Erholung der Luftfahrt

Comeback im Schnecken-Tempo! Karten der Luftfahrt werden neu gemischt

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Die Zahlen sehen auf den ersten Blick vielversprechend aus: Laut Eurocontrol-Generaldirektor Eamonn Brennan verzeichnete Europas Flugverkehr in den vergangenen zwei Wochen ein Plus von 17 %. Vor allem in den Urlaubsländern am Mittelmeer stieg die Zahl der Flüge deutlich (Griechenland +51 %, Italien +42 %, Spanien +24 %. Der zweite Blick verdeutlicht aber, dass das Niveau noch massiv unter jenem von vor zwei Jahren liegt.

Europa noch bei weniger als -50 %

Exakt 16.711 Flüge wurden europaweit am 10. Juni registriert (am Freitag, dem 4. Juni 2021 waren es mit 17.317 die meisten des heurigen Jahres). Doch verglichen mit 2019 bedeutet dies noch immer ein Minus von -53,8 % (am 4. Juni -56,6 %).

In Österreich liegt das Niveau aktuell sogar noch um -62 % unter jenem von 2019. Erst einmal (am 2. Juni) wurden mit 516 Flügen pro Tag die 500er Grenze überschritten und auch dies bedeutete ein Minus von -61,1 % gegenüber von vor zwei Jahren. Am 10. Juni waren es 459 Flüge gegenüber 1.113 am selben (Wochen)tag 2019. Die Erholung schreitet somit im Schneckentempo voran und wird es auch weiterhin tun.

Weniger Geschäftsreisende, schrumpfende „Holzklasse“

Wie stark sich das Umfeld der Luftfahrt verändert, verdeutlicht die Tatsache, dass Geschäftsreisende vor der Krise zwar nur 12 % aller Passagiere stellten, diese aber für den doppelten Umsatz sorgten. Ertragsmäßig sorgten sie sogar – aufgrund der Vielflieger-Aktivitäten und Zusatzumsätze durch Mietwagen etc. - für bis zu 75 % der Gewinne. Leisure-Gäste decken zwar einen Teil der Fixkosten ab, ihr finanzieller Beitrag in Bezug auf den Nettogewinn ist aber vernachlässigbar, wenn nicht sogar negativ.

Allgemein wird davon ausgegangen, dass Geschäftsreisen länger brauchen werden, um sich zu erholen. 2024 dürften sie nur auf etwa 80 % des Niveaus vor der Pandemie kommen. Will heißen: Der Pool an gewinnbringenden Passagieren ist aufgrund der Pandemie geschrumpft und dürfte auf lange Sicht nicht das Vorkrisenniveau erreichen.

Zwangsläufig schrumpft dadurch auch das Potential an „Holzklassen“-Passagieren, die sich noch dazu mit höheren Ticketpreisen konfrontiert sehen: Vorsichtige Schätzungen gehen von einem Anstieg der Ticketpreise um etwa 3 % aus, um den in den zurückliegenden 15 Monaten angewachsenen Schuldenberg (alleine 2020 stieg er laut IATA um 183 Mrd. Euro) der Branche binnen zehn Jahren zurückzuzahlen.

Flugzeug-Leasing zum Okkasionspreis

Auf der einen Seite kommt es zu Marktbereinigungen, auf der anderen locken die erheblich gesunkenen (und wahrscheinlich weiter sinkenden) Flugzeugpreise viele antizyklische Investoren an. So lag die Leasingrate für eine drei Jahre alte Boeing 777-300ER Jahrgang 2019 bei rund 1,2 Mio. US-Dollar pro Monat. Im Jahr 2020 fiel die Rate auf weniger als 800.000 Dollar. Es wird davon ausgegangen, dass neue Flugzeuge zu noch tieferen Rabatten erhältlich sein werden. Von der Gesamtkostenstruktur machen Flugzeuge zwar nur 10 bis 15 % der Kostenbasis einer Airline aus, die Hebelwirkung der um ein Drittel oder mehr niedrigeren Leasingkosten ist aber nicht zu unterschätzen.

Fracht macht Freude

In all dies spielt noch die Luftfracht mit hinein. In den letzten 10 Jahren war dieser Bereich aufgrund sinkender Frachtraten unrentabel, durch Corona hat sich dies aber schlagartig geändert. Vor der Pandemie machte die Fracht laut IATA etwa 12 % des Gesamtumsatzes der Branche aus. 2020 hat sich dieser Anteil verdreifacht. Von jenen weltweit 21 Airlines, die ihre operative Leistung für 2020 offengelegt haben, machten die Frachtumsätze im Durchschnitt 49 % des Gesamtumsatzes aus. Mehr dazu in der T.A.I. am 18. Juni.

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