Bernhard Brauneder
Print-Ausgabe 21. Oktober 2016
Big Player unter den Travel IT-Anbieter vollziehen derzeit einen Technologie-Sprung, der jenem vom Nokia-Telefon zum iPhone gleicht
Die Zukunft in der Touristik und im Geschäftsreisesektor wird sich über die Technologie entscheiden. Für Reisebüros lautet eine der entscheidenden Fragen: wer hat die beste Technik? Dabei geht es darum, seine Kunden zu kennen und noch besser zu analysieren, sie dort abzuholen, wo sie es brauchen und wo es für sie von Nutzen ist. Eine wichtige Rolle spielen dabei die drei Big-Player Amadeus, Travelport und Sabre. T.A.I. hat sich umgehört, in welche Richtungen die aktuellen Trends laufen und wo die drei derzeit ihre Schwerpunkte setzen.
Laut Simon Ferguson, Vice President & Managing Director Northern Europe von Travelport, das vor einem Jahr TraviAustria zu 100 Prozent übernommen hat, müssen sich die GDS (Global Distribution Systems), die in ihrer bisherigen Form wie ein Nokia-Mobiltelefon wirken, zu Smartphones à la iPhone entwickeln – inklusive Bildern, die von Airlines und Hotels zur Verkaufsunterstützung auf die Plattform gestellt werden können. Wobei Travelport nach Ansicht von Simon Ferguson bereits heute „in vielen Dingen ein iPhone ist.“
Als Beispiel nennt er die in ständiger Weiterentwicklung befindliche graphische Buchungsoberfläche für Flüge, Hotels, Mietwägen etc. „Smartpoint“. „Sie hat ein ganz anderes Look&feel“, so Ferguson.
Laut Rainer Schäfer, Direktor für Deutschland und Österreich von Sabre Travel Network, konzentriere sich das GDS im Produktbereich auf die Weiterentwicklung der zentralen Arbeitsplattform „Red Work Space“. Die aktuellen Verbesserungen betreffen übersichtliche Fare Rules, die Darstellung eines Tariftrends sowie eine verbesserte Darstellung der Ancillary Services und der Gepäckbestimmungen.
Bei Amadeus, dem Marktführer in Österreich, setzt man auf die webbasierende „Selling Plattform Connect“. Sie ist laut Amadeus Austria-Geschäftsführer Bernhard Brauneder „Prozess optimierend.“ Die Software wird dabei nicht mehr lokal auf die Rechner implementiert, sondern jeder einzelne User hat seinen eigenen Log-In Zugang. Braun-eder: „Dadurch erhält ein Agent von jedem Laptop oder Tablet aus Zugriff, auch von zuhause.“ Die „Selling Plattform Connect“ ist seit eineinhalb Jahren am Markt (Ost- und Südosteuropa), in Deutschland wird sie Anfang 2017 eingeführt, in Österreich im Laufe des Jahres 2017.
Der Grund für die spätere Markteinführung der „Selling Plattform Connect“ in den deutschsprachigen Ländern liegt in der Integration der touristischen Buchungsoberfläche TOMA. „Da müssen viele lokale Anforderungen mit einfließen“, so Brauneder.
Im touristischen Bereich liegt die Marktaufteilung in Österreich zwischen Amadeus und Travelport Austria laut dessen Geschäftsführer Rudolf Mertl bei rund 50:50, mit leichtem Vorsprung von Amadeus. Travelport hat hier mit CETS (Central European Touristic Solutions) ein heißes Eisen im Rennen, das erst vor kurzem um die Funktion „DeepLink“ erweitert wurde. Sie erlaubt es, durch Verknüpfung mit externen webbasierten Buchungstools auf zusätzlichen Content zurückzugreifen (wie zum Beispiel bei Sunny Cars auf Automatik-Autos, Kindersitze, etc.).
Bei Amadeus ist man im Touristik-Bereich durch TOMA gut aufgestellt und hat mit dem Vergleichssystem Bistro Portal den absoluten Renner. „Die Marktdurchdringung bei den österreichischen Reisebüros ist hoch“, so Bernhard Brauneder. Mit PowerSearch arbeitet Travelport intensiv daran, diese Vormachtstellung zu brechen. Jüngstes Beispiel ist das heuer im Frühjahr präsentierte und gemeinsam mit Kuoni entwickelte PowerSearch-Tool „ExpertContent PLUS“, eine umfassende Erweiterung zu dem im Herbst vorigen Jahres vorgestellten Tool ExpertContent.
Der dritte Big-Player unter den GDS, Sabre, setzt im touristischen Bereich auf die Buchungsplattform „Shop Holidays“ inklusive Merlin, mit der direkten Verbindung zu mehr als 220 Anbietern. Mit Marti Reisen (neun Reisebüros in Wien, Wr. Neustadt, St. Pölten und Graz) ist heuer der Einstieg in den österreichischen Markt gelungen, an der Dominanz von Amadeus und Travelport wird sich langfristig aber kaum etwas ändern.
Dasselbe gilt für den Flugbereich. Offizielle Marktanteile werden nicht genannt, aber Amadeus gilt hier als unangefochtene Nummer 1, wobei sich Travelport als Nummer 2 laut Rudolf Mertl „in einer guten Position“ befindet, die mithilfe der graphischen Oberfläche „Smartpoint“ weiter verbessert werden soll. Die Umstellung von Verkehrsbüro/Ruefa auf die Nachfolgetechnologie von Focalpoint wird mit November abgeschlossen sein, bei Kuoni ist dies bereits geschehen.
Als großen Vorteil von Travelport in Österreich nennt Simon Ferguson die „starke lokale Unterstützung für unsere Kunden.“ Immerhin sind bei Travelport Austria über 40 MitarbeiterInnen beschäftigt. Befürchtungen, dass es durch die vor einem Jahr erfolgte Übernahme durch den US-Konzern zu einer Ausdünnung des Österreich-Teams kommen könnte, haben sich nicht bestätigt. Das Gegenteil war der Fall: der Help-Desk mit seinem großen lokalen Know-How wurde sogar um einen Mitarbeiter aufgestockt.
Erstellt am: 21. Oktober 2016
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