Print-Ausgabe 9. August 2019
Noch ist das Fosun-Engagement nicht fix, wie Thomas Cook CEO Peter Fankhauser berichtet
Die Thomas Cook Plc. war in den zurückliegenden Jahren nicht gerade mit Erfolgsmeldungen verwöhnt. Seit Mitte Juli 2019 der chinesische Großkonzern Fosun – dessen Chairman und Gründer Guo Guangchang (52) in den Medien oft als „Chinas Warren Buffet“ bezeichnet wird, in Anspielung auf den US-Krösus (Vermögen laut „Forbes“ rund 7,1 Mrd. US-Dollar) – die Absicht bekundete, dem Touristikkonzern mit einer saftigen Finanzspritze von 750 Millionen Pfund (umgerechnet ca. 685 Millionen Euro) unter die Arme zu greifen (Banken und Anleihegläubiger würden parallel dazu weitere 850 Millionen Pfund Fremdkapital in Eigenkapital umwandeln), hat sich dies schlagartig geändert. Ende Juli erhöhte die türkische Anex Tourism Group zudem ihre Thomas Cook-Anteile von 4,76 auf 8,01 Prozent, woraufhin sich der Aktienkurs – seit Mitte 2017 konstant auf Talfahrt – binnen einer Woche verdoppelte.
Noch ist das Fosun-Engagement – durch das auch der geplante Verkauf der Cook-Airlines inklusive Condor vom Tisch wäre – nicht fix. Laut Thomas Cook CEO Peter Fankhauser laufen die Gespräche noch. Geht alles glatt, wird der bisherige 18-Prozent-Aktionär Fosun zusammen mit den Banken eine deutliche Mehrheit am Touristikkonzern halten. Dessen aktuelle Marktkapitalisierung liegt bei 155 Millionen Euro. Ziehen Fosun, Banken und Anleihegläubiger das geplante Paket tatsächlich durch, entspräche dies einem Volumen von rund 1,46 Mrd. Euro. Grund genug für T.A.I., die chinesische Investmentgesellschaft einmal gründlich unter die touristische Lupe zu nehmen.
Fosun International wurde 1992 als Mischkonzern gegründet, erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von umgerechnet 14,3 Mrd. Euro und erwirtschaftete damit einen Gewinn von rund 1,75 Mrd. Euro. In die Schlagzeilen gelangte Gründer und Chairman Guo Guangchang, als er im Dezember 2015 für mehrere Tage spurlos verschwand. Hintergrund: Zusammen mit der HNA Group (Mutterkonzern von Hainan Airlines), der Dalian Wanda Group und der Anbang Insurance Group wurde Fosun im Rahmen einer von der Regierung Xi Jiping lancierten Entschuldungskampagne zum Verkauf von Beteiligungen gezwungen. Mit großem Erfolg: Bis Ende 2018 konnte Fosun seine Nettoverschuldung auf ca. 2,9 Mrd. Euro halbieren.
Mittlerweile befindet sich der Großkonzern wieder auf Einkaufstour. Unabhängig von der Höhe der Beteiligung ist Fosun stets auch in die strategischen Entscheidungen der akquirierten Unternehmen einbezogen. Als Musterbeispiel gilt das französische Tourismus-Unternehmen Club Med, das unter Führung von Fosun den Turnaround schaffte und nun als Kronjuwel der Fosun Tourism Group gilt.
Letztere wurde vor vier Jahren gegründet, mit dem chinesischen Internet-Giganten Alibaba als Minderheitsgesellschafter. Mitte Dezember 2019 ging die Fosun Tourism Group als eigene Travel Unit der Konzernmutter an die Hongkonger Börse (Fosun International hält weiterhin rund 75 Prozent der Anteile). Sollte der Thomas Cook-Deal tatsächlich realisiert werden, wäre der europäische Touristikkonzern dort angesiedelt.
Bereits seit 2010 ist Fosun im Tourismus aktiv, u. a. durch den Einstieg (7,1 Prozent) und die spätere fast komplette Übernahme (90,25 Prozent) von Club Med (aktuell 69 Resorts in 26 Ländern und Regionen; weitere 11 Resorts sind für die kommenden Jahre geplant). 2013 erfolgte die Beteiligung an China International Travel Service (Reiseveranstalter und Destination Management Company).
Seit 2015 ist Fosun auch an Thomas Cook beteiligt (zunächst mit 5 Prozent, aktuell mit 18,1 Prozent) und hat mit diesem ein Joint Venture für den chinesischen Markt gründet. Ebenfalls seit 2015 besteht eine Beteiligung am Entertainment-Unternehmen Cirque du Soleil sowie ein 4,37-prozentiger Anteil am indischen OTA (Online Travel Agent) MakeMyTrip (ca. 30 Millionen Visits pro Monat).
Zu den Assets der Fosun Tourism Group (auch bekannt als „FOLIDAY“) gehört ebenfalls das im Vorjahr eröffnete Luxusresort Atlantis Sanya auf der Insel Hainan (Investvolumen fast 1,8 Mrd. Euro). Herzstück der Anlage, die sich in einem insgesamt 540.000 m² großen Areal mit Wasserpark und Mega-Aquarium befindet, ist ein 52-stöckiger Hotel-Turm. Das Atlantis Sanya bietet seinen Gästen 21 Restaurants, Bars und Lounges, 1.160 Zimmer und 154 Suiten (darunter auch fünf palastartige Unterwassersuiten). Betreiberin ist mit Kerzner International jene Gruppe, die auch das Atlantis The Palm in Dubai betreibt.
Der Umsatz der Fosun Tourism Group mit Chairman und CEO Jim Qian an der Spitze stieg im Vorjahr um 38 Prozent auf ca. 2,12 Mrd. Euro, der Gewinn erreichte rund 50,6 Millionen. Euro. Es war das erste positive Jahr seit der Gründung der Gruppe Ende 2015.
Im ersten Halbjahr 2019 setzte sich der Aufwärtstrend weiter fort. Als Gewinn für die ersten sechs Monate (weitere Details werden erst im Laufe dieses Monats bekannt gegeben) werden mindestens 58,6 Millionen Euro erwartet, verglichen mit einem Verlust von rund 33,2 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2018.
Anders als Chinas größter OTA Ctrip, der sich voll auf China konzentriert, will die Fosun Tourism Group „durch strategische Investitionen in Übersee dem chinesischen Reisemarkt internationale Ressourcen verschaffen“. Gleichzeitig soll laut CEO Jim Qian „an der ursprünglichen Persönlichkeit der Marken“ nicht gerüttelt werden. Dies ist vor allem für Club Med und Thomas Cook wichtig. Jim Qian: „Ich glaube, dass die chinesischen VerbraucherInnen kein Problem damit haben, sich an Premium-Produkte aus der ganzen Welt zu gewöhnen.“
Als Beispiel dafür nennt Jim Qian die beiden jüngsten Vorhaben der Fosun Tourism Group – das Lijiang-Projekt in Yunnan und das Taicang-Projekt in der Nähe von Shanghai (zusammen rund 1,3 Mrd. Euro Investition, Eröffnungen Ende 2020). In beiden wird es neben Club Med Resorts auch je ein Casa Cook und ein Sunwing Resort geben. Das ist aus Cook-Sicht noch nicht alles: Denn sowohl Lijiang als auch Taicang werden nach Fertigstellung von Thomas Cook China gemanaged.
Erstellt am: 09. August 2019
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