ANA
Airlines und Geschäftsreisen

CO2 und Kosten knabbern an der Zukunft der Business Travel-Flüge

Print-Ausgabe 17. Dezember 2021

Carsten Spohr (l.) und Harry Hohmeister von Lufthansa sind optimistisch – sie rechnen mit einem Minus von 10 %


 

Auch wenn Geschäftsreisen mit dem Flugzeug künftig fixer Bestandteil des Berufsalltags sind, ihr Niveau wird aus Klima- und Kostengründen um bis zu 30 % niedriger sein als vor der Krise

Ob und inwieweit der Geschäfts­reise­verkehr im Bereich der Luftfahrt wieder auf Vorkrisen-Niveau zurückkehrt, steht in den Sternen. Die Anzeichen verdichten sich jedoch, dass große Firmen diesbezüglich auf der Bremse stehen, nicht zuletzt auch aus Gründen des Klimawandels. So berichtete vor kurzem die „Neue Zürcher Zeitung“, dass der Versicherer Zurich seine Geschäftsflüge 2022 um 70 Prozent gegenüber der Zeit vor der Pandemie verringern will, Swiss Re um die Hälfte. Zahlreiche andere Konzerne tendieren in dieselbe Richtung. Die Luftfahrt hielt zuletzt bei einem Anteil von 2,5 Prozent an den von Menschen emittierten Treibhausgasen.

Die Corona-Pandemie hatte im Vorjahr aufgrund der Lockdowns und der dadurch sowie in weiterer Folge extrem zurück gegangenen Business Travel-Flüge für eine deutliche Reduktion gesorgt. Bei Roche (dem mit ca. 65 Mrd. US-Dollar Umsatz größten Pharma­unternehmen der Welt) reduzierte sich der durch Geschäftsreiseflüge entstandene CO2-Ausstoß nach eigenen Angaben von über 200.000 Tonnen auf ca. 55.000, bei Novartis (48,7 Mrd. Dollar Umsatz) waren es sogar 25.000 statt 190.000 Tonnen. Bei sieben von der NZZ befragten Schweizer Konzernen sind die Emissionen aus den Geschäftsflügen im Corona-Jahr 2020 gegenüber 2019 im Schnitt um etwa 75 Prozent gesunken.

Nicht weniger massiv sind die Reise- und Repräsentationskosten gesunken. Die Schweizer Großbank UBS (Umsatz 2020 rund 36,02 Mrd. US-Doller) erzielte in diesem Bereich Einsparungen in der Größen­ordnung von 209 Millionen US-Dollar, bei der Credit Suisse (Umsatz 2020 rund 24,3 Mrd. Dollar) waren es 200 Millionen Dollar.

Für Netzwerkairlines vom Schlage einer Lufthansa, Austrian oder Swiss macht die geänderte Business Travel-Strategie der Unter­nehmen die bereits im Gange befindliche Neuorientierung unumgänglich. Geschäftsreisende sorgten laut Beratungsfirma PwC (früher PricewaterhouseCoopers) auf einzelnen Flügen für ganze drei Viertel der Erträge, zeichneten aber nur für 12 Prozent der Passagiere verantwortlich. Am Frankfurter Flughafen, Deutschlands größtem Airport und Europas Nummer 4, lag der Anteil der Geschäftsreisenden 2019 bei rund 35,4 Prozent.

Fest steht, dass Geschäftsreisen auch in Zukunft fixer Bestanteil des Berufsalltags sein werden. Denn persönliche Kontakte sind durch nichts zu ersetzen. Doch dürfte erheblich restriktiver agiert werden, als es noch vor der Corona-­Pandemie der Fall war. Remote-Arbeit und Videokonferenzen gehören mehr denn je zum fixen Bestandteil der Kommunikation.

Die Deutsche Bank geht davon aus, dass Geschäftsreisen zu Kund*innen mittelfristig wieder 90 Prozent des Niveaus von 2019 erreichen, während jene Reisen für interne Meetings auf 25 bis 30 Prozent zurückgehen. Und einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg unter 45 Konzernen aus den USA, Europa und Asien zufolge planen 84 Prozent der Unternehmen im Bereich der Geschäftsreisen auch nach der Krise Kosteneinsparungen von 20 bis 40 Prozent gegenüber 2019.

Der VDR (Verband Deutsches Reise­management) geht in seiner diesjährigen Geschäftsreise­analyse davon aus, dass 80 Prozent der größeren Unternehmen ihre Dienstreisen dauerhaft zurückfahren wollen. Bei den kleineren Unternehmen sind es voraussichtlich 72 Prozent. Insgesamt dürfte die Zahl der Geschäftsreisen um etwa 30 Prozent sinken.

Lufthansa CEO Carsten Spohr und Vertriebs-Vorstand Harry Hohmeister liegen damit bezüglich ihrer mittelfristigen Erwartungen für den Geschäftsreise-Bereich im optimistischen Bereich: Sie rechnen mit einem Minus von 10 Prozent im Vergleich zum Vorkrisen­niveau.

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