Cargo-Trends in der Luftfahrt

Fracht-Freude & Passage-Pein: Cargo als Umsatz- und Gewinnturbo

Print-Ausgabe 18. Juni 2021

V.l.: Flughafen Linz-Geschäftsführer Norbert Draskovits, Austrian Airlines-CCO Michael Trestl und Emirates Österreich-Chef Martin Gross

Die Fracht-Sparten helfen den Airlines beim Durchtauchen durch die Corona-­bedingte Passagierflaute – weltweit befindet sich die Luftfracht auf Rekordkurs

Sie sind in Normalzeiten wie Hund und Katz: Passage und Fracht. Letztere galt eher als notwendiger Appendix für erstere. Doch seit Beginn der Corona-Pandemie  haben sich die Spielregeln geändert, das Eine (Passage) ist ohne das Andere (Fracht) kaum mehr möglich.

„Was uns am Leben hält, ist die Fracht“, betont Emirates-­Österreich Chef Martin Gross (T.A.I.-Beitrag „Langsame Rückkehr zu alter Stärke“ vom 9. Oktober 2020) und Austrian Airlines-­CCO Michael Trestl kündigte vor wenigen Wochen an, „das Engagement im Cargo-Geschäft in den kommenden Monaten weiter auszubauen“. Wenig später hob eine Austrian Boeing 777 zu ihrem 100. Corona-Luftbrücken-­Frachtflug in Richtung China ab. Der Flughafen Linz wiederum verbuchte im März 2021 laut Geschäftsführer Norbert Draskovits „den stärksten Cargo-Monat ever“.

Die Fracht boomt also in der Luftfahrt und zwar als derzeit einziger Sektor. Wie sehr, das verdeutlichen die von der IATA (International Air Transport Association) zuletzt im April diesen Jahres publizierten „Industry Statistics“ sowie der im Mai erschienene Zwischenbericht der Lufthansa Group über das erste Quartal 2021. Dessen Zahlen sind insofern besonders aussagekräftig, als Lufthansa die Bereiche Passage und Fracht (intern als „Logistik“ bezeichnet) getrennt anführt.

Zunächst zur IATA: Die starke Luftfracht-Entwicklung hatte im Jahr vor Corona aufgrund internationaler Handelskonflikte und steigender politischer Unsicherheiten einen Dämpfer erhalten. Die Pandemie sorgte dann für die Trendwende: So stieg der Cargo-­Yield im vergangenen Jahr  um +40 % (Passage -8,7 %), der Fracht-Umsatz kletterte um +27 % auf 128,2 Mrd. Dollar – dies, obwohl die beförderte Menge insgesamt schrumpfte (-9 % auf 55,9 Mio. Fracht-Tonnen). Sorgte die Fracht zuvor für lediglich 12 % der weltweiten Luftfahrt-Umsätze, verdreifachte sich 2020 der Anteil nahezu auf 34 %.

In den Frachtzahlen der IATA sind auch die weltweit größten Cargo-­Fluggesellschaften FedEx (2019 rund 22,8 % Weltmarkt-Anteil, 453 Flugzeuge), UPS (281 Maschinen) und DHL (186 Flugzeuge), enthalten. Der Netzwerk-Carrier mit dem größten Cargo-Volumen ist Emirates mit 2,7 Mio. Tonnen beförderter Fracht (2018/19) und der weltweit größten Flotte an Großraumjets (264 Flugzeuge, darunter 11 Frachter).

Rund die Hälfte der weltweiten Luftfracht wurde vor der Krise in speziellen Frachtflugzeugen (weltweit derzeit 2.010) transportiert, der Rest im Frachtraum („Bellys“) von Passagierflugzeugen (ca. 21.600 Maschinen). Durch die Corona-Pandemie hat das Pendel zu Letzteren ausgeschlagen, auch wenn viele Passagiermaschinen nach wie vor gegroundet sind.

Für 2021 geht die IATA jüngsten Daten zufolge von einem weiteren Anstieg beim Cargo-Yield um +5 % aus (Passage -3 %). Die beförderte Fracht soll ungefähr auf Vorkrisen-­Niveau zu liegen kommen (63,1 Mio. Tonnen) und der damit erzielte Umsatz mit 152,3 Mrd. US-­Dollar einen Rekord-Level erreichen (+19 % gegenüber 2020, +51% im Vergleich zu 2019).

Wie stark sich die Luftfracht innerhalb eines Airline-Konzerns entwickelt hat, verdeutlichen die Ende April publizierten Zahlen für das erste Quartal 2021 der Lufthansa Group. Die Fracht verbuchte als einziges der fünf Geschäfts­felder (Network Airlines, Eurowings, Logis­tik, Technik und Catering) einen Umsatzzuwachs um 45 % auf insgesamt 802 Mio. Euro. Damit nicht genug, weist die „Logistik“ (Fracht) als einziges Geschäftsfeld neben der Technik (adjusted EBIT +16 Mio. Euro) ein positives Quartals-Ergebnis vor Zinsen und Steuern aus: Im ersten Quartal 2020 noch mit -22 Mio. Euro negativ, gab es von Jänner bis März diesen Jahres mit 314 Mio. Euro einen dreistelligen Millionen-­Gewinn (EBIT).

Diese starke Entwicklung führt Lufthansa-CEO Carsten Spohr auf das „stark reduzierte marktweite Angebot von Frachtkapazitäten“ in den „Bellys“ zurück, dem eine „auf hohem Niveau liegende Nachfrage“ nach den verbleibenden Frachtkapazitäten gegenübersteht.

Wie sich die Entwicklung in den kommenden Monaten fortsetzt, darüber werden der Lufthansa-­Zwischenbericht für das erste Halbjahr 2021 (erscheint Anfang August) sowie das aktualisierte „Fact Sheet“ der IATA „Industry Statistics“ Aufschluss liefern. T.A.I. wird berichten. 

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