Print-Ausgabe 18. August 2023
Wybcke Meier (l.), CEO TUI Cruises, und Pierfrancesco Vago, Executive Chariman MSC Cruises (Bilder: © TUI Cruises/Gregor Schläger und © MSC Cruises)
Die Bemühungen der Branche, bis 2025 komplett klimaneutralen Schiffsbetrieb zu erreichen, sind durchaus realistisch – 2030 markiert dabei eine wichtige Hürde
Nachhaltigkeit steht bei den weltweit mehr als 30 Kreuzfahrtunternehmen – von der Nummer 1 Carnival Corporation bis zu Hebridean Island Cruises – ganz oben auf der Agenda. Dies aus gutem Grund, denn obwohl sich laut UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development) aktuell rund 103.700 Schiffe im kommerziellen Einsatz befinden (darunter über 11.600 Öltanker, knapp 12.800 Frachter, rund 20.200 Cargo-Schiffe sowie mehr als 5.600 Container-Riesen), stehen vor allem die ca. 460 Kreuzfahrtschiffe (0,45 % der globalen Schifffahrt) im Zentrum der Kritik von Verbänden, wie dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) oder dem Zusammenschluss von Umweltschutzorganisationen „Friends of the Earth International“.
Noch eine weitere Zahl: Etwa 90 % des Welthandels erfolgen auf dem Seeweg, aber nur 1,98 % der internationalen Tourismusankünfte von 2019 waren dem Kreuzfahrtbereich zuzuordnen.
Diese Größenrelationen seien vorangestellt, wenn es um die Bemühungen der Kreuzfahrtbranche bezüglich Klimaschutz geht. Jene reichen vom Einbau von Rußpartikelfiltern (90 % weniger Feinstaub) und Katalysatoren (Stickoxidminderung ca. 75 %) bis hin zu Kraftstoffarten wie LNG (Liquefied Natural Gas). Auf letzteres setzt – neben den großen Marken wie AIDA, Costa oder MSC – u. a. die norwegische Reederei Havila Voyages (vier Schiffe, Baujahre 2021 bis 2023, je 640 Gäste). Durch LNG konnte der CO2-Ausstoß bei Havila um 35 % gesenkt werden und er verursacht 90 % weniger Stickstoffoxid-Emissionen. „Unserer Meinung nach ist das im Moment die richtige Wahl“, betont Havila-CEO Bent Martini. Neben den an Bord befindlichen größten Batterien der Welt (je 86 Tonnen; sie ermöglichen 4 Stunden am Stück emissionsfreie Fahrten durch die Fjorde) setzt Havila auf energieeffizientes Rumpfdesign, Wärmerückgewinnung aus Kühlwasser und Strom aus Wasserkraft.
Bis 2050 will die Branche den komplett klimaneutralen Schiffsbetrieb erreichen. Schon 2030 sollen erste klimaneutrale Kreuzfahrten angeboten werden. Dass dies rein theoretisch bereits heute möglich ist, bewies heuer im Frühjahr MSC Cruises Executive Chairman Pierfrancesco Vago. Er sorgte bei der Überstellungsfahrt des jüngsten Flottenmitgliedes, der MSC Euribia, von Saint-Nazaire nach Kopenhagen durch Einsatz von 100 % Bio-LNG für die weltweit erste Net-zero-Kreuzfahrt.
Wie ernst es der Branche mit dem Thema ist, beweist auch TUI Cruises. Für die Reederei stellt laut CEO Wybcke Meier die 2024 zur Taufe anstehende Mein Schiff 7 „einen wichtigen Meilenstein“ dar. Sie wird entweder mit Marinediesel (Schwefelgehalt: 0,1 %) oder alternativ mit Bio- oder E-Methanol betrieben. Einen Schritt weiter geht TUI Cruises mit der Mein Schiff 8, dem ersten LNG-Schiff der Wohlfühlflotte. Auch sie wird alternativ mit Grünem Methanol betrieben, dem nach Ansicht der gemeinnützigen Forschungs- und Beratungseinrichtung Öko-Institut „derzeit vielversprechendsten Kraftstoff“.
Wie sieht es mit der Erreichbarkeit des Zieles aus, die Kreuzfahrt bis 2050 klimaneutral zu gestalten? Gut, auch wenn der Bau eines Kreuzfahrtschiffes mehrere Jahre in Anspruch nimmt und über eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten verfügt: So ist die heuer getaufte MSC Euribia bezüglich Treibhausgasemissionen pro Passagier und Tag bereits um 50 % effizienter als Schiffe, die vor zehn Jahren in Dienst gestellt wurden.
Erstellt am: 18. August 2023
Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder