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Fluggastrechte

Frischer Wind in alte Diskussion rund um EU-Entschädigungsvorschriften

Print-Ausgabe 19. August 2022

„Tschechien will einen Dialog führen. Aber was das genau bedeutet, wissen wir nicht“, so Thomas Reynaert


 

Bewegung in die Angelegenheit könnte ein aktueller Vorschlag Großbritanniens bringen – er sieht ein gestaffeltes System vor und nicht einen festen Betrag

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft möchte die EU-Entschädigungsvorschriften bei Airline-Verspätungen neu diskutieren. Verhandlungen darüber waren vor Jahren ins Stocken geraten. Derzeit können Europareisende, deren Flüge sich um mehr als drei Stunden verspäten, zwischen 250 und 600 Euro zurückfordern. Aus Sicht der Airlines sind diese Beträge zu hoch: „Es ist nicht richtig, wenn man 50 Euro für ein Ticket bezahlt, dann 300 Euro zurückbekommt“, argumentiert Thomas Reynaert, Geschäftsführer des Branchenverbandes Airlines for Europe (A4E).

Ein vor bald zehn Jahren unterbreiteter Vorschlag der EU-Kommission empfiehlt ein Zeitfenster von fünf Stunden, bevor die Entschädigung in Kraft tritt. Außerdem wurden darin konkrete Beispiele für „außergewöhnliche Umstände“ angeführt, unter denen eine Airline nicht zur Auszahlung verpflichtet wäre. Umgesetzt wurde diese Änderung bislang aber nicht.

Dies könnte sich jedoch nun ändern, da das Flugverbot während der Pandemie und die unzähligen Flugstreichungen im laufenden Sommer die Frage der Entschädigungen wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt haben. So schätzen die IATA (International Air Transport Association) und A4E die Erstattungen für verkaufte, aber nicht genutzte Tickets zwischen März und Mai 2020 laut geltender Regelung auf rund 9,2 Milliarden Euro.

Ob es sich bei der Pandemie und dem diesjährigen Sommer um „außergewöhnliche Umstände“ handelt oder nicht, darüber besteht – wie in vielen anderen Fällen – kein Konsens. In welcher Form die tschechische EU-Präsidentschaft das Thema nun aufgreift, wird sich noch weisen: „Tschechien will einen Dialog darüber führen. Aber was das genau bedeutet, wissen wir nicht“, so A4E-Geschäftsführer Thomas Reynaert. Das Terrain ist jedenfalls heikel, da die Argumentation der Airlines einerseits stimmig ist, die Politik aber nicht den Eindruck erwecken will, die Rechte der Fluggäste einschränken zu wollen.

Bewegung in die Angelegenheit könnte ein aktueller Vorschlag aus Großbritannien bringen: Dieser sieht ein gestaffeltes System vor, das sich an den Kosten eines Tickets und nicht an einem festen Betrag orientiert.

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