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Corona & Airline-Pleiten

Jahr der „unhappy landings“! Pleiten in Format von Lufthansa

T.A.I. 24 TOP News

Um die Luftfahrt war es schon vor Corona nicht so gut bestellt, wie es die kumulierten Zahlen der IATA (International Air Transport Association) gerne erscheinen ließen: die Gewinne der größten Airline-Konzerne verdeckten die Verluste vieler kleinerer Unternehmen. Die Pleite-Wellen der letzten Jahre sprachen eine deutliche Sprache. Corona hat nun die Situation erheblich verschärft:

Seit März ist ein Dutzend Airlines (inkl. Töchter sind es 22) in Konkurs gegangen oder musste sich in Gläubigerschutz flüchten (siehe auch untenstehende Tabelle). Zusammen bringen sie es auf eine Flotte von über 350 Flugzeugen (= ca. Größenordnung von Lufthansa German Airlines oder Turkish Airlines) und ein Passagiervolumen von mehr als 70 Millionen (=ca. Volumen von Lufthansa German Airlines).

Betroffen davon sind rund 51.500 MitarbeiterInnen. T.A.I. hat diese Zahl auf Anregung von Eurowings Europe Cpt. Michael Bloder recherchiert und in die Tabelle aufgenommen. Die Größenordnung ist bedrückend: rund um die bisherigen Corona-Airline-Insolvenzen müssen fast soviele Menschen um ihre Jobs zittern bzw. haben sie bereits verloren, wie Lutfhansa German Airlines, Austrin Airlines und Swiss zusammen beschäftigen (52.155).

Die bisherigen Pleiten sind mit Sicherheit erst der Anfang eines größeren Kahlschlages, der am Ende aber zur längst notwendigen Bereinigung der Branche führen könnte. T.A.I. hat die bislang bekannten Fälle zusammengetragen.

Flybe traf’s als erste

Air Italy ging Mitte Februar Pleite. Ihr Konkurs kann aber nicht mit Corona in Verbindung gebracht werden. Diesbezüglichg markiert die britischen Flybe am 5. März 2020 den Anfang: die Regionalfluggesellschaft hatte zwar bereits in den zurückliegenden Jahren anhaltende finanzielle Schwierigkeiten, doch Corona gab ihr durch den Buchungsrückgang den Rest. Flybe hinterlässt eine große Lücke: mit 64 Flugzeugen (ATR 72, Dash 8 und Embraer 175) und 9,1 Mio. Passagieren 2018 zeichnete sie zuletzt für etwa 40% aller Inlandsflüge im Vereinigten Königreich verantwortlich.

In den USA zog Trans States Airlines die Reißleine. Der Regionalcarrier mit Sitz in Missouri (3,4 Millionen Passagiere, 41 Embraer 145-Jets) bediente für United unter der Marke „United Express“ zahlreiche Routen. Mit 1. April wurden alle Operationen eingestellt. Dasselbe Schicksal ereilte Compass Airlines (5,8 Mio. Passagiere, 39 Embraer 175): sie stand ebenfalls im Besitz der Trans States Holdings und war unter der Marke „American Eagle“ für American Airlines unterwegs.

Große Pleitewelle im April

Anfang April stellte die schwedische BRA (Braathens Regional Airlines) einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. 2019 beförderte sie noch rund 1,8 Millionen Passagiere. Ihre 23 Fokker 50, ATR 72 und Avro RJ85 und 100 stehen derzeit am Boden.

In Alaska suchte am 5. April RavnAir Schutz unter Chapter 11. Die 71 Flugzeuge sehen nach viel aus, doch handelt es sich um kleine Propeller-Maschinen vom Typ Cessna, Piper, Dash 8 und Beachcraft. RavnAir operierte u.a. im Codesahre mit Alaksa Airlines.

Am 20. April meldete die finanziell seit längerem ums Überleben kämpfende Norwegian Air für vier Tochterfirmen in Schweden und Dänemark, die 1.571 Piloten und 3.134 Cabin-Crews beschäftigen, Insolvenz angemeldet. Am 22. April schlüpfte die einstige Airberlin-Tochter Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW) in Insolvenz mit freiwilliger Selbstverwaltung. Sie flog mit ihren 15 Dash 8 zuletzt im Dienst der Eurowings. Einen Tag später kam das Aus für Air Mauritius (1,5 Mio. Passagiere, 13 Flugzeuge, darunter Airbus A330 und A350).

Richard Branson‘s Virgin Australia

Bislang prominentestes Opfer ist Virgin Australia von Milliardär Richard Branson: sie flüchtete am 21. April unter das australische „Chapter 11“-Äquivalent „voluntary administration“. Die Airline ist nach Qantas die zweitgrößte Ozeaniens und betreibt eine Flotte von 94 Flugzeugen (darunter 77 Boeing 737-800 sowie 11 Großraumjets Airbus A330-200 und Boeing 777-300ER). Im Vorjahr beförderte Virgina Australia 25,5 Mio. Passagiere. Der Betrieb soll aber auch während des Umstrukturierungsprozesses fortgesetzt werden.

Lang erwartetes Aus für SAA

Am 1. Mai hat die südafrikanische Regierung offiziell die Schließung von South African Airways (SAA) beschlossen. Der Carrier hatte seit 2011 nur Verluste eingeflogen und stand seit dem Vorjahr am Abgrund. Jetzt soll eine neue nationale Fluggesellschaft gegründet werden. SAA beförderte im Vorjahr 12 Millionen Passagiere und betrieb zuletzt eine Flotte von 45 Jets, darunter Airbus A330, A340 und A350 sowie der Airbus A320 Familie.

Avianca-Schock bis an die Wallstreet  

Ebenfalls Anfang Mai verabschiedete sich die Charterfluggesellschaft Miami Air International (5 Boeing 737-800) von der Bildfläche. Und am 10. Mai suchte die panamesische Avianca Holdings (unter ihrem Dach sind zehn Airlines Lateinamerikas vereint) in den USA um Insolvenzschutz unter „Chapter 11“ an.

Dieser Schritt (Insolvenzschutz in den USA einer in Panama ansässigen Airline) überrascht zunächst, hat aber einen triftigen Grund: die Avianca Holdings wird seit 2019 de facto von United Airlines kontrolliert, dem vom Umsatz her viertgrößten Airlines-Konzern der Welt. Verantworltich dafür ist ein 250 Mio. US-Dollar Kredit soll in Aktien umgewandelt werden, die United eine Mehrheitsbeteiligung garantieren.

Avianca ist die zweitgrößte Fluggesellschaft Lateinamerikas. Mit 30,5 Millionen Passagieren ist sie das bislang größte Corona-Opfer am Airline-Himmel. Die Flotte des Star Alliance-Mitglieds besteht aus 181 Flugzeugen, vorwiegend Jets der Airbus A320 Familie, aber auch ATR 42 und 72, Embraer 190, A330 und Boeing 787.

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