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ÖRV Herbstkongress 2022

Mehr als gelebte Nachhaltigkeit! Zukunft liegt im „proaktiven Agieren“

Print-Ausgabe 18. November 2022

ÖRV-Präsidentin Eva Buzzi und Urs Weber, Direktor Schweiz Tourismus in Österreich, zogen ein positives Résumé (Bilder: © Martin Dichler)


 

Mit einer in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlichen Veranstaltung unterstrich der ÖRV, wie ernst ihm und vor allem der Schweiz das Nachhaltigkeitsthema bereits ist

Unter dem Motto „Swisstainable“ ging heuer – erstmals unter Präsidentschaft von Eva Buzzi (ÖBB Rail Tours), zum ersten Mal in der Schweiz und auch erstmals seit Beginn der Pandemie – wieder ein Herbstkongress des ÖRV (Österreichischer ReiseVerband) über die Bühne. Führte der letzte derartige Trip Anfang November 2019 mit rund 60 Teilnehmer*innen in den Oman, so standen diesmal bei dem lange ersehnten Comeback Ende Oktober Qualität vor Quantität, die Schweiz und das nachhaltige Reisen im Fokus. Die Anreise nach Luzern erfolgte mit dem ÖBB Nightjet, retour ging’s mit dem Railjet. Flüge mit Austrian Airlines waren ebenso möglich. Die 40 mitreisenden ÖRV-Herbstkongressler*innen wurden vom Gebotenen mehr als angenehm überrascht. Aber alles schön der Reihe nach.

Zunächst machte eine Corona-Infektion dem ÖRV-Generalsekretär Walter Säckl einen Strich durch die Rechnung, dann musste T.A.I.-Korrespondent Martin Dichler krankheitsbedingt (kein Corona) vorzeitig die Heimreise antreten.

Die übrigen Teilnehmer*innen – allen voran ÖRV-Vizepräsidentin Helga Freund (Verkehrsbüro Group sowie Eurotours und Ruefa), der Obmann des Fachverbandes der Reisebüros Gregor Kadanka (Mondial), Martin Fast (REWE Austria Touristik und Dertour Austria), AirPlus Country Manager Hanno Kirsch, ÖRV-Kassier Christian Bruckmüller (Reisebüro on.tour), Andreas Sturmlechner, (Europäische Reiseversicherung), Michele Fanton (Ruefa) sowie Urs Weber (Schweiz Tourismus) – kamen in den Genuss eines starken, abwechslungsreichen Programmes. „Die hohen Erwartungen aller wurden übererfüllt, auch vom Wetter her“, freute sich Anfang November der wieder genesene Walter Säckl, der alles dank Social Media und Smartphone vom Krankenbett aus mitverfolgt hatte.

Bewusst wurde beim ÖRV-Herbstkongress von Präsidentin Eva Buzzi der sonst übliche Rückblick auf das zu Ende gehende samt Vorschau auf das beginnende Touristikjahr vermieden. Stattdessen rückte die ÖBB Railtours-Chefin bei ihrem Vortrag in der auf 2.073 Metern Seehöhe gelegenen Bergstation des Pilatus unter dem Titel „Energie tanken – Urlaub mit nachhaltiger Wirkung“ das Kernthema des Kongresses in den Mittelpunkt. Danach referierte Prof. Urs Wagenseil über „Nachhaltigkeit im Tourismus“. Der frühere Kuoni- und spätere Wettstein Travel- sowie Diners Club Schweiz-Manager leitete sechs Jahre hindurch als CEO die Ferien­region Lenzerheide, bevor er 2005 zum Professor und „Co-Head of Tourism“ des Instituts für Tourismus & Mobilität der Hochschule Luzern ernannt wurde.

Mehr als 200 Länder mit zusammen über 200.000 Städten und Destinationen wetteifern heute Urs Wagenseil zufolge um Gäste aus aller Welt, denen rund 200 Millio­nen Betriebe – von Reisebüros, Incomern und Reiseveranstaltern über Airlines bis hin zur Beherbergung – mit ihren Leistungen zur Seite stehen. Wagenseil: „Der Tourismus ist einer der stärksten Treiber für Wirtschaftswachstum und Entwicklung, er hat vielerorts eine enorme volkswirtschaftliche Bedeutung.“

Ebenso bringt dies aber sowohl positive als auch negative Wirkungen mit sich: Als Beispiele nannte Wagenseil den Verlust lokaler Identität und Werte, die Kommerzialisierung von Kulturen, die Zerstörung von Umweltressourcen, Overtourism oder „eine Preissteigerung, die zu Lasten der lokalen Bevölkerung geht“. Für Urs Wagenseil steht fest: „Der Tourismus ist nicht der Teufel. Aber es kann gerade unserer Industrie nicht egal sein, was mit der Welt geschieht. Darum ist Nachhaltigkeit wichtig.“

Anhand einiger Beispiele, wie z. B. Slowenien, Norwegen, Finnland, Island oder Neuseeland, verdeutlichte Wagenseil die Stärken und Schwächen der dort getätigten Nachhaltigkeits-Ansätze. Diesen stellte er die unter dem Begriff „Swisstainable“ stehende Strategie der Schweiz für nachhaltige Tourismus-Entwicklung gegenüber. Getragen sei „Swisstainable“ von einem „proaktiven Agieren mit dem Ziel, die Eidgenossenschaft zum nachhaltigsten Reiseziel der Welt zu machen“.

Des weiteren lieferte Urs Wagenseil einen Rundblick über all das, was derzeit bezüglich Nachhaltigkeit von touristischen Anbietern, Hotelketten, Kreuzfahrtreedereien und Airlines geboten wird. Wagenseil: „Es geht nicht darum, Tourismus zu verbieten. Nachhaltiges Reisen bedeutet auch keinen Verzicht, sondern erlaubt es, bewusster und genussvoller zu reisen.“ Nachhaltigkeit sei jedenfalls kein Nischenthema mehr. Schlusssatz: „Ich weiß, nachhaltig bzw. nachhaltiger zu werden ist ein anforderungsreicher Weg. Aber er lohnt sich!“

Der anschließende Lunch im Restaurant Pilatus Kulm bot, wie das gesamte übrige Programm, neben Networking auch ausgiebig Gelegenheit, das Gehörte nochmals zu reflektieren und durch persönliche Eindrücke zu vertiefen. Eine Schifffahrt, Stadtrundgänge durch Luzern und Chur, die Fahrt mit dem Bernina Express auf die Alp Grüm in Graubünden sowie eine Führung durch das Dorf Borgo di Poschiavo – um nur einige Programmhighlights zu nennen – boten dafür ausreichend Möglichkeit.

Urs Weber, Chef des Schweiz Tourismus in Österreich, zog am Ende nicht nur eine begeisternde Bilanz, sondern konnte anhand der Kommentare der mitgereisten Touristiker*innen einmal mehr eines feststellen: „Die Unterschiede zwischen Österreich und der Schweiz sind deutlich. Sie sind so signifikant, dass sich eine Reise in die Schweiz jederzeit auszahlt – selbst beim aktuell so starken Franken.“

Die mittelalterliche Kappelbrücke samt Wasserturm in Luzern

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