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Die erlösende Meldung fand sich im Anhang an eine E-Mail der ÖHT (Österreichische Hotel und Tourismusbank) an T.A.I.: „Es ist mit gelungen, die laut Pauschalreiseverordnung notwendige Insolvenzabsicherung von Anzahlungen als Förderprodukt in der ÖHT zu etablieren“, schrieb ÖHT-Generaldirektor Wolfgang Kleemann als Nachsatz in einer Korrespondenz zu einer ganz anderen Angelegenheit. Österreichs Reisebüro- und Veranstalterbranche sowie unter jenen Hotels, die Packages anbietet, kann damit aufatmen.
„Gefördertes Haftungsmodell“ auch für 2022
T.A.I. ersuchte den ÖHT-Chef umgehend um ausführlichere Information und die schickte Wolfgang Kleemann postwendend. „Auf Initiative der ÖHT ist es nunmehr gelungen, das bewährte ‚geförderte Haftungsmodell‘ für das kommende Jahr zeitlich befristet fortzuführen“, schreibt Kleemann. „Quasi in letzter Sekunde haben wir die beteiligten Ministerien BMLRT (Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus) und BMDW (Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) an einen Tisch gebracht und die beiden Kabinette haben diese branchenrettende Lösung verabschiedet.“
Damit nicht genug, konnte über ein ebenfalls von der ÖHT organisiertes Modell nicht nur eine Lösung für die Insolvenzabsicherung gefunden werden, sondern auch für die im Gesetz geforderte Sicherstellung der Rückbeförderung von Reisenden für den Fall, dass diese durch die Insolvenz eines Anbieters irgendwo in der Welt „stranden“ und auf externe Hilfe aus der Heimat angewiesen sind.
Die Vorgeschichte
Nach geltender Pauschalreiseverordnung (PRV) sind Anbieter von Pauschalreisen und verbundenen Reiseleistungen – also Reisebüros, Reiseveranstalter sowie Hotelbetriebe, die ein Package anbieten - zur Absicherung von erhaltenen Vorauszahlungen verpflichtet bzw. muss eine solche Absicherung im GISA-Verzeichnis (Gewerbeinformationssystem Austria) eingetragen werden.
Mit dem per Ende 2020 erfolgten Rückzug sämtlicher Versicherungsunternehmen, die für den österreichischen Markt in der Vergangenheit Insolvenzabsicherungen gemäß PRV angeboten hatten, drohte den betroffenen Unternehmen ein Ausübungsverbot ab 1. Jänner 2021. Um dies zu verhindern, hatte die ÖHT ein Modell entwickelt, das laut Wolfgang Kleemann „zeitlich befristetet über Haftungen eine Problemlösung darstellen konnte.“ Der dazu seitens des Bundes eingeräumte Haftungsrahmen wurde mit 300 Mio. Euro festgesetzt.
Tickende Zeitbombe seit Juli
Weil diese Möglichkeit zum 30. Juni ausgelaufen ist und sich laut Wolfgang Kleemann „nach wie vor international kein Versicherer findet, der dieses sehr spezifische Risiko abzudecken bereit ist“, – Kleemann spricht diesbezüglich explizit von „Marktversagen“ -, bestand für Veranstalter von Pauschalreisen und Vermittler von verbundenen Reiseleistungen ab 1. Jänner 2022 lediglich die Absicherungsmöglichkeit mittels Bankgarantie. Kleemann: „Diese 2021 noch vielfach genutzte Alternative wird seit der Covid-Krise aber deutlich erschwert oder wegen der Bonitätskriterien der Banken gar nicht mehr möglich sein.“
Hinter den Kulissen liefen deshalb emsig Verhandlungen. Diese zogen sich jedoch hin und es spießte sich an vielen Stellen. Jetzt gelang Dank der ÖHT ein Durchbruch.
Das Abwicklungsverfahren
Um die Lösung umzusetzen, mussten laut ÖHT-Chef Wolfgang Kleemann je eine Anpassung des Fördergesetztes für KMU (Klein- und Mittelunternehmen) und des Maßnahmenschwerpunktes IV der Haftungsrichtlinie vorgenommen werden. Kleemann: „Das Abwicklungsverfahren ist qualitativ sichergestellt und auch auf hohe Nachfragezahlen ausgerichtet.“
Die Antragstellung erfolgt auf elektronischem Weg über das ÖHT-Kundenportal.
Die bereitgestellten Unterlagen werden tagfertig auf Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit geprüft und gegebenenfalls mittels Nachforderung ergänzt.
Nach Vorliegen der Genehmigung durch die Ministerien wird die gemäß PRV auf 12 Monate befristete Haftungserklärung erstellt.
Die ÖHT nimmt den antragstellenden Unternehmen darüber hinaus die Eintragung in das GISA Verzeichnis ab und organisiert auf Wunsch den „Abwickler, der im Falle eines Schadens die Repatriierung der Reiseteilnehmer*innen sicherstellt.
Erfolgsgeschichte 2021
Schon heuer erwies sich das ÖHT-Modell als Erfolgsgeschichte und konnte 179 Reiseleistungs-Ausübungsberechtigte absichern und ihnen ihr Geschäftsmodell erhalten. Das durchschnittliche bewilligte Haftungsvolumen pro Antrag belief sich auf 178.000 Euro, 97% der Anträge entfielen auf Reisebüros.
Für 2022 dürften diese Eckdaten deutlich größer ausfallen. Dazu Wolfgang Kleemann: „Sobald sich die Reiseleistungs-ausübungsberechtigten Hoteliers – Stichwort Pauschalreisen – ihrer Verantwortung ebenfalls bewusst werden, ist ein sprunghafter Anstieg dieser schon sehr beachtlichen Absicherungszahlen zu erwarten.“
Eines kann abschließend festgestellt bzw. muss auch betont werden: Die ÖHT (www.oeht.at) zeigt mit dieser Aktivität und ihrer kurzfristigen Umsetzung auch auf politischer Ebene einmal mehr, dass sie Dienstleister und Partner aller Teilbranchen der Tourismuswirtschaft ist.
Erstellt am: 08. Oktober 2021
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