T.A.I.-Interview Martin Winkler

Ruefa mit Rekord, Zuwächse in allen Bereichen. Verkehrsbüro in Top-Form

Print-Ausgabe 23. Februar 2018

Mit in drei Geschäftsbereiche aufgegliederten Aktivitäten ist die Verkehrsbüro AG nicht nur Österreichs größtes Reisebürounternehmen, sondern auch größte Hotelgruppe und Geschäftsreiseanbieter des Landes sowie größter Incomer und größter Direktveranstalter Zentraleuropas. Seit Herbst vorigen Jahres steht Martin Winkler als Sprecher des dreiköpfigen Vorstands, dem auch Helga Freund (Leisure Touristik) und Helmut Richter (Business Touristik) angehören, an der Spitze. T.A.I. traf den 36 Jahre jungen Manager zum Exklusiv-Interview, bei dem es nicht nur um die aktuelle Entwicklung, sondern auch um heiße Eisen, wie die geplante Übernahme des Geschäftsreiseriesen HRG durch Amex GBT, Pauschalreisegesetz und Margensteuer-Urteil ging.

T.A.I.: Sie stehen seit Oktober an der Spitze der Verkehrsbüro Group. Wie ist das Jahr in den einzelnen Bereichen gelaufen?

Martin Winkler: „Grundsätzlich bin ich mit der Entwicklung in allen Geschäftsbereichen sehr zufrieden, sowohl umsatz- als auch ergebnisseitig. Die generelle Stimmung im Tourismus ist positiv, die Reiselust der Kunden da, auch für Österreich als Destination. Im Hotel-Bereich hilft uns, dass sich Wien als Kongressstadt sehr gut entwickelt, auch die Firmen-Events kommen zurück. Die Wirtschaft läuft und auch Wien als
Destination.“

T.A.I.: Wie sieht es in den einzelnen Bereichen aus?

Winkler: „Ruefa hatte ein Rekordergebnis, Eurotours verzeichnet auf sehr hohem Niveau eine stabil gute Entwicklung, bei den Geschäftsreisen sorgten neue Kunden und die positive Stimmung für Zuwächse, die Hotellerie hat von der guten Wien-Stimmung profitiert und auch mit der Ferienhotellerie sind wir durchaus zufrieden. Die konkreten Ergebnisse werden wir Ende April/Anfang Mai kommunizieren. Wir schauen jetzt, wo wir in der Hotellerie investieren können. Im Dezember haben wir ja bereits das Marriott Schönbrunn übernommen.“

T.A.I.: Mit 1. Juli 2018 tritt das neue Pauschalreisegesetz in Kraft. Wie sehen Sie die neuen Regelungen?

Winkler: „Aus zwei Blickwinkeln. Aus Kundensicht betrachtet hat die neue Richtlinie Vorteile. Wir sind diesbezüglich gerade dabei, die Kunden aufzuklären, wann ein Kunde unter die Richtlinie fällt, wann nicht. Das bedeutet einen gewissen Aufwand. Aber wir sehen das auch als Chance, dem Kunden zu sagen, was es für Vorteile bringt, wenn er im Reisebüro bucht. Der andere Punkt: viele Konsumenten sind sich nicht bewusst, wie wichtig das Thema der Insolvenzversicherung ist. Erst wenn ein Ernstfall eintritt, wie im Vorjahr mit Airberlin und NIKI, poppt das Thema auf. Auch hier nützen wir die Chance und informieren unsere Kunden über die zusätzliche Sicherheit, die eine Buchung bei Ruefa bringt – sei es im Reisebüro oder online.“

T.A.I.: Wie beurteilen Sie das Margensteuer-Urteil des EuGH?

Winkler: „Das Thema hat uns schon in den letzten Jahren beschäftigt. Das Urteil gegen Deutschland war deshalb nicht so überraschend und parallel dazu wird ja generell auf EU-Ebene bezüglich Mehrwertsteuer gearbeitet. Zwei Punkte sind für mich bei der Margensteuer entscheidend: die zwingende Besteuerung jedes einzelnen Geschäftsfalls ist nicht möglich, z.B. bei Charterketten über die ganze Saison ist das de facto nicht handlebar. Die Möglichkeit der Pauschalierung hat sich diesbezüglich bewährt. Man muss einen Weg finden, der auch in Zukunft gangbar ist.

Der zweite Punkt betrifft die B2B-Margensteuer. Hier ist es wichtig, dass es endlich zu einer Harmonisierung kommt. Wir stehen im Wettbewerb mit anderen Ländern, aber jedes macht es anders. Derzeit gibt es Bemühungen für eine gemeinsame Linie. Wir sind gespannt. Wichtig ist: es muss administrierbar bleiben und es muss ein EU-einheitliches System sein.“

T.A.I.: Mitte Februar hat American Express Global Business Travel (GBT) bekannt gegeben, den Mitbewerber Hogg Robinson Group (HRG) übernehmen zu wollen. Mit AX Travel Management ist das Verkehrsbüro Franchisepartner von Amex GBT. Wird HRG Österreich zum Verkehrsbüro wandern?

Winkler: „Zu dem Deal können und dürfen wir noch nichts sagen. Wir stehen aber im Austausch. Der Deal ist jedenfalls ein starkes Bekenntnis von Amex zum Thema Geschäftsreisen.“

T.A.I.: Wie lange läuft das Franchise-Abkommen mit Amex GBT noch?

Winkler: „Es ist ein längerfristiger Vertrag. Wir sind mit der Partnerschaft glücklich.“

T.A.I.: Zu Ihrem direkten Verantwortungsbereich gehört die Verkehrsbüro Hotellerie. Wie sehen Sie die geplante Senkung der MWSt. für Logis von 13 auf 10 Prozent?

Winkler: „Mit der geplanten Senkung setzt die Regierung ein positives Signal. Es wird sehr stark auch als Anreiz für Investitionen gesehen. Aus Incoming-Sicht ist die familien-geführte Hotellerie für Österreich sehr wichtig, ebenso wie ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die Senkung der Mehrwertsteuer ist ein guter Anreiz, um Spielraum für Investitionen zu schaffen. Die Qualität muss sich in der Wertschöpfung und den Preisen widerspiegeln.“

T.A.I.: 2018 wird Ihr erstes Jahr, für das sie zur Gänze die Verantwortung als Sprecher des Vorstands tragen. Wie sieht der Ausblick für die einzelnen Bereiche aus?

Winkler: „Das Jahr hat gerade erst begonnen. Aber wir sind sehr optimistisch gestimmt nach den ersten Wochen. Es zeigt sich, dass sich der positive Trend des Vorjahrs in allen Geschäftsbereichen fortsetzt. Die Nachfrage nach Auslandsreisen ist stark, die Leute buchen früher, weil sie erkannt haben, dass sich bei Last-Minute-Buchungen das Angebot stark verknappt. Das gleiche gilt für Eurotours mit ausgezeichneten Vorzeichen auf hohem Niveau. Auch bei den Geschäftsreisen herrscht positive Stimmung. In der Hotellerie wird es eine sehr gute Wintersaison, der Städtetourismus in Wien und Salzburg verzeichnet ein starkes Wachstum. Das Café Central erfreut sich weiterhin allergrößter Beliebtheit.“

T.A.I.: Sie haben zuvor erwähnt, wieder verstärkt in die Hotellerie zu investieren. Können Sie dazu schon etwas Konkretes sagen?

Winkler: „Wir haben uns einiges für die nächsten Jahre vorgenommen. Wir wollen den positiven Schub nützen, um gerüstet zu sein, wenn’s wieder einmal schwieriger wird. Ganz wichtig sind dabei die Mitarbeiter. Mir ist es ein besonderes Anliegen, ihnen Karrieremöglichkeiten in verschiedenen Bereichen innerhalb des Konzerns zu bieten, um den Tourismus aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Es geht darum, dass unsere Mitarbeiter diese Chancen noch stärker ausnützen. Wir haben seit Jahren eine Akademie. Ziel ist es, gute Mitarbeiter abzuholen. Einstellung und Leistungsbereitschaft müssen da sein. Wir sehen da eine sehr hohe Loyalität.“

T.A.I.: Mitte Februar war die Verkehrsbüro Group auf der Berufsbilder Messe „AK-Kids: Berufe zum Angreifen“ in der Austria Trend Eventhotel Pyramide vertreten. Fangen Sie mit der Mitarbeiter-Akquise jetzt schon im Volksschulalter an?

Winkler: „Man kann nie früh genug anfangen, Kindern zu zeigen was sich Spannendes im Hotel und im Reisebüro tut. Es gab insgesamt 40 Aussteller, wir waren mit Ruefa und den Austria Trend Hotels dabei.“

T.A.I.: MotelOne, dessen Joint Venture-Partner Sie in Österreich sind, erwähnten Sie bisher nicht. Wieso?

Winkler: „Die Öffentlichkeitsarbeit wird sehr stark von MotelOne gesteuert. Es ist eine sehr gute Partnerschaft. Wir wollen die Österreich-Verankerung durch neue Projekte sicherstellen. Derzeit gibt es sechs Standorte, und wir sind an neuen Projekten dran. MotelOne ist eine super Erfolgsstory, wir sind stolz und happy, Partner davon zu sein.“

Kurzportrait Martin Winkler

Der 36-jährige Martin Winkler (Vater von zwei kleinen Kindern) ist seit Oktober 2017 Sprecher des Vorstands der Verkehrsbüro Group. Zu seinem Verantwortungsbereich gehören die Austria Trend Hotels, die Palais Events, Strategie, Corporate Governance, Marketing, Presse & Kommunikation, Rechnungswesen und Controlling.

Seine Karriere startete Martin Winkler 2001 als Key-Account-Manager in der Verkehrsbüro AG, wurde später Assistent des damaligen Generaldirektors Harald Nograsek, studierte berufsbegleitend an der WU Werbung & Verkauf sowie später Controlling & Finance, das er mit einem MBA abschloss.

Ab 2009 leitete er das Konzernmarketing, ab 2010 das Controlling und übernahm kurz darauf das Finanzressort. Seit 2015 gehörte der gebürtige Wiener der erweiterten Geschäftsleitung der Verkehrsbüro Group an, mit Zuständigkeit für die Konzernfinanzen. Ebenso ist Winkler Mitglied der Geschäftsführung in den Tochtergesellschaften Verkehrsbüro Hotellerie und Eurotours.

Die Verkehrsbüro Group in Stichworten

Die Österreichisches Verkehrsbüro AG erzielte im Geschäftsjahr 2016 mit über 3.000 MitarbeiterInnen einen Umsatz von 870,3 Mio. Euro (ohne Managementhotels), das Konzernergebnis vor Steuern erreichte 15,4 Mio. Euro. Das Unternehmen ist in drei Geschäftsbereiche gegliedert:

•    Leisure Touristik mit Ruefa (österreichweit 106 Reisebüros), Jumbo Touristik (Spezialveranstalter) sowie Eurotours (größte Incoming-Agentur und größter Direkt-Reiseveranstalter Zentraleuropas, u.a. Hofer Reisen); Umsatz 573,3 Mio. Euro, Ergebnis vor Steuern 8,5 Mio. Euro;
•    Hotellerie mit 28 Austria Trend Hotels (17 davon in Wien), Joint Venture-Partnerschaft mit MotelOne (sechs Hotels) sowie den Palais Events (Palais Ferstel, Palais Daun-Kinsky, Wiener Börsensäle sowie Café Central); Umsatz 183,6 Mio. Euro (inkl. Management-Hotels), Ergebnis vor Steuern 6,4 Mio. Euro;
•    Business Touristik mit Verkehrsbüro Business Travel und AX Travel Management (Franchisepartner von American Express GBT) sowie dem Kongressveranstalter Austropa Interconvention; Umsatz 165,5 Mio. Euro, Ergebnis vor Steuern 1,3 Mio. Euro.

Das Unternehmen steht zu 60,98 Prozent im Besitz der AVZ Holding, 36,58 Prozent gehören der Vienna Insurance Group, 2,44 Prozent hält die Toth Privatstiftung.

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Erstellt am: 23. Februar 2018

am Bild: Martin Winkler (c) Jennifer Fetz

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