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DER Touristik

„Fan des klassischen Vertriebs“! Phoenix ade, Zukunft gehört Atcom

Print-Ausgabe 23. August 2019

Europa-Chef Ingo Burmester will mit der Umstellung vor allem den Reisebürovertrieb überzeugen
© DER Touristik

Der neue Chef der DER Touristik Ingo Burmester verordnet dem Veranstalter ab 2021/22 ein neues Reservierungssystem – die Entscheidung kam unerwartet

Die Ankündigung war überraschend: Die DER Touristik wird laut einer Info von Mitte August das von ihr entwickelte und erst 2016 gestartete Reservierungssystem Phoenix unlimited in die Wüste schicken. Dies hat der seit Juni dieses Jahres amtierende neue Europa-Chef von DER Touristik Ingo Burmester entschieden. Ersetzt wird Phoenix unlimited durch die von der britischen Atcore Technology Group entwickelte modulare Plattform Atcom.

Die Referenzliste von Atcom ist beeindruckend. So hat sich das System nicht nur bei der skandinavischen DER Touristik Tochter Apollo Travel bewährt, sondern – jeweils an die spezifischen Anforderungen angepasst – auch bei Reisekonzernen wie TUI, Thomas Cook oder FTI. Die Atcom-IT kann laut Atcore CEO Dave Cruickshank „eigenständig implementiert und nahtlos in vorhandene Systemlandschaften integriert werden“. Zuletzt wurden laut Geschäftsbericht 2017/2018 über sieben Millionen Buchungen über das System abgewickelt.

Bei Atcore ist man natürlich über den Großauftrag der DER Touristik mehr als erfreut, zählt man damit künftig Europas Reiseveranstalter-Elite komplett zu seinen KundInnen. „Es ist Bestätigung unserer Arbeit“, zitiert „fvw“ Commercial Director Mike Wright, demzufolge „viele Module, etwa für die dynamische Paketierung oder Zusatzverkäufe, laufend weiterentwickelt“ wurden.

Phoenix unlimited hingegen hatte große Anlaufschwierigkeiten. Die Nachfolgelösung des Mitte der 1990er-Jahre entwickelten Veranstalter-Systems Phoenix, das als zentrales System der Bausteintouristik fungierte, litt unter größeren Kinderkrankheiten. Burmeisters Vorgänger bei der DER Touristik René Herzog prognostizierte aufgrund dessen vor zwei Jahren gegenüber der deutschen Fachzeitschrift „fvw“ einen Umsatzrückgang für 2017 von 1,5 Prozent sowie „einen Taucher im Ergebnis“.

Mittlerweile galten die Phoenix unlimited Probleme (u. a. IT-­Fehler, die unter Volllast auftraten und in Buchungsausfällen resultierten, unterschätzter Aufwand bei der Dateneingabe, etc.) als behoben. Deshalb wurde das zunächst auf die Bausteinveranstalter der DER Touristik (Dertour, Meiers Weltreisen und ADAC Reisen) beschränkte Phoenix unlimited-System beginnend mit November 2018 auch für die Pauschalreise-Marken eingesetzt (ITS und Jahn bzw. in Österreich Billa Reisen sowie Jahn Reisen Austria). Bis 2020 wird Phoenix unlimited damit zur einheitlichen Buchungstechnik für alle Veranstalter des Konzerns.

Jetzt kommt zwar nicht alles anders, aber fast: Denn der von Ingo Burmester nunmehr angeordnete Systemwechsel auf Atcom wird bereits im Winter 2021/22 starten. Burmester war offensichtlich von Phoenix unlimited nicht überzeugt, kannte er doch die Qualitäten von Atcom aus seiner bisherigen beruflichen Vergangenheit (zehn Jahre Executive Director bei TUI, u. a. als Leiter der Fachbereiche Flug, Clubprogramme, Kapazitätsmanagement sowie Geschäftsführer der TUI­fly Vermarktungs GmbH, dann sechs Jahre Geschäftsführer bei Robinson, zuletzt zwei Jahre bei Thomas Cook).

Die nun erfolgte Entscheidung gegen Phoenix unlimited und für Atcom kam selbst für Insider überraschend. In einem Interview Anfang Juli 2019 gegenüber der deutschen Fachzeitschrift „touristik aktuell“ gestand Ingo Burmester zwar ein, dass „vor allem der Umbau des hauseigenen Reservierungssystems … in den vergangenen Jahren und Monaten nicht nur viele Ressourcen, sondern auch Marktanteile gekostet“ habe, erwähnte aber mit keiner Silbe, dass es zur Disposition stand.

Jetzt sind also die Würfel gefallen. „Ausschlaggebend war eine umfassende Analyse“, heißt es in der offiziellen Aussendung der DER Touristik von Mitte August. „Zielsetzung ist, bei Flexibilität, Schnelligkeit, Effizienz, Bedienerfreundlichkeit und Entwicklungsgeschwindigkeit allerhöchste Anforderungen zu erfüllen.“ Liest man zwischen den Zeilen, so dürfte Phoenix unlimited diese Punkte nicht gleichermaßen erfüllt haben.

Auf Atcom setzt Ingo Burmester umso mehr Hoffnung, nicht zuletzt, um den Reisebürovertrieb zu überzeugen, der für ihn der „beste und wichtigste Hebel“ ist, den DER Touristik habe. Burmeister wörtlich: „Ich bin ein Fan des klassischen Vertriebs. Denn Reisebüros bieten erhebliche Mehrwerte.“ Das Entwickeln immer besserer und effizienterer Prozesse von Seiten des Veranstalters sei für Burmester deshalb eine der vorrangigen Hausaufgaben. Atcom soll dabei helfen, dieses Ziel auch in die Tat umzusetzen. 

Baustein-Winter mit noch mehr Programm­vielfalt

Nicht nur die Pauschalreisemarken der DER Touristik (siehe auch Beitrag „Mit „jö“-Bonus in den Winter“ in der T.A.I. vom 9. August 2019), sondern auch die Bausteinveranstalter Dertour, Meiers Weltreisen und ADAC Reisen erhöhen zum Winter 2019/20 ihre Programmvielfalt, erweitern durch den Anschluss weiterer Bettenbanken ihr Hotelangebot (Dertour um rund 7.000 Häuser) und bauen ihr Rundreiseprogramm (insbesondere in Afrika und Mexiko) weiter aus.

In Mexiko gibt es z. B. fünf neue Touren, darunter eine Natur-Reise durch Yucatan sowie eine Kultur-Reise abseits der touristischen Pfade nach Guadalajara. Meiers Weltreisen hat zudem die British Virgin Islands neu im Programm, bei Dertour sind die Cayman Islands erstmals zu finden.

Erfreulich aus Sicht des stationären Vertriebs: Das Angebot von Dertour Deluxe (fünf Kataloge für den kommende Winter) ist nicht mehr online, sondern ausschließlich im Reisebüro buchbar. Das Kreuzfahrtprogramm des Luxusanbieters ist zudem bereits für 2020 buchbar. Auch das Deluxe-Städteprogramm wird deutlich ausgebaut.

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