Cruise & Corona

60 Tage Pause und ein bisschen mehr! Kreuzfahrt-Comeback wird dauern

T.A.I. 24 TOP News

Die Boom-Branche der zurückliegenden Jahre, die Kreuzfahrtindustrie, hat Mitte März den Betrieb ihrer Flotten vorübergehend komplett eingestellt. Ob es tatsächlich Ende April/Anfang Mai mit dem Shutdown vorbei ist, wird von Kennern der Materie bezweifelt. Manfred Jägersberger-Greul (l.), Chef von Caravelle Seereisen, machte dies im heute geführten Gespräch mit T.A.I. ebenso klar, wie der Schweizer Kreuzfahrtexperte Thomas P. Illes (r.) vor wenigen Tagen gegenüber dem Portal travelnews.ch.

„Das erachte ich als allzu zweckoptimistisches, mittlerweile bereits überholtes Wunschdenken“, so Thomas P. Illes, der davon ausgeht, dass „wir uns hier eher auf Monate, statt ein paar weniger Wochen des Stillstands einzustellen haben.“

Für Manfred Jägersberger-Greul lässt sich die Frage, wann es wieder losgeht, „realistisch frühestens in einem Monat abschätzen.“ Derzeit könne Österreichs Bildungsminister Heinz Faßmann nicht einmal sagen, wann die Schulen öffnen und in der Kreuzfahrtbranche sei die Lage weit komplexer.

Die derzeitige Situation

Die Hochsee- und Flussschiffe sind seit Mitte März für Zeiträume von 30 bis 60 Tagen (bei Flusskreuzfahrten z.T. bis Ende Juni) rund um den Globus angedockt bzw. verankert, wobei sich die Besatzungen weiterhin an Bord befinden. In Europa wurden zudem mehrere länderübergreifende Fährverbindungen ausgesetzt und zahlreiche große Seehäfen geschlossen.

Laut dem Portal CruiseMapper.com gibt es derzeit weltweit auf 22 der rund 350 Kreuzfahrtschiffe Corona-Fälle. Von den Infektionen betroffen sind aktuell 1.404 Crew-Mitglieder bzw. Passagiere. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf die Diamond Princess mit 712 Personen. Zusammen mit zwei weiteren Kreuzfahrtschiffen (Ruby Princess und Grand Princess) stellt Diamond Cruises drei Viertel aller Corona-Fälle auf Cruise Ships (Details siehe untenstehende Tabelle).

Liquidität in Milliardenhöhe gesichert

Um den Stillstand duchtauchen zu können, haben alle großen Reedereien in den zurückliegenden drei Wochen bezüglich Liquidität Vorsorge getroffen:

  • Mitte März wurde der weltgrößten Kreuzfahrtreederei, der Carnival Corporation (u.a. Carnival, AIDA, Costa, Seabourn etc.), ein Darlehen von 3 Mrd. US-Dollar mit einer Laufzeit bis September 2020 gewährt.
  • Eine Woche später erhielt die weltweite Nummer zwei, Royal Caribbean Cruises (RCCL), - sie ist auch Joint Venture Partner der TUI Cruises und neuerdings auch von Hapag Lloyd Cruises -, rund 2,2 Mrd. US-Dollar mit Fälligkeit März 2021 und einer optionalen Verlängerung bis März 2022. Damit verfügt RCCL nun über eine Liquidität von über 3,6 Mrd. Dollar (Bareinlagen plus nicht in Anspruch genommene Kreditfazilitäten).
  • NCL (Norwegian Cruise Line Holdings), weltweite Nummer 3, zu der auch Oceania Cruises und Regent Seven Seas Cruises gehören, nahm ebenfalls Mitte März zwei Darlehen in Höhe von zusammen 1,55 Mrd. USD in Anspruch, eines mit Abschlusszahlung im März 2021, das größere mit Fälligkeit im Jänner 2024).

MSC Cruises wiederum kann beruhigt auf den Rückhalt ihrer Muttergesellschaft setzen: bei der Mediterranean Shipping Company handelt es sich um die zweitgrößte Container-Reederei der Welt (375 Schiffe), die 2018 laut Dun & Bradstreet einen Umsatz von 28,174 Mrd. US-Dollar erwirtschaftete. Das entspricht weit mehr als der Hälfte (60%) des Gesamtumsatzes der weltweiten Kreuzfahrt-Branche. MSC Cruises kam 2018 auf einen Umsatz von umgerechnet 3,15 Mrd. US-Dollar.

Mühsames Hochfahren des Räderwerks

Die Kreuzfahrtbranche wieder vom absoluten Stillstand hochzufahren, wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Dies hat nicht nur mit der Verunsicherung vieler KundInnen zu tun, sondern auch mit der Komplexität der Cruise-Industrie. Viele Teilbereiche (angefangen von Flug- und Hafenanbindungen, über Hotelkapazitäten an Land sowie Destinationsmanagement, bis Catering-, Gastro-, Entertainment-, Event-, Retail-Leistungen, etc.) befinden sich momentan im Krisenmodus und mussten den Betrieb teilweise ebenfalls drastisch reduzieren, wie Thomas P. Illes festhält: „Dazu kommt das weltweite Vertriebsnetz sowie das Zusammenspiel mit einer Vielzahl internationaler und lokaler Organisationen und Behörden. Dieses Räderwerk lässt sich nicht so einfach von heute auf morgen wieder hochfahren.“

„Den Kunden Sicherheit geben“

Für Manfred Jägersberger-Greul werden die Reedereien besonders auch bezüglich ihrer Kommunikation gegenüber Vertrieb und KundInnen gefordert sein: „Das wird viel Werbung, Überzeugungsarbeit und Preis-Zuckerl kosten.“ Wichtige Rollen wird in Zukunft die Desinfektion auf Schiffen spielen, ebenso die Gesundheits-Checks von Crews und KundInnen, die stark auch aus älteren Zielgruppen bestehen: „Die Reedereien müssen den Kunden Sicherheit geben. Dann werden sie gewinnen.“ Nachsatz: „Spannend wird’s in jedem Fall.“

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