ANA
Kneissl Touristik

„Manche Destinationen lassen mein Herz höher schlagen“

Print-Ausgabe 31. Mai 2019

Die Chefin des Studienreisen-Veranstalters outete sich beim T.A.I. Besuch in der Zentrale in Lambach als „totale Vielreisende“ – das kommt letztendlich den KundInnen zugute

Ausgemacht war es schon lange, jetzt wurden Nägel mit Köpfen gemacht: Besuch bei Elisabeth Kneissl-Neumayer, Chefin des österreichischen Studienreisen-­Veranstalters Kneissl Touristik, in der Zentrale in Lambach. 12.000 Kund­Innen pro Jahr, ca. 850 Reisen, rund 24 Mio. Euro Umsatz – das sind die Eckdaten. Doch Elisabeth Kneissl geht bei dem Vormittagstermin mit Kaffee und Keksen viel weiter in die Tiefe des Veranstalters, den sie gemeinsam mit ihrem Bruder Christian (mittlerweile im Ruhestand) ab Mitte der 1980er-Jahre aufgebaut und später in der Sab-Tours Gruppe verankert hat. Selbst eine „totale Vielreisende“, macht Kneissl und ihren MitarbeiterInnen das Arbeiten „viel Vergnügen. Man sieht, dass man etwas bewegen kann.“

Kneissl: „Manche Destinationen lassen mein Herz höher schlagen“, wie z. B. Indien („extrem begeistert“), Indochina („extrem beindruckend“), Nordthailand („grandios, aber schon kommerzieller“), Laos („unendlich freundlich“) oder Vietnam („alles zwischen Hanoi und Mittelvietnam“ und die alte Kaiserstadt Hué sind „unendlich schön“).

Der Kneissl-Umsatz legt „kontinuierlich um 3 bis 4 Prozent pro Jahr zu“, wobei dies nicht zuletzt dem „Bauchladen“ zuzuschreiben ist, „für den wir früher ausgelacht“ wurden. Kneissl spielt damit auf die Breite des Sortiments an, das so gut wie „alles umfasst, außer Kreuzfahrten und Badetourismus“. Schon lange lacht niemand mehr, denn dieser Bauchladen hilft „auszugleichen, wenn einmal etwas nicht so gut geht“. Aktuell betrifft dies Irland, „ein totales Brexit-Opfer“. Das Interesse an Russland wiederum „ist viel stärker, als in den letzten Jahren“.

Auch Marokko ist „eindeutig stärker geworden“, während ein Rätsel bleibt, weshalb die Nachfrage nach Südafrika und Namibia „allgemein heuer nicht so hoch“ ist: Denn der südafrikanische Rand befände sich vom Wechselkurs her „wieder in guter Höhe“ und das Land habe mit Cyril Ramaphosa „einen erfreulichen Präsidenten“.

Während das südliche Afrika „bei uns ein bisschen hinter dem Vorjahr“ liegt, hat „das restliche Afrika mehr Raum gefunden“. Kneissl-Neumayer nennt Länder wie Uganda („da kommt niemand zurück, der nicht begeistert ist“), Äthiopien („irre landschaftliche Vielfalt sowie kleine und Kleinststämme, die so leben, wie wir uns Afrika vorstellen“) und in Westafrika die Kombi Ghana-Togo-Benin.

Wie steht es mit Island? Ist die Destination aufgrund des Booms asiatischer Gäste tatsächlich zu teuer und zu überlaufen? Da wird Kneissl-Neumayer, die Island erstmals 1978 bereiste, ernst: „Die haben keine Asiaten gebraucht, um die Preise zu zerstören“, denn die Isländer hätten „nicht den Punkt erkannt, wo die Preise zu hoch sind“. Das Aufkommen aus Deutschland erlebte im Vorjahr einen Einbruch (-25 Prozent), bei Kneissl waren es 12,5 Prozent, was sich heuer wiederholt. Allerdings sind „vom Vorjahr auf heuer erstmals die Preise nicht in die Höhe gegangen“. „Overtourism“ gebe es nur an bestimmten Punkten und zu bestimmten Uhrzeiten entlang der Südküste. Im Westen (z. B. auf der Snæfellsnes Halbinsel), im Norden und Osten des Landes gebe es hingegen „kaum Touristen und auch kaum Isländer“.

Unter dem Strich habe Island aber „für das, was ich dort sehen und in der fast unberührten Natur mit wild fließenden Gewässern erleben kann, ein gerade noch akzeptables Preis/Leistungsverhältnis“. Flugpartner ist ausschließlich Austrian Holidays. In der Off-Season gebe es leider keine Flüge, da keine Durchgangstarife von LH für die Zubringer zu den Icelandair-Flügen ab Deutschland offeriert werden. Neben „vielen Gruppen“ besteht im Island-Aufkommen auch ein „starker Anteil an individuellen Gästen“.

Individuell wird neben dem Gruppengeschäft erstmals auch Südamerika bereist. Hier hat Kneissl Touristik mit Robert Kraus seit Anfang Mai einen absoluten Kenner der Region (zuvor beim deutschen Südamerika-Spezialisten RuppertBrasil). Kraus übernimmt nicht nur selbst Reiseleitungen, sondern arbeitet für KundInnen auch individuelle Angebote aus.

Generell liegt aber bei Kneissl der Fokus „fast ausschließlich auf Gruppen“ (tw. Kleingruppen bis max. 18 TeilnehmerInnen, Skandinavien-Touren mit bis zu 34 Personen, sonst liegt der Durchschnitt zwischen 20 und 25 Gästen pro Tour). „Fast alles wird von uns direkt bei Hotels und Bus­unternehmen etc. reserviert. Das ermöglicht uns eine bessere Qualitätskontrolle und bessere Preise.“ Kneissl produziert pro Jahr drei Kataloge (Europa, Nordland, Fernreisen) und dann im Frühsommer zwei Zwischen-Kataloge (Europa & Nordland von Herbst bis Juni, sowie Fernreisen). Ergänzt wird dies um den Katalog für „Tagesfahrten“ (Musikreisen) im Bus, rein für den OÖ Markt. Zusammengearbeitet wird mit allen Reisebüros in Österreich („350 bis 400 sind wirklich aktive“).

Eines noch zum Abschluss: Das Kneissl-Team ist in den Destinatio­nen auch sozial stark engagiert: So bestehen aktuell Wasser-Projekte in Kambodscha und in Rumänien werden Schul-Initiativen unterstützt, etwa für Roma in Hermannstadt, wo jetzt die Kinder – was früher die Ausnahme war – täglich zur Schule gehen können. Auch diesbezüglich haben Elisabeth Kneissl-Neumayr und ihr Team also einiges bewegt. 

Kneissl-Zentrale und vier Reisebüros

Das Team von Kneissl Touristik in Lambach besteht aus 30 MitarbeiterInnen („fast nur weiblich, vier Männer“), zwei Damen befinden sich aktuell in Karenz. Neben Geschäftsleitung, Produktion und einer eigenen IATA-Abteilung gibt es an diesem Standort auch ein Reisebüro mit zwei Mitarbeiterinnen und einem Lehrling.
Dazu kommen drei weitere Reisebüros: in St. Pölten (Filialleiterin seit November Birgit Fuchs, ehem. Raiffeisen, 5 Teilzeit-MitarbeiterInnen), Wien Opernringhof (4 MitarbeiterInnen, „könnten auch fünf sein“) und Salzburg (Linzergasse, 3 MitarbeiterInnen mit Thomas Scheuringer als Filialleiter, ehem. Amex, „bin glücklich ihn bekommen zu haben“, sowie Walter Brunner, der bereits in Pension ist, aber an zwei Tagen pro Woche für StammkundInnen zur Verfügung steht).

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