Print-Ausgabe 15. November 2019
Der Low Cost-Kampf um Wien macht dem Flagg-Carrier zu schaffen – ein deftiges Sparpaket ist die Folge – Boston ersetzt Miami auf der Langstrecke
Stärkere Maßnahmen als noch zu Jahresbeginn geplant muss Austrian Airlines ergreifen, um den neuerlichen Absturz in rote Zahlen zu vermeiden bzw. nur zu einer vorübergehenden Angelegenheit zu machen. Grund ist der seit NIKI-Konkurs bestehende Verdrängungswettbewerb am Flughafen Wien, der bei allen daran beteiligten Carriern tiefe Spuren hinterlässt. Hauptkonkurrent ist für Austrian-CEO Alexis von Hoensbroech die Ryanair-Tochter Lauda: „Der NIKI-Verkauf war ein trojanisches Pferd, mit dem es Ryanair gelang, in Wien Fuß zu fassen.“
Für die Österreich-Tochter des irischen Low Cost-Kings ist es allerdings keine „g’mahde Wiesn“: Ryanair-Chef Michael O‘Leary rechnet für Lauda im Geschäftsjahr 2019/20 mit einem Minus von bis zu 77 Mio. Euro (budgetiert waren -50 Mio. Euro), nach rund 140 Mio. Verlust im ersten Jahr. Auch die anderen NIKI-Erben bluten: Die gegenüber Lauda erheblich kleinere Anisec (LEVEL) setzte im Rumpfjahr 2019 rund 26 Mio. Euro in den Sand. Bei Eurowings wies die in Österreich beheimatete EW Europe zwar einen kleinen Gewinn aus, doch insgesamt (also die Eurowings-Mutter miteinbezogen) ist das Wien-Ergebnis auch dort deutlich negativ ausgefallen. Von Wizz Air liegen keine Zahlen vor.
Bei Austrian sieht es nach den ersten neun Monaten 2019 jedenfalls unerfreulich aus : Das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Adjusted EBIT) war per Ende September zwar mit 17 Mio. Euro positiv, doch im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem extremen Ergebnisrückgang um 93 Mio. Euro bzw. 85 Prozent (Q1-3 2018: plus 110 Mio. Euro). Ein Überschuss für das Gesamtjahr wird sich wenn, dann nur knapp ausgehen: „Wir können rote Zahlen im Gesamtjahr nicht ausschließen“, so Austrian Airlines CFO Wolfgang Jani. Selbst für 2020 werden ohne Gegensteuern Verluste nicht mehr ausgeschlossen.
Zwar gelinge es laut Jani, „trotz der Billig-Konkurrenz zusätzliche KundInnen zu gewinnen“ (plus 6 Prozent auf 11,2 Mio.), doch die Billig-Tarife und die um 14 Prozent bzw. 47 Mio. Euro gestiegenen Kerosinkosten „drücken auf die Ticketpreise (Anm.d.Red.: in den ersten neun Monaten um weitere 3,3 Prozent gesunken) und somit auf unser Ergebnis“.
Klein beigeben will bei Austrian Airlines niemand: Die Ankündigung von O‘Leary, mit Lauda binnen fünf Jahren die AUA überholen zu wollen, sei laut von Hoensbroech „eine starke Ansage“. Der Ryanair-Chef irre sich: „Wir werden jedenfalls keinen Millimeter weichen“, betont CCO Andreas Otto, während von Hoensbroech „an unserer Linie bzw. der Strategie #DriveTo25 unverändert festhalten“ will: „Wir werden mit allen Mitteln alles tun, um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen und weiterhin die Nummer 1 in Österreich zu bleiben.“
Das Prozess-Effizienzprogramm „PE20“ aus der Strategie #DriveTo25, mit dem Austrian Airlines Sach- und Personalkosten senken will (Abbau von bis zu 800 MitarbeiterInnen, Großteils über natürliche Fluktuation), soll ab 2021 jährliche Kosteneinsparungen von 90 Mio. Euro ermöglichen. Ziel sei ein rentables Wachsen mit einer modernisierten Flotte.
Zur Steigerung gehört auch das „Aus“ für Miami, das „trotz aller Bemühungen nicht mehr wirtschaftlich“ war und im Sommer 2020 nicht mehr bedient wird. Stattdessen wird Boston ab Ende März als neues Ziel angesteuert (zunächst viermal pro Woche, ab Mitte April täglich außer Montag). Los Angeles findet sich im Sommerflugplan 2020 nur noch fünf statt wie bisher sieben Mal wöchentlich im System, wodurch Chicago künftig durchgehend mit einer Boeing 777 angeflogen werden kann.
Erstellt am: 15. November 2019
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