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Corona Hilfen in der DACH-Region

Wer hilft wie? Interessante Blicke in die Touristik-Gärten der Nachbarn

Print-Ausgabe 11. September 2020

V.l.: DRV-Präsident Norbert Fiebig, SRV-Präsident Max E. Katz & Fachverbandsobmann Gregor Kadanka


 

Die Lage der Reisebüros und Reiseveranstalter ist in Deutschland, der Schweiz und Österreich ähnlich, die Hilfspakete und Zeitrahmen der Politik aber unterschiedlich

Lange mussten Österreichs Reisebüros (Incoming und Outgoing) sowie Reiseveranstalter ausharren, bis am 25. August 2020 die Fixkosten-Zuschuss-Verordnung des Finanzministeriums inklusive der „endgültig frustrierten Aufwendungen“ kundgemacht wurde. In der Schweiz ist die Politik diesbezüglich einerseits engagierter (der eidgenössische Bundesrat – er entspricht der österreichischen Bundesregierung – hat sich am 26. August erneut mit der Situation der Reisebürobranche befasst), anderseits deutlich zurückhaltender: Zwar wurde der für die Reisebranche geltende „Rechtsstillstand“ bis 31. Dezember 2020 verlängert, nicht aber über eine mögliche Finanzhilfe entschieden. Deutschland ist da in manchen Dingen schon weiter. Angespannt ist die Lage aber überall.

Die Situation in Deutschland

In der Bundesrepublik wurde von der Regierung bereits am 8. Juli die Nachbesserung bei den Überbrückungshilfen im Rahmen des „Konjunktur- und Zukunftspakets“ beschlossen. Seither können laut Norbert Fiebig, Präsident des DRV (Deutscher ReiseVerband) alle entfallenen Provisionen durch Corona-­bedingt stornierte Reisen den Fixkosten zugeschlagen werden und fließen somit in die Berechnung der staatlichen Beihilfe ein.

Für kleinere Reiseveranstalter (bis 249 Beschäftigte), die nicht für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds antragsberechtigt sind, werden seither entgangene Margen bei der Berechnung der Beihilfe wie entgangene Provisionen behandelt und den Fixkosten hinzugerechnet. Der Anspruchszeitraum für den Zuschuss gilt für alle Reisen, die vor der weltweiten Reise­warnung gebucht und seitdem storniert wurden.

Ende August hat die deutsche Bundesregierung dann das Kurz­arbeitergeld (mit einigen Abschlägen) bis 31. Dezember 2021 und die Laufzeit des ursprünglich nur bis Ende August befristeten Überbrückungshilfen-Programms bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.

Laut DRV haben bisher fast 80 Prozent der Reisebüros für ihre MitarbeiterInnen Kurzarbeit beantragt (Reiseveranstalter 85 Prozent). 92 Prozent haben „in irgendeiner Form“ staatliche Hilfe in Anspruch genommen (z. B. Sofort­hilfe) und 85 Prozent der Reisebüros Überbrückungshilfe. Davon haben aber knapp 70 Prozent bisher noch kein Geld gesehen.

Einer Umfrage des DRV unter fast 650 Mitgliedsunternehmen zufolge musste knapp die Hälfe der Reisebüros und Reiseveranstalter bereits MitarbeiterInnen entlassen. Rund 70 Prozent der Reisebüros beziffern ihren derzeitigen Umsatz auf weniger als 25 Prozent des Vorjahres, bei den Veranstaltern sind es knapp zwei Drittel (also an die 67 Prozent). Über 60 Prozent der Reisebüros sehen sich von der Insolvenz bedroht, bei den Reiseveranstaltern ist es gut die Hälfte.

Die Lage in der Schweiz

In der Schweiz geht man laut Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) davon aus, dass der Reisebürobranche heuer rund 70 bis 80 Prozent des Jahresumsatzes wegbrechen und ein Verlust von 374 bis 523 Millionen Franken (ca. 347 bis 485 Millionen Euro) ins Haus steht. Dies würde das gesamte Eigenkapital vernichten. Das Konkursrisiko für Unternehmen der Branche liege bei bis zu 40 Prozent. Damit sei ein grundsätzlicher Handlungsbedarf für die Stabilisierung der Reisebüro­branche gegeben, heißt es in dem Bericht.

Laut Max E. Katz, Präsident des Schweizer Reise-Verbandes (SRV), ist die Lage „dramatisch“. Praktisch alle Reisen, die seit Oktober 2019 verkauft wurden, müssen zurückerstattet werden. Neubuchungen gebe es kaum. Der SRV rechnet laut Katz erst für 2024 mit einer Normalisierung der Lage und geht davon aus, dass „jedes zweite Schweizer Reisebüro vor dem Aus“ steht. Die Insolvenz der STA Travel Holding markierte erst den Anfang.

Hotelplan hatte Ende Juni angekündigt, 12 von 96 Filialen zu schließen und baut 425 Stellen ab, 170 davon in der Schweiz. Fast jede fünfte Person im Unternehmen verliert damit den Arbeitsplatz. Globetrotter kündigte die Schließung von vier der insgesamt 22 Filialen an, Knecht Reisen sperrt ebenfalls vier der 25 Reisebüros zu. 40 von 200 Stellen werden dort gestrichen. TUI Suisse hat im Juli die Schließung von insgesamt acht Filialen in der Schweiz bekanntgegeben, was rund 70 Arbeitsplätze kostet. DER Touristik Suisse teilte Mitte August mit, rund 140 der 810 Vollzeitjobs zu streichen. Auch beim Kuoni-Filialnetz soll es zu Veränderungen kommen.

Von der Regierung verlangt der SRV deshalb jetzt „à-fonds-perdu“-­Beiträge, also Unterstützungen, die nicht zurückbezahlt werden müssen. Als Vorbild dafür nennt Max E. Katz Deutschland und Österreich, wo Reisebüros bis zu 100 Prozent der Fixkosten erstattet bekommen und MitarbeiterInnen in Kurzarbeit geschickt werden können: „Das sind gute Modelle. Denen sollte die Schweiz folgen.“

Hoffen und Bangen auch in Österreich

In Österreich wurden, wie bereits eingangs erwähnt, Ende August endlich auch die „endgültig frustrierten Aufwendungen“ in den Fixkosten-Zuschuss II (FKZ II) aufgenommen. Er wird ab einem Umsatzausfall von mindestens 30 Prozent gewährt und ist pro Unternehmen mit jeweils maximal 5 Millionen Euro begrenzt. Die erste Tranche – sie umfasst 50 Prozent des voraussichtlichen FKZ II – kann ab 16. September 2020 beantragt werden. Für die zweite Tranche gilt der 16. Dezember 2020 als frühester Beantragungszeitpunkt.

Hilfsmaßnahmen, wie etwa die Kurzarbeit, greifen „aufgrund der besonderen Arbeitsweise von Reise­büros und Reiseveranstaltern kaum“, so Fachverbandsobmann Gregor Kadanka. Insgesamt ist für die Reisebranche also auch hierzulande noch lange nicht das Ende des Tunnels erreicht. Alleine in Niederösterreich sperrten von Jänner bis März dieses Jahres 46 Reisebüros zu. Auch die Pleitewelle ist bereits voll im Gange: Für die erste Corona-Insolvenz in der österreichischen Tourismus-Landschaft sorgte Jedek Reisen (Verbindlichkeiten ca. 2,5 Millionen Euro), gefolgt von Liberty Incoming, Splashline (Verbindlichkeiten ca. 1,07 Millionen Euro), dem ABS Reisebüro, der Follow me - Reisebüro GmbH, der Papageno Touristik (Verbindlichkeiten von rund 6 Millionen Euro), G.I.M.B. Reisen und zuletzt der österreichischen STA Travel GmbH (Verbindlichkeiten von ca. 2 Millionen Euro). 

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