ANA
Thomas Cook Insolvenz

Ausgecookt! Incoming und Outgoing gleichermaßen betroffen

Print-Ausgabe 4. Oktober 2019

Verlor mit einem Schlag rund 80 Prozent des vermittelten Umsatzes: Heimo Wallner von Touralpin


 

Neben den internationalen Auswirkungen sind auch in Österreich die Folgen der Thomas Cook-Pleite stark – ein Neubeginn des Veranstalters ist durchaus möglich

Die internationale Tragweite des Thomas Cook-Konkurses ist enorm. Deutliche Wunden hinterlässt die Insolvenz auch in Österreich. Wie hoch der Schaden ist, wird sich wohl nie genau eruieren lassen, zu viele Dinge spielen da hinein. Neben der nun notwendigen Insolvenz-Abwicklung, in die weltweit über 400 Tochtergesellschaften involviert sind, geht es um die Neuverteilung bzw. Orientierung der Cook’schen Kunden und Partner in Hotellerie, Touristik und bei den Airlines sowie auch um die Frage, ob, wo und wie es eine Fortführung bzw. einen Neubeginn des Veranstalters gibt.

Vor allem in Deutschland und Österreich hat die Marke „Neckermann Reisen“ eine hohe Zugkraft. Der chinesische Thomas Cook-Investor Fosun, – ihn hat das Cook-Abenteuer nach eigenen Angaben nicht mehr als 42 Mio. Euro gekostet, massiv weniger als die kolportierten 1,73 Mrd. Euro –, hat bereits Interesse signalisiert, den Brand „Thomas Cook“ sowie die deutsche Thomas Cook GmbH (deren 100-prozentige Tochter Thomas Cook Austria ist) aus der Insolvenzmasse herauszukaufen. Cook und Fosun hatten erst heuer zu Jahresbeginn signalisiert, ihr Joint Venture in China auszubauen. Thomas Cook China wurde 2016 gegründet und konnte seine Gästezahlen 2018 verzehnfachen.

Der Kuchen, um den es in Österreich im Outgoing geht, ist groß: Die Thomas Cook Austria AG setzte im Vorjahr rund 174 Mio. Euro um (ein starkes Sechstel des Reiseveranstalter-Volumens in Österreich) und erwirtschaftete damit ein Ergebnis vor Steuern in Höhe von 816.000 Euro. Zwei Fünftel entfielen auf Fernreisen, 60 Prozent auf Europa-Trips. Im heurigen Sommer hatte Thomas Cook Austria laut T.A.I. Ferienflug-Timetable Kontingente auf 123 Rotationen, darunter einige Vollcharter.

Rund 86 Prozent (ca. 150 Mio. Euro) des Cook-Umsatzes wurde über den Reisebürovertrieb erzielt, der Rest (also 14 Prozent) direkt mit Konsumenten. Daraus errechnet sich ein jährliches Provisions-Volumen für den stationären Vertrieb in Höhe zwischen 15 und 18 Mio. Euro. Es wird kaum ein Reisebüro in Österreich geben, das die Auswirkungen nicht zu spüren bekommt. Am geringsten TUI Das Reisebüro, am heftigsten Ruefa, der mit rund 22 Prozent Umsatz-Anteil am gesamten österreichischen Retail-Volumen stärksten Vertriebsschiene des Landes, vor Travelstar (ca. 21 Prozent) und der PRO Gruppe (um die 20 Prozent). TUI Das Reisebüro kommt auf einen Anteil von ca. 14 Prozent, steuert aber traditionell in Richtung der eigenen Veranstalter-Produkte. Bei ihr wird der Cook-Anteil damit deutlich geringer sein.

Anders sieht es im Incoming aus. Hier hinterlässt die Cook-Insolvenz deutliche Spuren in der Hotellerie sowie bei der Incoming-Agentur Touralpin Touristik (St. Johann in Tirol sowie Maishofen bei Zell am See), die über die eidgenössische Thomas Cook International AG das Geschäft aus den kontinentaleuropäischen Quellmärkten abwickelte (Deutschland, Niederlande, Belgien, Ungarn, Tschechien und Polen). Touralpin-Chef, Heimo Wallner, spricht von rund 380 Hotels und einem an diese vermittelten Jahresumsatz von 40 Mio. Euro. Das Winterski-Incoming aus UK und Skandinavien ist noch nicht mitgerechnet. Die in Österreich aushaftenden Forderungen an die Thomas Cook International AG belaufen sich laut Heimo Wallner auf rund 7 Mio. Euro: „Wir hatten für den Winter 2019/2020 rund 15.000 Gäste gebucht.“

Für die Touralpin Touristik ist das Cook-Ende ein herber Schlag, sorgte doch dessen Geschäft „für rund 80 Prozent unseres vermittelten Umsatzes“, so Wallner. „Wir werden abspecken müssen und das verkraften, was wir nicht an Provision kriegen.“ Er möchte jetzt die bei den Hotels georderten Kapazitäten bei anderen Reiseveranstaltern unterbringen. Dazu gehören Ameropa Reisen aus Bad Homburg sowie Neilson Holidays UK mit Ski-Charters im Winter nach Innsbruck und Salzburg.

Bei den Ski-Charters trifft die Cook-Insolvenz vor allem den Airport in Innsbruck, in abgeschwächter Form auch Salzburg (dort dominiert im Ski-Incoming TUI Airways UK bzw. Crystal Ski Holidays) und Linz. Im Vorjahreswinter reisten über den Tiroler Airport 19.000 Thomas Cook-Passagiere aus UK mehrere Wochen hindurch mit sechs Flügen pro Wochenende in die Skigebiete. Flughafen-Sprecher Patrick Dierich ist zuversichtlich, die Lücken schließen zu können: „Eigentlich plane ich mit den Airlines derzeit 2020/21.“ Nachdem die Nachfrage nach Slots in Innsbruck das Angebot gerade an den Winterwochenenden übersteige, geht er davon aus, „dass wir Ersatz finden werden.“ 

Kommentar schreiben

Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder

Nach oben