Anders sieht es mit dem durchschnittlichen Kerosinpreis aus. Der lag bereits im Vorjahr wieder nahezu auf dem Vor-Pandemie-Niveau, um heuer auf den doppelten Wert von 2017 zu klettern. Die Treibstoffrechnung der Airlines wird entsprechend belastet. Von 2016 auf 2019 stieg sie von 135 Mrd. US-Dollar auf 190 Mrd. Dollar, fiel danach im ersten Pandemiejahr auf 80 Mrd. Dollar. Für 2021 geht die IATA von einem Anstieg der gesamten Treibstoffkosten der Fluggesellschaften auf 103 Mrd. Dollar aus. Heuer dürften es dann 192 Mrd. Dollar werden.

Wobei Marie Owens Thomsen damit rechnet, dass „der Kostendruck für die Fluggesellschaften auch jenseits des Treibstoffs im Mittelpunkt stehen wird.“ Die Kosten für Arbeit steigen ebenso, wie jene für Infrastruktur, Betrieb usw.

Für Owens Thomsen zeugt die Entwicklung 2022 angesichts bestehender Herausforderungen wie Klimawandel, der weiterhin vorherrschenden COVID-19-Pandemie und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, von „der Widerstandsfähigkeit der Airlines-Branche. Nach dem größten Schock in der Geschichte der Luftfahrt ist die Erholung in vollem Gange und wird sich fortsetzen.“

Die finanzielle Erholung bleibe aber „weiterhin hinter der des Verkehrs zurück.“ Zwar würden sich die Ergebnisse 2022 „in allen Regionen verbessern“, doch Nordamerika wird mit einem erwarteten Netto-Profit von 8,8 Mrd. Dollar wohl „die einzige Region sein, die schon in diesem Jahr in die Gewinnzone zurückkehrt.“ Das Bild hat sich also verbessert, die Herausforderungen sind weiterhin mannigfaltig.

Kommentar schreiben

Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder

Nach oben