Print-Ausgabe 16. März 2023
„Es ist ein Vorteil, eine kleine Fluggesellschaft zu sein und flexibel reagieren zu können“, so Jiří Marek
Das einstige Sorgenkind hat sich zu einer Airline mit Rekordergebnissen gemausert – Zufall war das keiner, wie CEO Jiří Marek gegenüber T.A.I. betont – 2023 hat er viel vor
Pünktlich zum 10-jährigen Firmenjubiläum von Air Serbia konnte die Fluglinie Rekordzahlen veröffentlichen. Mit einem Gewinn von 21 Mio. Euro, einem Passagierzuwachs von rund +60 % und der Aufnahme von 15 neuen Destinationen ins Streckennetz 2022, scheint die Metamorphose vom schwerfälligen Staatsunternehmen zu einer modernen Fluglinie geglückt zu sein. Motor hinter diesen Entwicklungen ist der CEO Jiří Marek. Seit 2019 gehört der gebürtige Tscheche mit Stationen bei LOT, Czech Airlines, Malev sowie Alitalia dem Management von Air Serbia an, seit 2022 als deren CEO. Was er bezüglich der weiteren Entwicklung des Unternehmens vorhat, darum ging es im T.A.I-Interview von Martin Dichler mit Jiří Marek in Belgrad.
T.A.I.: Mit Beginn des Sommerflugplans erhöhen Sie Ihr Angebot nach Wien auf bis zu drei tägliche Verbindungen. Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Flügen nach Österreich?
Jiří Marek: „Wien war schon immer ein wichtiger Markt für Air Serbia, nicht nur wegen der kulturellen und geschäftlichen Beziehungen, sondern auch wegen der dort lebenden Balkan-Community. Die ATR ist das richtige Flugzeug für diese Strecke, und wir sind zuversichtlich, dass der Markt drei, vielleicht sogar vier Flüge pro Tag vertragen wird. Nach Salzburg fliegen wir seit letztem Jahr und auch diese Flüge wurden sehr gut angenommen. Aufgrund des Profils dieser Route mussten wir im Winter eine kurze Pause einlegen. In wenigen Tagen werden wir jedoch zu dieser Strecke zurückkehren, mit der Absicht, sie als Ganzjahresverbindung beizubehalten.“
T.A.I.: Sind vier tägliche Wien-Flüge nur eine Frage der Zeit?
Jiří Marek: „Richtig, es gibt starke Verbindungen zwischen Wien und Belgrad und mit unserem erweiterten Netzwerk bieten wir eine gute Alternative als Transferflughafen in die weitere Balkanregion.“
T.A.I.: Mit Air China sind Sie eine Codeshare Partnerschaft auf den Flügen Belgrad – Wien und Wien – Peking eingegangen. Könnte die Destination Wien in Zukunft noch weiter aufgewertet werden?
Jiří Marek: „Wir haben bereits in der Vergangenheit mit Air China zusammengearbeitet. Seit wir 2022 nach mehr als 20 Jahren mit einer Verbindung nach Tianjin – die Stadt ist mit dem Schnellzug nur 30 Minuten von Peking entfernt – auf den chinesischen Markt zurückgekehrt sind, haben wir unsere Codeshare-Partnerschaft wieder aufgenommen. Da wir unser Langstreckennetz weiter ausbauen werden, könnte dies möglicherweise zu einem weiteren Wachstum unserer Flüge nach Wien führen, um eine noch bessere Anbindung zu erreichen.“
T.A.I.: Sie sind im Jahr 2019 zu Air Serbia gestoßen. Seitdem hat die Fluglinie eine starke Veränderung erlebt. Worin bestand die größte Herausforderung?
Jiří Marek: „Generell würde ich sagen, dass diese Branche uns jeden Tag vor neue Herausforderungen stellt und uns nie langweilig wird. Im Prinzip gibt es für alle Fluggesellschaften, die sich im Wandel befinden, alltäglich viele Herausforderungen. Eine davon ist, dass bei schnellem Wachstum die Zulieferer nicht mehr mithalten können. Einerseits spürt das der Kunde in der Servicequalität, andererseits hat man selbst wenig Einfluss auf diese Umstände. Dank der erfolgreichen Umstrukturierung und der raschen Erholung von der Covid-19-Pandemie haben wir aber 2022 die Gewinnzone erreicht. Heuer legen wir einen starken Schwerpunkt auf die Verbesserung unserer Produkte und Dienstleistungsqualität.“
T.A.I.: Wo sehen Sie in Europa noch Potential für Wachstum?
Jiří Marek: „Man muss die Sache aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Einerseits gibt es einen regionalen Schwerpunkt im ehemaligen Jugoslawien, aber auch in Rumänien, Bulgarien und der Slowakei. Heuer eröffnen wir unsere ersten Flüge nach Krakau und wenn sie gut angenommen werden, kann ich mir weitere Ziele in Polen vorstellen. In Westeuropa werden wir bald Flüge nach Lissabon aufnehmen. England ist natürlich ein attraktiver Markt, aber solange die Balkanstaaten ein Visum benötigen, werden wir dort noch nicht allzu aktiv sein. Wir haben auch Optionen im Nahen Osten, nach Zentralasien und in die Kaukasusregion, sowie in Afrika, wo wir unsere Verbindung nach Kairo wieder aufnehmen. Generell gilt, dass man als Fluggesellschaft vor Covid noch langfristige Pläne machen konnte. Aber jetzt ist der Markt so schnelllebig, dass das extrem schwierig ist. Wir schauen uns deshalb jeden Tag die Ergebnisse und Entwicklungen an und treffen kurzfristige Entscheidungen. Wenn wir also von 22 neuen Air Serbia-Verbindungen 2023 sprechen, könnten daraus 30 werden!“
T.A.I.: In nur 24 Monaten werden von Air Serbia insgesamt 37 neue Flugrouten eröffnet. Wie schaffen Sie das organisatorisch und personell?
Jiří Marek: „Es ist ein Vorteil, eine kleine Fluggesellschaft zu sein und schnell sowie flexibel reagieren zu können. Wir sind als Arbeitgeber weiterhin attraktiv und werden für den Sommer mehr als 140 neue Flugbegleiter einstellen. Die haben wir im Rahmen einer einzigen Ausschreibung gefunden, auf die es rund 800 Bewerbungen gab. Dazu muss man wissen, dass vor Covid viele Ex-Jugoslawen zu Fluggesellschaften im Nahen Osten gegangen sind. Jetzt sind sie zurück und wollen in der Luftfahrtbranche bleiben. Als nationale Fluggesellschaft bleiben wir einer der attraktivsten Arbeitgeber des Landes.“
Erstellt am: 16. März 2023
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