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Insolvenzabsicherung

Emotionen, Eitelkeiten & Erfolgsdruck, jetzt grünes Licht für ÖHT! Anträge ab sofort möglich

T.A.I. 24 TOP News

Gut Ding braucht Weile, auch für das „Go“ der Fortführung der ÖHT-Insolvenzabsicherung für Reisebüros, Reiseveranstalter und Hotellerie. Anfang Oktober 2021 berichtete T.A.I., dass es dem Generaldirektor der Österreichischen Hotel und Tourismusbank (ÖHT), Wolfgang Kleemann, gelungen war, „quasi in letzter Sekunde“ die laut Pauschalreiseverordnung notwendige Insolvenzabsicherung von Anzahlungen als Förderprodukt in der ÖHT zu etablieren. Doch erst jetzt ist es soweit: Ab heute, dem 10. Jänner 2022, können Anträge über das ÖHT-Kundenportal online eingereicht werden. Ohne diese ÖHT-Lösung wären 2022 rund 2.600 Reisebüros mit dem Entzug der gewerblichen Ausübungsberechtigung konfrontiert gewesen.

Zustimmung der EU-Kommission Formsache

T.A.I. wollte natürlich wissen, wieso seit der erfreulichen Ankündigung vom 8. Oktober 2021 ein viertel Jahr vergangen ist, bis der Sack endgültig zugeschnürt war. „Zu viele Köche verderben den Brei“, antwortete Wolfgang Kleemann auf die Frage mit einem eher grantigen Lächeln. Kleemann: „Wir mussten in der Konzeption der Insolvenzhaftung vier Ministerien, eine EU-Kommission und drei Interessenvertretungen unter einen Hut bringen. Alle wollten noch dazu Vater oder Mutter des Erfolges sein“.

Eine (formelle) Hürde gilt es dabei noch zu überwinden: Die Zustimmung der Europäischen Kommission, die für die endgültige Haftungsübernahme notwendig ist. ÖHT-Chef Kleemann sieht dieses Problem aber eher als Formsache.

Scheitern der Verhandlungen wäre Katastrophe gewesen

Einfach war die Übung trotz allem nicht. „Wir mussten mehr Zeit für den Ausgleich der ‚persönlichen Eitelkeiten‘ aufwenden, als auf sachliche Diskussionen“, so Kleemann, demzufolge es „im Rahmen zahlreicher Videokonferenzen immer wieder durchaus emotionale Meinungsaustäusche gab.“ Dies sei aber verständlich, „weil die Aufgaben der einzelnen beteiligten Institutionen nun einmal nicht ident sind“, wie Kleemann betont.

Besonders ärgerlich für den ÖHT-General war aber, „dass sich zunächst niemand bewusst war, wie sehr wir unter Erfolgsdruck standen.“ Wie kam der zustande? Kleemann: „Wäre das Vorhaben gescheitert, hätte das ein Ende der Ausübungsberechtigung der Reisebüros bedeutet und würde für die Hotellerie das Anbieten von Packages verunmöglichen.“

Anhaltendes Marktversagen

Der Grund: Ende 2020 gaben sämtliche Versicherungsunternehmen, die für den österreichischen Markt zuvor Insolvenzabsicherungen gemäß PRV angeboten hatten, wegen der anhaltenden COVID-19-Krise und den damit verbundenen Reisebeschränkungen ihren Rückzug aus diesem Geschäftsbereich bekannt. Damit drohte den betroffenen Unternehmen ab 1. Jänner 2021 ein Ausübungsverbot. Die ÖHT sprang mit einem seitens des Bundes eingeräumten Haftungsrahmen von 300 Mio. Euro als zeitlich befristete Retterin ein.

Da weiterhin ein Marktversagen bei der Absicherung von Ansprüchen von Reisenden besteht, die eine Pauschalreise oder verbundene Reiseleistungen buchen, lagen für 2022 alle Hoffnungen auf einer Fortsetzung des ÖHT-Modells für das neue Jahr.

Verwundert zeigte sich Wolfgang Kleemann deshalb über die Wortmeldung einer Interessensvertretung nach seiner Erstankündigung in der T.A.I.-Online vom 8. Oktober: „Haben wir etwas verpasst?“, lautete die Frage. Kleemanns sarkastische Antwort: „Ja, wenn man an keiner einzigen Sitzung selbst teilnimmt, verpasst man eben manchmal was ...“

Sprunghafter Anstieg an Absicherungen erwartet

All dies ist nun Schnee von gestern. Jetzt geht es ans konstruktive Arbeiten. Schon 2021 erwies sich die ÖHT-Insolvenzabsicherung als Erfolgsgeschichte. Insgesamt konnten damit rund 200 Unternehmen abgesichert und damit ihr Geschäftsmodell sichergestellt werden. Sobald sich auch die Reiseleistungsausübungsberechtigten Hoteliers ihrer Verantwortung ebenfalls bewusst werden (sie benötigen beim Verkauf von Pauschalreisen ebenfalls die in der Pauschalreiseverordnung/PVO geforderte Reiseleistungsausübungsberechtigung), ist laut Wolfgang Kleemann ein sprunghafter Anstieg gegenüber den schon sehr beachtlichen Absicherungszahlen aus dem Vorjahr zu erwarten.

Vereinfachtes Antragsprozedere für Bestandskunden

Anträge können von Reisebüros, Reiseveranstaltern und Hotels ab sofort über das ÖHT-Kundenportal online eingereicht werden. Für Bestandskunden aus dem Vorjahr besteht ein vereinfachtes Antragsprozedere rund um den Erneuerungsantrag. Kleemann: „Diese Kund*innen werden von uns aktiv vor Go-Live unseres ÖHT-Kundenportals kontaktiert – eine neuerliche Antragstellung über unser Portal ist für Bestandskunden somit nicht erforderlich.“

Nähere Informationen unter www.oeht.at/produkte/oeht-insolvenzabsicherung

Gegenstand der Insolvenzabsicherungs-Förderung

Reiseleistungsausübungsberechtige haben für den Fall ihrer Insolvenz sicherzustellen, dass den Reisenden die bereits entrichteten Zahlungen, die notwendigen Aufwendungen für die Rückreise (falls erforderlich inklusive Kosten für Unterkünfte) und gegebenenfalls die notwendigen Kosten für die Fortsetzung der Reise erstattet werden.

Durch die Haftungsübernahme der ÖHT werden diese Ansprüche der Reisenden finanziell abgesichert. Die konkrete Abwicklung der Ansprüche erfolgt dann durch einen Abwickler gemäß § 2 Abs. 14 Pauschalreiseverordnung (PRV).

Adressatenkreis der ÖHT-Insolvenzabsicherung: Die auf Initiative der ÖHT gemeinsam mit dem Tourismus- und dem Wirtschaftsministerium ausgearbeitete ÖHT-Insolvenzabsicherung richtet sich gleichermaßen an Reisebüros, Reiseveranstalter und Hotellerie.

Art und Umfang der Förderung: Die Haftungsquote beträgt 100 %; die Haftungssumme mind. EUR 13.000 und höchstens EUR 20.000.000. Die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Haftungssumme bildet der Jahresumsatz 2019 aus Pauschalreisen und verbundenen Reiseleistungen.

Konditionen: Es wird eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 1 % der Haftungssumme verrechnet (jedoch mind. 500 Euro, max. 30.000 Euro) zuzüglich einer einmaligen Haftungsprovision in Höhe von 0,25 % (KMU) bzw. 0,50 % (Großunternehmen) der Haftungssumme.

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