Insolvenzabsicherung gemäß PRV

Gesucht: langfristiges Modell der Absicherung! 2022 springt die ÖHT ein

Print-Ausgabe 14. Jänner 2022

„Das Paket ist für Reisebüros und -ver­anstalter gleichermaßen über­lebenswichtig“, so Elisabeth Köstinger


 

Es war eine fast drei Monate währende „letzte Minute“, bis die Insolvenzabsicherung für 2022 fixiert wurde – ab 2023 soll „beständiges Modell“ folgen

Einen Tag vor Silvester kommunizierten Tourismusministerin Elisabeth Köstinger sowie die drei Branchenverbände Fachverband der Reisebüros, ÖRV (Österreichischer ReiseVerband) und ÖVT (Österreichischer Verein für Touristik), dass „in letzter Minute“ eine Einigung darüber erzielt wurde, dass die im Vorjahr erfolgte Lösung der ÖHT (Österreichische Hotel- und Tourismusbank) für die Insolvenzabsicherung für Reisebüros, Reiseveranstalter und Hotellerie auch 2022 angeboten wird.

Es war eine lange letzte Minute. Sie dauerte knapp drei Monate, denn bereits Anfang Oktober 2021 kündigte der Generaldirektor der Tourismusbank Wolfgang Kleemann gegenüber T.A.I. an, dass es gelungen wäre, die laut Pauschalreiseverordnung notwendige Insolvenzabsicherung von Anzahlungen als Förderprodukt in der ÖHT auch für das neue Jahr zu etablieren. Der Grund, weshalb am Ende dann doch noch so viel Zeit bis zum grünen Licht verstricht, liegt in der Tatsache, dass „in der Konzeption der Insolvenzhaftung vier Ministerien, eine EU-Kommission und drei Interessenvertretungen unter einen Hut zu bringen waren“, wie Kleemann Anfang dieser Woche T.A.I. gegenüber feststellte.

Nun ist es also fix. Begonnen hatte die Misere Ende des ersten Co­rona-Jahres, also 2020, als sämtliche Versicherungsunternehmen, die für den österreichischen Markt in der Vergangenheit Insolvenzabsicherungen gemäß PRV (Pauschalreiseverordnung) angeboten hatten, ihren Rückzug ankündigten. Köstinger und Kleemann bezeichneten dies mehrfach als „kollektives Marktversagen“. Für Reisebüros, Reiseveranstalter sowie Hotelbetriebe, die Packages anbieten, hätte dies zu einem Ausübungsverbot ihrer Tätigkeiten geführt, denn nach geltender PRV sind sie als Anbieter von Pauschalreisen und verbundenen Reiseleistungen zur Absicherung von erhaltenen Vorauszahlungen verpflichtet.

Als Retter in der Not sprang die ÖHT ein, die ein Modell entwickelte, das laut Wolfgang Kleemann „zeitlich befristetet über Haftungen eine Problemlösung“ darstellte. Der dazu seitens des Bundes für 2021 eingeräumte Haftungsrahmen wurde mit 300 Millionen Euro festgesetzt.

Ausgegangen war man für diesen Betrag von den 800 Unternehmen, die 2019 als Reiseveranstalter bzw. Vermittler von verbundenen Reiseleistungen tätig waren. Tatsächlich nahmen dann 2021 rund 200 Betriebe mit einem Haftungsvolumen von rund 32 Mio. Euro diese Maßnahme in Anspruch. Das durchschnittliche bewilligte Haftungsvolumen pro Antrag belief sich auf 178.000 Euro, 97 % der Anträge entfielen auf Reisebüros.

In weiterer Folge zerschlugen sich die Hoffnungen, dass es für das Jahr 2022 zu einem Comeback der Versicherungsunternehmen im Bereich der Insolvenzabsicherungen kommen werde. Anfang Oktober hatten sich deshalb das Tourismus- und das Wirtschaftsministerium sowie die Tourismusbank darauf geeinigt, das geförderte Haftungsmodell für 2022 zeitlich befristet fort­zuführen.

Dieser Einigung folgten mehrere Wochen intensiver Verhandlungen, in die neben den drei Branchenvertretungen auch das Finanzministerium mit eingebunden war. Der Minister-Wechsel von Anfang Dezember machte die Angelegenheit nicht leichter. Wobei laut Tourismusbank-Chef Wolfgang Kleemann in den Gesprächen „mehr Zeit auf sachliche Diskussionen als für den Ausgleich der ‚persönlichen Eitelkeiten‘ aufgewendet“ werden musste. Kleemann gegenüber T.A.I.: „Im Rahmen zahlreicher Videokonferenzen gab es immer wieder durchaus emotionalen Meinungsaustauch – verständlich, weil die Aufgaben der einzelnen beteiligten Institutionen nun halt einmal nicht ident sind.“

Jetzt gilt es noch, die Zustimmung der Europäischen Kommission zu erwirken, die für die endgültige Haftungsübernahme notwendig ist. Diese steht noch aus, aber ÖHT-Chef Kleemann ist zuversichtlich, dass auch diese Hürde gemeistert wird. Er sieht dieses Problem eher „als Formsache“ an.

Bei Fachverbands-Obmann Gregor Kadanka und den beiden Präsidentinnen Eva Buzzi (ÖRV) sowie Phillies Ramberger (ÖVT) ist die Erleichterung spürbar, auch wenn die von den drei Verbänden angestrebte Lösung für ein langfristiges Modell der Absicherung noch nicht umgesetzt werden konnte. „Wir sind zuversichtlich, dass wir im Laufe des neuen Jahres ein beständiges Modell erarbeiten können. Wir arbeiten mit Hochtouren daran“, so Kadanka, Buzzi und Ramberger in einer Aussendung.

Erleichtert zeigt sich auch Tourismusministerin Elisabeth Köstinger: „Aufgrund der Corona­krise haben die Versicherer ihr Angebot für Pauschalreiseversicherungen in Österreich eingestellt. Damit steht unseren Reisebüros das Wasser bis zum Hals, denn ohne Versicherungen sind ihnen die Hände gebunden.“ Deshalb werden auch 2022 insgesamt 300 Mio. Euro für die Insolvenzabsicherung zur Verfügung stehen. Im Fall des Falles springt also der Staat ein. Die entsprechende Lösung wurde Ende Dezember 2021 vom Nationalrat beschlossen. Laut Köstinger ist „dieses Paket nicht nur für Reiseveranstalter, sondern auch für Reisebüros überlebenswichtig.“ Denn wenn es keine Insolvenzabsicherung für Veranstalter gibt, können die daran hängenden Reisebüros keine Reisen anbieten.

Die Konditionen und Bedingungen bleiben unverändert. Gegenüber 2021 gibt es aber eine wesentliche Erleichterung: Alle Bestandskunden, die bereits im Vorjahr die ÖHT Insolvenzversicherung in Anspruch genommen haben, wurden automatisch von der Tourismusbank bis Anfang dieser Woche direkt angeschrieben und kommen in den Genuss eines „sehr vereinfachten Neuantrags“ für 2022.

Neue Anträge können auf dem Portal der ÖHT (unter www.oeht.at/produkte/oeht-insolvenzabsicherung) eingereicht werden. Dort sind auch alle dafür erforderlichen Unterlagen, Voraussetzungen usw. ersichtlich. Wichtig: Der Nachweis der Neuabdeckung hat bis 31. Jänner 2022 zu erfolgen (die Zeit drängt also). Selbstverständlich haben Betriebe auch nach wie vor die Möglichkeit, individuell ihre Insolvenzversicherung z. B. über eine Bankgarantie abzugeben.

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Erstellt am: 14. Jänner 2022

Foto: © BMLRT

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