Geschäftsreisen

„Für die verbindliche Abnahme von fixen Mengen ist Österreich zu klein“

Print-Ausgabe 22. Jänner 2021

V.l.: Michael Glück, Peter Tolinger, Martin Schramseis, Andreas Gruber


 

Trend unter TMCs geht in Richtung „Network Access Fee“ bzw. „Light-­Version“ der „Subscription-Fees“ – Travel-ManagerInnen stehen dem aufgeschlossen gegenüber

Unter dem Titel „Zukunft mit ‚Subscription‘-Fees – Business Travel wird neu durchdacht“ berichtete T.A.I. Anfang November über die Notwendigkeit einer Neuorientierung der Geschäftsreisebranche. Dies habe nicht nur mit der Corona-Pandemie und ihren Folgen zu tun, sondern zeichnete sich bereits lange davor ab, wie Peter Tolinger, Managing Director der Verkehrsbüro-Sparte Business Touristik, damals meinte: „Die Branche hat es verabsäumt, zu zeigen, was sie alles kann.“

Wenig später konkretisierte der Flugausschuss des ÖRV (Österreichischer ReiseVerband) per Aussendung, in welche Richtung sich die Gebühren- und Vertragsmodelle entwickeln. Die Schlagworte lauten demnach „Network Access Fee“ und „Subscription“-Modelle. Hand in Hand damit geht eine weitere Digitalisierungs-Offen­sive einher, wie T.A.I. im Rahmen einer Umfrage unter den führenden TMCs (Travel Management Companies) bestätigt wurde.

Bei BTU (Business Travel Unlimited), das vor der Corona-Krise einen Umsatz von 143,6 Millionen Euro erreichte (+3,3 %) und 118 MitarbeiterInnen beschäftigte „stecken wir zurzeit inmitten der Evaluierung und der Vorbereitung, um unsere aktuellen Preismodelle mit KundInnen zu hinterfragen und den aktuellen Anforderungen anzupassen“, so Michael Glück, Manager Business Organisation and Development. Die Überlegungen tendieren derzeit „mehrheitlich in Richtung ‚Network Access Fee/Charge‘.“

Dabei handelt es sich um eine Gebühr, die bei Banken oder Tele­kom-Anbietern bereits gang und gebe ist. Für die Bereitstellung der Systeme und den Zugang zur Infrastruktur wird ein monatlicher Betrag verrechnet, die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen werden zusätzlich in Rechnung gestellt.

Für Michael Glück sind „Subscription-Modelle“ (Fix-Abnahme von verbindlichen Mengen an Beratungsleistung und Ticketkäufen pro Jahr zu einem Fixpreis) „in einem Markt wie Österreich mit vorrangig KMUs aufgrund Planbarkeit und Mengen nicht umsetzbar.“ Bei BCD habe man jedenfalls „regional wie global, massive Investitionen im Bereich digitale Produktentwicklung getätigt.“ Das Unternehmen sei jetzt „idealer Partner bei der Umstellung auf digitale E2E-Beschaffungspro­zesse im Corporate Travel.“

Die Verkehrsbüro Business Touristik (inkl. AX Travel mit rund 180,9 Millionen Euro Vorkrisen-Umsatz und 172 MitarbeiterInnen Österreichs Nummer 1) setzt laut Peter Tolinger deshalb auf „eine für Österreich zugeschnittene ‚Light-Version‘ der ‚Subscription‘.“ Die Lösung besteht in „kunden­spezifischen Vereinbarungen“, bei der es in der einfachsten Variante eine Grundgebühr wie bei der „Network Access“-Fee ermöglicht, „weiterhin von attraktiven Konditionen zu profitieren, ohne eine Anzahl an benötigten Transaktionen verbindlich zuzusagen.“

Neu an den von der Verkehrsbüro Business Touristik eingeführten Preismodellen sind im Wesentlichen zwei Themen: das unternehmerische Risiko und die volumenbezogenen Rabatte auf das Entgelt. „Letztere werden an verbindliche Abnahmemengen geknüpft“, so Peter Tolinger. „Das ist in anderen Bereichen und Branchen längst eine Selbstverständlichkeit.“ Mit der garantierten Anzahl an verrechenbaren Transaktionen sinke das bisher oft alleine von der Travel Management Company getragene unternehmerische Risiko.

Echte „Subscription“-Modelle wären für Tolinger „speziell dort eine gute Lösung, wo über größere Reiseetats bei wieder guter Planungssicherheit gesprochen werden kann.“ Dies werde in vielen Fällen aber erst in den kommenden Jahren der Fall sein. Unabhängig davon werde bei der Verkehrsbüro Business Touristik „das Dienstleistungsangebot weiterhin rund um die Uhr 24/7 und in hochwertiger Qualität zur Verfügung stehen.“ Dazu wurden diverse Neuerungen vorbereitet. Und in Bezug auf Datenschutz wurde vor Jahreswechsel das neue Profilmanagement „datasafe4VB“ präsentiert.

Keine Änderungen gegenüber den bisherigen Modellen plant man hingegen laut Managing Director Robert Rieb von FCM Travel Solutions (Columbus Business Travel): „Wir sind für neue Ideen offen und werden diese sicherlich weiter beobachten. Gegenwärtig bleiben wir, im speziellen Interesse unserer KundInnen, den derzeitigen Fee- bzw. Abrechnungsstrukturen treu.“ 2021 werden neue Produkte präsentiert (z.B. Online-Buchungstools für kleine und mittlere Unternehmen sowie Weiterentwicklungen bei der Business Travel App „Sam“).

Dasselbe gilt für BCD Travel Austria (TUI Reisecenter Austria Business Travel), mit 96,6 Millionen Euro Umsatz und 50 MitarbeiterInnen im Geschäftsjahr 2019 nach Verkehrsbüro (Business Travel und AX Travel) und BTU die Nummer 3 unter den TMCs in Österreich. „Wir haben beschlossen, dass seit Jahren bestehende Gebührenmodell nicht abzuändern“, so Director Business & Program Development Martin Schramseis.

BCD Travel Austria habe „mit zahlreichen seiner Kunden Volumina- und Transaktions-bezogene Verträge abgeschlossen, die in der Standard-Gebührengestaltung Flexibilität ermöglichen.“ Neue Gebühren zu definieren, „um die eigenen Entstehungskosten aufgrund der starken Buchungs- und Volumina-Rückgänge im Zuge der Pandemie abzudecken, erachten wir als das falsche Signal, um den Markt wieder neu zu beleben“, führt Schramseis weiter aus.

Soweit die Seite der Travel Management Companies. Doch wie stehen die Travel ManagerInnen den neuen Gebühren- und Vertragsmodellen gegenüber? Stellvertretend für sie sprach T.A.I. mit Andreas Gruber, Präsident der abta (Austrian Business Travel Association) und Head of Travel Management CEE Central & South East Europe bei Siemens. Er versteht, dass sich die TMCs zum Teil neu erfinden bzw. mit ihrer Preisgestaltung den sich veränderten Anforderungen und dem Buchungsverhalten auseinandersetzen müssen. Die Verteilung des Risikos und die Frage der Rabattierung spielen hier eine große Rolle.

Welches Preismodell für den einzelnen Betrieb das Beste ist, hängt dann laut Gruber „mit der Größe und dem Reisevolumen zusammen.“ Die Einführung der „Network Access“-Fee ist für ihn „ein durchaus verständliches und sinnvolles Modell um den Grundbetrieb aufrecht zu erhalten und im Bedarfsfall mit der gewohnten erstklassigen Dienstleistung aufwarten zu können.“ 

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