ANA
ÖRV (Österreichischer ReiseVerband)

Mit Teamarbeit, Powerfrau und viel Netzwerken beim Herbstkongress

Print-Ausgabe 15. Oktober 2021

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (Mi.) mit ÖRV-Präsidentin Eva Buzzi (2.v.l.), Moderator & Ex-Präsident Josef Peterleithner (l.), Fachverbandsobmann Reisebüros Gregor Kadanka (2.v.r.) und ÖVT-Päsidentin Phillies Ramberger (r.)


 

Die erste ÖRV-Live-Veranstaltung seit zwei Jahren wurde dank Präsidentin Buzzi um zwei hochkarätige Referent*innen bereichert: EU-Mann Selmayr und Ministerin Köstinger

Premiere geglückt: Der erste Live-­Kongress des ÖRV seit zwei Jahren – damals ging es im Rahmen des Herbstkongresses 2019 in den Oman – und das unter neuer Führung von der heuer im Mai zur Präsidentin gewählten ÖBB Rail Tours-Chefin Eva Buzzi sorgte gleich für einen Teilnehmer*innen-Rekord: Mit 125 Anmeldungen für den Kongress in den Kasematten von Wr. Neustadt gab es so viele, wie noch nie bei einer Herbsttagung.

Eva Buzzi war es auch zu verdanken, dass das Programm für den dreimal verschobenen Kongress (vom April 2020 auf Oktober 2020, dann auf April 2021 und jetzt auf Oktober) um zwei starke Vorträge angereichert wurde: jenen von Martin Selmayr (Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich) und den von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Die dritte von Eva Buzzi initiierte hochkarätige Referentin, die Präsidentin der ÖHV (Österreichische Hotelvereinigung) Michaela Reitterer, musste kurzfristig aus privaten Gründen absagen.

Im Vordergrund des Kongresses stand aber das Netzwerken. Kein Wunder, war es doch das erste Zusammentreffen von Österreichs Tourismusspitze seit über 20 Monaten. Und nicht nur das: Mit Norbert Fiebig war auch der Präsident des Schwesterverbandes DRV (Deutscher ReiseVerband) mit dabei, ebenso DRV-Geschäftsführer Dirk Inger, der Präsident des SRV (Schweizer Reise-Verband) Max E. Katz sowie SRV-Geschäftsführer Walter Kunz. Aus Deutschland angereist waren auch TUI Cruises-Chefin Wybke Meier (mehr dazu auf Seite 14), der Vice President von AIDA Cruises Uwe Mohr (die Reederei sponserte eine der Kaffeepausen), alltours-­Managerin Stephanie Wolf und Flughafen München Marketing-Manager Andreas Bauer.

Nach Wr. Neustadt kamen alle gern, besonders am Freitag: „Die Situation in Wien ist heute eher zum Verreisen“, spielte Martin Selmayr zu Beginn seines Vortrags auf die an diesem Tag hochgeschwappte WhatsApp-Nachrichten-Affäre an, die später zum Wechsel an der Regierungsspitze führte. Selmayrs Ausführungen waren insofern höchst interessant, als er besonders auf den durch Corona geänderten Stellenwert der EU-Tourismuspolitik einging: „Vor 10 Jahren hätten sie zu ihrem Kongress noch keinen Vertreter der EU-Kommission eingeladen“, denn – so Selmayr – es gab aufgrund des Subsidiaritäts-Prinzipes keine Zuständigkeit der EU für den Tourismus. Die Pandemie hätte dies mit einem Schlag geändert. Bei den Wirtschaftshilfen wurde von den 27 Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission extrem rasch bereits im März/April 2020 grünes Licht gegeben, zusätzlich wurde das 800 Mrd. Euro schwere Paket zur Aufbaufinanzierung auf Schiene gebracht: „Das alles wurde in 5 bis 10 Wochen beschlossen und in Kraft gesetzt.“ Selmayr: „Wir haben offenbar nicht alles falsch gemacht“, denn – was in der medialen Berichterstattung bisher eher unterging – „im 2. Quartal 2021 ist die europäische Wirtschaft schneller gewachsen, als jene der USA und Chinas.“

Ähnliches gilt für die Impfungen. Bis März/April 2020 war nicht vorgesehen, dass sich die EU um eine einheitliche Gesundheitspolitik kümmert. Zwar muss auch weiterhin „jede EU-Entscheidung (in diesem Bereich) von allen 27 Mitgliedsstaaten gutgeheißen werden“, aber dies brächte nicht nur Nachteile: Die EU ist heute mit mehr als 70 % stärker durchgeimpft als die USA (55,67 %). Selmayr: „Teamarbeit ist eben besser, als wenn ein Diktator da sitzt oder jeder Staat nur für sich selbst bezüglich des Impfstoffs entscheidet.“

Wichtig für die Reisebranche sei das Thema Grenzkontrollen. „Problematisch war, dass jeder die Kriterien dafür festgelegt hat, wie er wollte“, kritisierte Selmayr. Ebenso bestehe der Verdacht, „dass im Sommer 2020 die Kontrollen nicht nur aus virologischen Gründen durchgeführt wurden“. Als Beispiele nannte Selmayr jene an den Grenzen zwischen Bayern und Österreich sowie zwischen Österreich und Slowenien. „Leider hat da die EU-Kommission zu wenig Macht, sie kann nur empfehlen“, gestand Martin Selmayr ein.

Um die für die Branche existentielle Planungssicherheit zu bewerkstelligen, gelte es nun, drei Problematiken in den Griff zu bekommen: Erhöhung der Impfquote („Wir sind mit dem Durchimpfen noch nicht fertig“), einheitliche Regeln bezüglich Reise­beschränkungen mit Drittstaaten („Da muss sich Europa zusammenraufen“) sowie – angesichts des Fachkräftemangels in der Touristik – die Qualität der Arbeitskräfte.

Martin Selmayrs Analyse deckte sich mit jener von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger, der es „ein besonders Anliegen war, zum Kongress zu kommen“. Ihre spezielle Gratulation galt der neuen ÖRV-Präsidentin Eva Buzzi („Eine Powerfrau hat dieses Amt übernommen“). Die Ausarbeitung der Hilfsmaßnahmen für die Touristik wäre eine „schwierige Übung gewesen, weil die Reisebranche ein komplett anderes Modell benötigt als die übrigen Teile der Branche“ (Stichwort: „frustrierte Aufwendungen“). Den Teilnehmer*innen am ÖRV-Kongress konnte sie die beruhigende Botschaft überbringen, dass die Insolvenzabsicherung durch den Bund und dessen Abwicklung über die ÖHT (Österreichische Tourismusbank) auf Schiene sei („Wir stehen am Punkt, sie bis Ende 2022 zu verlängern“). Für 2023 habe Köstinger die „Hoffnung, dass die Insolvenzabsicherung dann wieder Private übernehmen.“ Die Kurzarbeit werde für den Tourismus als „besonders betroffene Branche“ verlängert und beim „Einführen der Reisefreiheit mit Drittstaaten werden wir nicht ruhen, bis das funktioniert“. Köstinger abschließend: „Ich bin überzeugt, dass wir zu alter Stärke zurückkommen.“ Die persönliche Beratung und der persönliche Austausch mit Kund*innen“ seien eben durch nichts zu ersetzen. Ein schöneres Statement zum Abschluss einer geglückten Premiere, wie sie der erste ÖRV Live-Kongress seit Ausbruch der Pandemie darstellte, kann es nicht geben.

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