ANA
Destinations-Report Rhodos

Insel „vieler Wunder“ sorgt für Aufbruchsstimmung im Dodekanes

Print-Ausgabe 15. Juli 2016

FRAPORT als neuer Airport-Betreiber im Anflug, Ideen für neuen Koloss, Bewerbung um Kulturhauptstadt Europas – Rhodos hat einiges vor

Die viertgrößte Insel Griechenlands, Rhodos, kommt heuer von den Buchungen (ca. 1,6 Mio. Ankünfte pro Jahr) her nicht so auf Touren, wie erhofft. Was die Gründe für die aktuelle Zurückhaltung der Gäste sind, welche Marketing-Aktivitäten Rhodos setzt und wie die langfristige Entwicklung der Insel aussieht, darum ging es in einem Gespräch von T.A.I. mit dem Bürgermeister der Insel Rhodos und Präsident des Gemeindeverbandes der Südägäis, Fotis Chatzidiakos, während eines Aufenthaltes Anfang Juli in Wien, bei der Chatzidiakos im Rahmen der 27. Jahrestagung des „Crans Montana Forum“ mit dem „Prix de la Fondation 2016“ für die vorbildliche Rolle der südägäischen Gemeinden rund um die Flüchtlingskrise ausgezeichnet wurde.

T.A.I.: Sie sind seit Jahren in der Politik des Dodekanes engagiert und damit auch sehr stark mit dem Flüchtlings-Thema konfrontiert. Wie sieht die aktuelle Lage auf Rhodos aus?

Fotis Chatzidiakos: „Rhodos war von der Flüchtlingswelle von Anfang an nur wenig betroffen. Wir haben auch keinen Hotspot. Seit Mitte August des Vorjahres sind bis heute 12.000 Flüchtlinge in Rhodos gelandet, wir haben für sie Unterkünfte zur Erstaufnahme geschaffen und nach zwei, drei Tagen sind sie weiter nach Piräus gereist. Seit dem Inkrafttreten des EU-Türkei Abkommens ist die Zahl der Flüchtlinge stark gesunken, derzeit haben wir gar keine auf Rhodos.“

T.A.I.: Der Tourismus trägt rund 85 Prozent zur Wirtschaft bei. Wie sehr wird er durch die Buchungs-Zurückhaltung getroffen? Welche Aktivitäten setzen Sie, um gegenzusteuern?

Chatzidiakos: „Das heurige Jahr ist nicht so erfreulich. Für uns entscheidend sind aber die langfristigen Perspektiven. Da geht es uns um eine Verlängerung der Saison. Derzeit läuft sie von April/Mai bis Oktober. Unser Ziel ist es, sie von März bis November zu verlängern. Rhodos ist gut erreichbar, der Flughafen ist an 149 Destinationen angebunden und jeden Tag kommen ein bis zwei Kreuzfahrtschiffe. Wir haben 126 Kilometer Küste, 28 Strände sind mit der ‚Blauen Flagge‘ ausgezeichnet und wir haben neben der hervorragenden Hotellerie an der Küste 43 Dörfer im Landesinneren, wo man ursprüngliche Gastfreundschaft findet.“

T.A.I.: Kann Rhodos eigene Marketing-Aktivitäten setzen oder sind Sie diesbezüglich an die Zentrale in Athen gebunden?

Chatzidiakos: „Die Hauptstrategie wird vom Ministerium geplant, jede lokale Region kann darauf aufbauend eigene Strategien entwickeln. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit der Hotel-Association weiter alternative Wege zu suchen, wie zum Beispiel im Konferenz-Tourismus, im Bereich Wassersport mit Kite-Surfen und der Marina. Dazu kommt die mittelalterliche Stadt Rhodos – eine der größten heute noch bewohnten Europas und ein UNESCO Welterbe. Wir sind jedes Jahr u.a. auf der Ferien Messe in Wien und wir organisieren Presse- und Agent-Reisen, um die Natur, die Infrastruktur und das Service zu zeigen.“

T.A.I.: Wie hoch ist Ihr Marketing-Budget für den Tourismus?

Chatzidiakos: „Wir stehen im achten Jahr der Finanzkrise und unser Budget wurde seit 2010 auf ein Drittel des früheren Volumens reduziert. Durch die 1996 auf Initiative der Hoteliers gegründete Promotion-Agentur Protour – es war die erste derartige Organisation in Griechenland – gelingt es uns aber, dies in Kooperation mit der Hotel Association und Reiseveranstaltern zum Teil zu kompensieren.“

T.A.I.: Ende 2015 wurde der Flughafen privatisiert, ab Herbst 2016 wird er von FRAPORT betrieben. Was erwarten Sie sich davon?

Chatzidiakos: „Wir haben bereits ein erstes Treffen gehabt. Wichtig für uns ist, dass die Mitarbeiter dadurch keine Probleme erhalten. Dann geht es darum, mehr Fluglinien zu gewinnen, und dass die Investitionen nicht nur dem Airport, sondern auch der Umgebung, – z. B. durch Infrastruktur, wie Parkplätze und für die Umwelt –, zugutekommen. FRAPORT hat zugesichert, in den nächsten fünf Jahren viel zu investieren. Wenn alles klappt, werden die Passagierzahlen stark steigen und es wird auch zu einer Verlängerung der Saison kommen.“

T.A.I.: Rhodos bewirbt sich um den Titel „Europäische Kulturhauptstadt 2021“ – wie stehen die Chancen und wann wird die Entscheidung darüber fallen?

Chatzidiakos: „Die Chancen stehen gut. Anfangs waren 14 griechische Städte im Rennen, jetzt sind es nur noch drei. Rhodos hat eine tolle multikulturelle Geschichte und eine reiche Kultur, die bis heute evident und spürbar ist. Wir liegen am Kreuzungspunkt von drei Kontinenten und an einem Schnittpunkt, wo Nord mit Süd und Ost mit West zusammentreffen. Die Entscheidung, wer Kulturhauptstadt 2012 wird, fällt heuer im November.“

T.A.I.: Sie gelten als Befürworter des Projektes „Koloss von Rhodos“. Bestehen Chancen auf Realisierung?

Chatzidiakos (lacht): „Der Koloss war eines der sieben Weltwunder der Antike. Man kann ihn nicht so wieder errichten, wie er war. Es gibt nicht dasselbe Wunder ein zweites Mal. Aber der Koloss ist ein Symbol und wenn wir an einem Projekt arbeiten, das daran erinnert, so ist das ein Verweis auf unsere Geschichte. Wir sind nicht im Planungsstadium, sondern wie haben eine Idee. Wenn Sie fragen, ob eine Chance auf Realisierung besteht, dann lautet meine Antwort: Ja, warum nicht? Aber der Koloss war ein Wunder, Rhodos ist voller kleiner Wunder, wir sind voll mit Kolossen. Wenn wir das promoten können, dann wäre das ein großer Erfolg.“ 

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Erstellt am: 15. Juli 2016

Bild 1: © colussusrhodes.com

Bild 2: Fotis Chatzidiakos, Bürgermeister von Rhodos, auf Wien-Besuch

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