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Flughafen Linz

Frankfurt „al dente“! Linz - Air Dolomiti Partnerschaft mit Beispielwirkung

T.A.I. 24 TOP News

Die Meldung war relativ knapp: Air Dolomiti (EN), die italienische Fluggesellschaft des Lufthansa-Konzerns, kündigt die Wiederaufnahme von Flügen vom Flughafen Linz nach Frankfurt an. Die Verbindung wird ab 27. Juni 2021 (Montag bis Sonntag) aktiv sein, zwei tägliche Frequenz haben und im Lufthansa-Code-Share durchgeführt. Linz hat damit die Nase vorne. Grund genug für T.A.I., sich tiefer mit der Materie zu beschäftigen und traf sich zu einem Teams-Meeting mit dem Linzer Airport-Chef Norbert Draskovits sowie dem President & CEO von Air Dolomiti, Jörg Eberhart. Ergebnis: Das in Linz realisierte Modell könnte Vorbildwirkung für andere Bundesländer-Flughäfen haben.

Vor der Krise flog Air Dolomiti für Lufthansa zwischen Graz und München sowie ein bis zwei der vier täglichen Verbindungen zwischen Linz und Frankfurt. Als die Pandemie länger als gedacht dauerte und die Lufthansa Group daran ging, ihre Flotten von 763 Maschinen per Ende 2019 um 103 zur Ausflottung vorgesehene Flugzeuge zu reduzieren, war für Norbert Draskovits klar, „dass es beim Wiederhochfahren zu Kapazitäts-Engpässen kommen wird.“ Ebenso stand für ihn fest, dass für die starke Wirtschaftsregion Linz-Wels-Steyr zumindest zwei tägliche Verbindungen pro Tag nach Frankfurt notwendig sind.

Erfordernisse eines starken Wirtschaftsraums

Der OÖ Wirtschaftsraum sorgt für rund 27 % aller Exporte Österreichs und erholt sich zudem im Rekordtempo. Draskovits: „Im April 2021 gab es 20.000 mehr Beschäftigte, als 2019 (Anm.d.Red.: laut Wikipedia zählte Oberösterreich zuletzt 680.000 Arbeitsplätze). Es gibt nicht viele Regionen, die nach der Pandemie wieder so schnell in Vollbetrieb sind.“

Eine Besonderheit liege laut Draskovits „in den vielen familiengeführten Unternehmen, die weltweit führend oder zumindest unter den Top 3 sind.“ Dort zählen Flexibilität und persönliches Engagement, das von den KundInnen geschätzt wird: „Die Monteure müssen nach Asien, China oder in die USA.“ Jörg Eberhart kann dies nur bestätigen: „Das sieht man in der Lufthansa Group genauso. Gegenüber Großkonzernen haben mittelständische Familienbetriebe eine lockerere Travel Policy.“

September/Oktober entscheidend

Mit Flugzeug-Kapazitäten um die 100 Plätze beschäftigte sich der Flughafen Linz-Geschäftsführer „schon seit drei Jahren, um sie in ein vernünftiges Business-Modell einzubetten. Es gibt zu wenige Flugzeuge am Markt in dieser Größe, und das wird durch die Krise noch knapper.“

Draskovits zögerte deshalb nicht lange: „Im Spätsommer 2020 habe ich mit Air Dolomiti geredet, die den Flughafen operativ kennt, die richtigen Flugzeuggrößen hat und gut in die Lufthansa eingebettet ist.“ Jörg Eberhart: „Es gab eine kurze Vorabstimmung im August, dann haben wir uns persönlich getroffen und Vertrauen aufgebaut. Jetzt ist Linz vorne weg.“ Alles hängt jetzt davon ab, wie die Strecke angenommen wird: „Wir sind ein Stück weg mutig gewesen, jetzt zu springen“, sagt Eberhart.

Diesbezüglich geben sich Draskovits und Eberhart realistisch: „Juni und Juli wird es noch zu wenig Aufkommen geben. Wichtig ist, dass die Strecke dann ab September/Oktober funktioniert und der Break Even erreicht wird.“ Der Winter werde dann wieder schwächer: „Da ist die Embraer dann sicher das richtige Fluggerät.“ Wenn alles gut läuft, soll es dann 2022 mehr Frequenzen geben: „Das ist besser als ein größeres Flugzeug.“

Linz hat die Nase vorne

Wichtig für Eberhart ist, „dass wir mit Linz gemeinsam relativ früh ein Modell entwickelt haben.“ Der Air Dolomiti-CEO sieht jedenfalls gute Chancen für die Airline: „Was früher mit Airbus geflogen worden ist, werden wir jetzt mit Embraer fliegen.“ Die Jets verfügen bei Air Dolomiti über 120 Sitze und es gibt ein Business Class-Produkt (Nebensitz bleibt frei und es wird ein Snack serviert).

Diese Vorteile will Jörg Eberhart in Zukunft stärker ausspielen: „Wir sprechen mit vielen anderen Flughäfen. Linz hatte die Nase vorne. Ein ähnliches Modell haben wir mit Aarhus in Dänemark. Wir reden mit Airports in Schweden, wo wir in den nächsten Wochen Ergebnisse haben sollten, und natürlich mit anderen Bundesländer-Airports in Österreich.“

Entscheidend bei den Verhandlungen sei letztendlich, „welcher Airport welches Know-How hat. In Linz waren wir schneller, weil wir (Anm.d.Red.: mit Norbert Draskovits) einen Airliner auf der anderen Seite haben, der unser Geschäft versteht.“

Das Heimatmarkt-Momentum

Nicht zu unterschätzen bei all dem ist die Tatsache, dass alle Air Dolomiti-Flüge auch eine Lufthansa-Flugnummer haben. Und nicht nur diese: „Es werden alle Star Alliance-Flugnummern geführt, die notwendig sind“, so Draskovits, der als Beispiel jene des US-Carriers UA (United Airlines) anführt: „In den USA braucht man eine UA-Nummer.“ Das Heimatmarkt-Momentum sei immer wichtig. Draskovits: „Diese Konstellation ist wirklich ideal.“

Die Air Dolomiti-Story

Die 1991 von der italienischen Industriellen-Familie Leali mit Sitz in Verona gegründete Air Dolomiti gehört seit 2003 zu 100 % der Deutschen Lufthansa AG. Zusammen mit Lufthansa CityLine, die als reine Produktionsplattform der Konzernmutter agiert, bildet Air Dolomiti die zur „gelben Lufthansa“ gehörende Lufthansa Regional, genießt aber laut Jörg Eberhart „etwas mehr Freiheiten“ als ihre Schwester: „ Wir haben noch viel von einem Familienbetrieb und sind kommerziell viel unabhängiger.“ So gibt es bei Air Dolomiti z. B. Getränke im Glas und nicht im Plastikbecher.

Air Dolomiti ist „voll in die Systeme der Lufthansa integriert, Steuerung und Pricing können wir aber völlig selbständig beeinflussen.“ Ein weiterer Vorteil: Air Dolomiti ist Hub-neutral. Eberhart: „Wir haben also keinen eigenen Hub. Das ist bei künftigen Zubringern gut.“

Der Schwerpunkt vor der Pandemie lag auf Zubringerflügen aus Norditalien zu den Lufthansa-Hubs Frankfurt und München. Insgesamt wurden 13 italienische Flughäfen bedient. Im Jahr 2019 wurden mit der aus 15 Embraer 195-Jets bestehenden Flotte über 2,5 Millionen Passagiere befördert.

Während der Corona-Krise wurden auch inneritalienische Flüge angeboten. Und mit der neuen EGO Air besteht eine Kooperation in Florenz sowie im technischen Bereich (beide Airlines setzen auf Embraer Jets).  

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