Lufthansa Group

Weitere Knüppel zwischen die Beine des Reisebürovertriebs

Print-Ausgabe 6. April 2018

Seit April ist der Preisunterschied von GDS-Buchungen gegenüber Direct Connect und LH Group Websites noch größer – das heizt auch juristische Auseinandersetzungen an.

Rund um ihre Strategie, Buchungen via Direct Connect oder direkt auf den Websites von Lufthansa, Swiss und Austrian günstiger zu stellen, als jene über GDS (Global Distribution System), hat die Lufthansa Group Anfang April, wie kurz vor der ITB angekündigt, ein weiteres Schäuferl nachgelegt und zwar gleich doppelt: für Direct Connect- oder Website-Buchungen sind nunmehr Sitzplatzreservierungen pro Flugsegment für alle kostenpflichtigen Sitzkategorien um 5 Euro günstiger als via GDS (bisher galt dies nur für Kurzstreckenflüge), gleichzeitig wurden Flugtickets im Economy-Light- und -Classic-Tarif bei vielen Verbindungen von Frankfurt, München, Zürich und Wien um 20 Euro (Oneway: 10 Euro) günstiger als bei GDS-Buchungen.

Damit erhöht sich der seit Herbst 2015 bestehende Preisunterschied zwischen Direct Connect sowie Website-Buchungen auf der einen und GDS-Buchungen (hier gilt die GDS-Gebühr in Höhe von 16 Euro für Hin-und Rückflug) auf der anderen Seite. Betroffen von der Maßnahme sind vor allem kleinere, unabhängige Reisebüros, die sich keinen Direct-Connect-Anschluss an die LH Group leisten können und denen damit der Zugang zu den Bestpreisen verwehrt bleibt. Für Unternehmen gilt das gleiche: nur die wenigsten können sich Direct Connect leisten, wie etwa Siemens oder VW.

Von den Reisebüroverbänden kommt heftige Kritik. Der Vizepräsident des DRV (Deutscher ReiseVerband) Ralf Hieke spricht von einem „Knüppel zwischen die Beine des Reisebürovertriebs“, Otto Schweisgut, Vorsitzender des DRV Flug-Ausschusses von einer „klaren Diskriminierung des Fremdvertriebs durch gravierende Wettbewerbsvorteile für den Eigenvertrieb.“

Während es Branchenvertreter in Deutschland bei Protesten belassen, bringt die jüngste Entwicklung eine zusätzliche Facette in jenen Gerichtsprozess, der auf Betreiben des Fachverbands der Reisebüros beim Kartellgericht anhängig ist. Dieses hatte im Dezember 2017 den Antrag auf „Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung“ zum Teil abgewiesen, aber der Klage im Punkt des Diskriminierungsmissbrauchs stattgegeben. LH hat gegen diesen Teil des Urteils beim Obersten Gerichtshof (OGH) Rechtsmittel eingelegt.

Laut Fachverbands-Obmann Felix König gießt Lufthansa weiteres Öl ins Feuer: „Die Lufthansa-Gruppe treibt auch während des laufenden Verfahrens vor dem OGH die Verdrängung der Reisebüros voran.“ Vorerst heißt es jedoch abwarten, wie der OGH entscheidet. König: „Wir werden alle Schritte der Lufthansa jedenfalls mit Argusaugen beobachten und gegebenenfalls weiter dagegen vorgehen“, wenn nötig, bis vor den Europäischen Gerichtshof.

Es ist nicht das einzige Verfahren, dem sich die LH Group gegenüber sieht: der EU-Direktion Transport und Verkehr sind aktuell vier Beschwerden von Reisebüroverbänden bzw. Online Travel Agents  anhängig. Der Airline wird vorgeworfen, mit der Einführung der Distribution Cost Charge (DCC) für CRS-Buchungen im Herbst 2017 gegen die EU-Verordnung 80/2009 (Verhaltenskodex in Bezug auf Computerreservierungssysteme) zu verstoßen, da die DCC auf dem eigenen Distributionskanal (LHGroup-agent.com) entfällt. „Bislang ist noch offen, ob die Kommission ein formales Verfahren mit der Übersendung von Beschwerdepunkten gegen die Deutsche Lufthansa AG eröffnet“, heißt es dazu im aktuellen LH-Geschäftsbericht. Fortsetzung folgt. 

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Erstellt am: 06. April 2018

Bild: Felix König, Obmann Fachverband der Reisebüros in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ)

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