Print-Ausgabe 19. Februar 2021
„Wir gehen davon aus, dass schon bald Reisen in nahe Destinationen möglich sein werden“, so Max Schlögl
Wie schaffen es Österreichs Reiseunternehmen durch die schwierigen Zeiten? In der T.A.I.-Serie ist diesmal das Familienunternehmen Gruber Reisen an der Reihe
Er fackelt nicht lange herum: Ein kurzes Telefonat mit Max Schlögl (34) von der Gruber Reisen-Geschäftsleitung, der umgehend einen Microsoft Teams-Link herstellt und schon geht’s via virtuellem Meeting „in medias res“, also zur Sache. Home Office. „Im Grunde ist es so, dass die Stimmung sehr gut ist. Und zwar auch im Unternehmen generell“, sprudelt es aus Schlögl heraus, „wir sind sehr, sehr, sehr vereint in dieser Krise. Aber“, so der Einblick in das aktuelle Geschehen, „es ist derzeit wenig los.“
Dieses „wenig los“ betreffe die gesamte Gruppe, vom Bus, über die Reisebüros und den Veranstalter bis hin zum Gruber-eigenen Bretanide Sport Wellness Resort auf der Insel Brač in Kroatien. Alle sechs Setra-, Mercedes und Neoplan-Busse für Charter, Bäderbus und Rundreisen) stehen derzeit still, zwei von ihnen werden fallweise für Sportclubs und Schülertransporte eingesetzt.
Eher ruhig geht es aktuell auch in den rund 30 Gruber Reisebüros zu, wobei Max Schlögl festhält: „Es wird trotz allem gebucht.“ Die wöchentlichen Buchungseingänge bewegen sich aber um die -80 Prozent verglichen mit 2019 („gar nicht zu reden von 2020, aber wir vergleichen derzeit alles mit 2019“). Normalerweise sollten „jetzt seit Mitte Dezember die stärksten Wochen sein“.
Bei Gruber Reisen wird davon ausgegangen, „dass schon bald Reisen in nahe Destinationen möglich sein werden“. Grund dafür seien „die Impfungen sowie digitale Hilfsmittel. Sobald die KundInnenen merken, dass Reisen wieder möglich sind, werden sie uns die Türen einreißen“, ist Max Schlögl überzeugt.
Deshalb werde im Reisebüro-Bereich „schon intensiv am Restart geplant“. Vor allem gehe es darum, die MitarbeiterInnen intensiv zu schulen. Max Schlögl: „Es wird sehr viel los sein!“ Einen besonders großen Ansturm erwartet Gruber Reisen in den Sommermonaten Juni und Juli“.
Wie stark der Wunsch nach Reisen mittlerweile auf KundInnen-Seite ist, verdeutlichen die Gruber-Umfragen der zurückliegenden Jahre: Stets hatten rund 15 Prozent jener Gäste, die in den vorangegangenen zwei Jahren mit Gruber Reisen unterwegs waren, zu Beginn der Buchungssaison bekundet, im laufenden Jahr gar nicht reisen zu wollen. Max Schlögl: „In diesem Jahr sind es lediglich 2 Prozent.“
Stolz ist Max Schlögl darauf, dass von den rund 350 MitarbeiterInnen der Gruber-Gruppe (vom Bus bis zum Bretanide) „kein einziger von unserer Seite gekündigt wurde“. Einige seien zwar in Pension gegangen, andere in Karenz und wieder andere wollten in eine andere Branche wechseln – aber dank der Kurzarbeit konnte das Team beisammen gehalten werden: „Die Möglichkeit der Kurzarbeit nimmt ordentlich Druck raus“, betont Schlögl.
Der Umsatz im Jahr 2020 kam „über alles hinweg“ in den Reisebüros bei minus 80 Prozent zu liegen. Bus und Reiseveranstalter entwickelten sich ähnlich, ebenso wie das Bretanide Resort. „Aufgrund der Kroatien-Reisewarnung hatten wir nicht lange geöffnet, nur sechs Wochen statt der üblichen sechs Monate.“
Umsatz-Ersatz gab’s lediglich für den Bus-Bereich, „aber der ist im Vergleich zum Gesamtumsatz sehr klein“, so Max Schlögl. Die Gruber-Gruppe konnte dies aber problemlos wegstecken: „Wir sind, was die Liquidität betrifft, schon immer sehr gut dagestanden.“ Deshalb war es „für uns relativ einfach, Überbrückungs-Finanzierungen zu bekommen. Wir hatten nie ein Liquiditäts-Problem und hätten auch keines bis Ende 2021, wenn wirklich gar kein Geschäft mehr kommen sollte.“
Wie sah es mit den Kundengeld-Rückzahlungen aus? Diesbezüglich unterscheidet Max Schlögl zwischen Eigenveranstalter, Vermittler und Airlines. Bei Gruber Reisen (als Reiseveranstalter) „haben wir gleich die Entscheidung getroffen: ‚Geld raus!‘ Wir haben also überall, wo wir selbst Veranstalter waren, sofort alles zurückgezahlt.“
Dort, wo Gruber lediglich als Vermittler tätig war, erfolgten die Rückzahlungen „erst dann, wenn wir die Gelder von den Reiseveranstaltern bekommen haben“. Am vorbildlichsten, auch was die Kommunikation betrifft, hätte sich diesbezüglich die TUI erwiesen. „Das haben wir auch bei den Vertragsverhandlungen für heuer unterstrichen“, erklärt Max Schlögl.
Andere Reiseveranstalter waren da nicht so auf Zack und „da gibt’s nach wie vor den einen oder anderen, dessen Reisen im April oder Mai 2020 gewesen wären, der aber noch immer nicht gezahlt hat. Das macht die KundInnen besonders verärgert.“
Auch was die Airlines betrifft, „bekommen wir die Gelder erst sehr viel später. Bis jetzt haben noch immer nicht alle von ihnen gezahlt. Am schlimmsten sind diesbezüglich Lauda und Ryanair“, zeigt sich Max Schlögl kritisch. Laut einer aktuellen Umfrage des ÖRV (Österreicher ReiseVerband) dürfte dies generell in der Branche so sein.
Die Vorhaben für das Jahr 2021? Die Planungen von vor einem Monat sahen einen Umsatz von 50 Prozent im Vergleich zu 2019 „über die gesamte Gruppe“ vor. Schlögl: „Aber ich tue mir schwer, zu planen. Wir haben zwar ein Budget gemacht, aber es sagt nicht viel aus.“
Unklar sei, wie schnell sich das Geschäft erholen wird: „Wir wissen nicht, ob der Boom heuer tatsächlich kommen wird. Aber wenn er kommt, dann kommt er!“ Dann gehe es vor allem darum, „ausreichend Hotel-Kapazitäten für die KundInnen zu bekommen.“
Das eigene Bretanide Resort sei diesbezüglich ein großer Vorteil. Deshalb sind aktuell auch wieder Charter mit Croatia Airlines von Graz und Linz nach Brač geplant. Es wird auch noch weitere Angebote auf Linienflugbasis geben, „weil wir jetzt in der Lage sind, dynamisch zu paketieren. Das haben wir in der Krise vorangetrieben.“
Max Schlögls Fazit: „Wir stehen nach wie vor sehr gut da, auch wenn die Krise natürlich nicht spurlos an uns vorübergehen wird.“ Vor allem der Fixkostenzuschuss 2 (FKZ II) sei da „ein essentielles Hilfsmittel, vor allem, wenn der Deckel, wie von der EU bereits genehmigt, auf 1,8 Millionen angehoben wird, und bis 31. Dezember 2021 gilt.“ Sein Appell an die Regierung lautet daher, diese von der EU bereits gegebene Zusage rasch in österreichisches Recht umzusetzen. Dann wäre der FKZ II „für uns die weitaus bessere Wahl als der Verlustersatz.“
Erstellt am: 19. Februar 2021
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