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Direktinkasso vs. Reisebüro-Inkasso

TRAVELStar-Chefin Ursula Habersam: „Einiges spricht dafür, aber mehr dagegen“

T.A.I. 24 TOP News

Mit 320 Reisebüros ist TRAVELStar Österreichs größte Reisebürokooperation (siehe Infokasten). Bei der gegenwärtigen Diskussion rund um die geplante Einführung des Direktinkassos durch die großen deutschen Reiseveranstalter, allen voran TUI, FTI und REWE Touristik, wird sie demnach ein gewichtiges Wort mitsprechen. T.A.I. bat TRAVELStar Geschäftsführerin Ursula Habersam um ein Interview, wie die 450 Mio. Euro Umsatz schwere Reisebürokooperation der Thematik gegenübersteht, was für und was gegen das Direktinkasso spricht, und ob eine Bündelversicherung gegen Insolvenz (=Risiko-Eindämmung der Reiseveranstalter/Leistungsträger) ein geeigneter Weg wäre, um das Reisebüro-Inkasso beizubehalten.

Gründe für Direktinkasso

T.A.I: Reisebüros sehen dem Thema Direktinkasso skeptisch bis ablehnend gegenüber. Gibt es nicht auch Dinge, die für das Direktinkasso sprechen?

Habersam: „Für das Direktinkasso spricht - aber auch mit vielen internen und wahrscheinlich kostenaufwendigen Umstellungen verbunden und nur sofern die Buchung bei einem einzigen Leistungsträger platziert würde - eine Vereinfachung der Zahlungsabwicklung. Die klare Verantwortung durch Direktinkasso würde beim Veranstalter liegen – Veranstalterhaftung - Rückzahlungen würden direkt vom Veranstalter an Kunden erfolgen, das Reisebüro müsste sich darum nicht kümmern.“

Gründe gegen Direktinkasso

T.A.I.: Und was spricht aus Sicht von TRAVELStar dagegen?

Habersam: „Dagegen spricht viel mehr: Der Verwaltungsaufwand, also Anzahlung/Restzahlung usw. würde enorm steigen. Die Kundenbindung, wie sie aktuell ist, geht verloren, da nicht mehr die gesamte Abwicklung inklusive Zahlungsverkehr und Unterlagenausgabe über das Reisebüro erfolgt.

Außerdem ist in Österreich der Anteil an individuell zusammengestellten Reisen, mit mehreren Leistungsträgern, im Vergleich zu Deutschland deutlich höher. Maßgeschneiderte Reisen zu vermitteln, wird aufwendiger und für Kunden undurchsichtiger. Aus unserer Sicht ist es eine Zumutung, vom Kunden zu verlangen, die Zahlungen an verschiedene Leistungsträger durchzuführen.

Erfahrungsgemäß geben die Österreicher auch nur ungern ihre Bankdaten weiter  - dem Reisebüro wird vertraut, nicht aber den großen Konzernen.

Durch das Fehlen der Anzahlungen gäbe es zudem einen klaren Liquiditätsnachteil des Reisebüros.

Eine Servicefee muss extra verrechnet werden – auch hier werden sich umfangreiche und zeitaufwendige Erklärungen an den Kunden ergeben.

Auch Reisegutscheine, wenn sie Reisebüro-bezogen sind, können nicht mehr eingelöst werden – ein massives Problem für alle Reisebüros.“

Problem bei zusammengestellten Reiseleistungen

T.A.I.: So wie es aussieht, machen die großen Veranstalter trotzdem Ernst mit dem Direktinkasso machen. Welche Zusagen/Guidelines müsste ein Leistungsträger machen, damit TRAVELStar der Umstellung auf Direktinkasso zustimmt?

Habersam: „In den bisherigen Gesprächen mit Veranstaltern konnten wir noch keine überzeugenden Gründe/Zugeständnisse finden, die eine Zustimmung zum Direktinkasso rechtfertigen würden.“

T.A.I.: Weshalb hat das Direktinkasso in Österreich – anders als in Deutschland, wo es trotz niedrigerer Provisionen schon die Regel ist – einen so schlechten Ruf?

Habersam: „Neben dem bisher Gesagten liegt ein Grund sicher darin, dass österreichische Reisebüros viele individuell zusammengestellte Reiseleistungen verkaufen – das unterscheidet sie von deutschen Reisebüros, die hauptsächlich Pauschalreisen vermitteln. Bei Pauschalen ist die Umsetzung des Direktinkassos einfacher, da es in der Regel dann nur einen Leistungsträger gibt.“

Provision sofort nach Buchungseingang

T.A.I.: Sie erwähnten vorhin die Liquidität. Welcher Zahlungszeitpunkt für die anfallende Provision wäre notwendig, um die Liquidität der Reisebüros im Falle von Direktinkasso nicht zu gefährden?

Habersam: „In jedem Fall müsste die Provision sofort nach Buchungseingang überwiesen, aber auch im Falle einer Absage/Stornierung nicht wieder rückgefordert werden.“

T.A.I.: Wäre die generelle Absicherung aller Reisebüros (=Bündelversicherung) in Österreich gegen Insolvenz (=Risiko-Eindämmung der Reiseveranstalter/Leistungsträger) ein geeigneter Weg, um das Reisebüro-Inkasso beizubehalten?

Habersam: „Ich denke, dass die Hinterlegung einer Bankgarantie zur Absicherung der Kundengelder vielleicht eine diskussionswürdige Variante wäre. Die für das Reisebüro entstehenden Kosten für Bankgarantien, müssten dann aber vom Veranstalter durch entsprechende Werbekostenzuschüsse/Unterstützungen 1:1 vergütet werden.“

TRAVELStar in Stichworten

Die unter dem Dach von TRAVELStar agierenden 320 österreichischen Reisebüros bringen es zusammen auf rund 450 Mio. Euro Umsatz, davon ca. 55% (230 Mio. Euro) im Touristik Bereich, ein Drittel (140 Mio. Euro) im Flug Bereich und ein knappes Fünftel (80 Mio. Euro) sonstige touristische Leistungen.

Neben den vier TRAVELStar Gesellschaftern Blaguss, Columbus, Mondial und Reisewelt (zusammen 85 Reisebüros) gibt es 40 Büros der stillen Gesellschafter Gärtner Reisen, Loacker Tours, Sramek, ÖAMTC Reisen, Raiffeisen Reisen und GEO Reisen. Dazu kommen acht 8 Markenpartner und 187 Kooperationspartner.

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