Zollfreie Gedanken

Der Preis ist heiß

Print-Ausgabe 16. Dezember 2016

Wer hätte gedacht, dass irgendwann einmal so etwas wie Nostalgie nach der guten alten Zeit aufkommen würde, als die Hotellerie den Reiseveranstaltern zähneknirschend 35 Prozent Kommission und mehr gezahlt hat, im Gegenzug dafür aber nebst einer zusätzlichen Vermarktungsschiene eines bekommen hat- die Sicherheit, dem selbstbuchenden Einzelgast gegenüber die Illusion eines einheitlichen Listenpreises aufrecht erhalten zu können, weil das Arrangement mit dem Reiseveranstalter im Pauschalpreis versteckt wurde. Damals, als unter Preisdifferenzierung bestenfalls unterschiedliche Preise für die Hoch- , Neben- und eventuell noch eine sogenannte Schultersaison verstanden wurden; als es dazu noch gelegentliche Rabatte für Senioren, Studenten und Familien mit Kindern gegeben hat. Heute müssen sich die Beherberger mit „teuflischen Preisen“ herumschlagen, wie sie in einer spannenden Diskussion zum Thema Dynamic Pricing des Travel Industry Clubs genannt wurden. Solchen, die im ständigen Auf und Ab der Buchungsplattformen zu finden sind, wo sich die von der Branche in jahrelanger „Erziehungsarbeit“ herangezüchtete Generation der Schnäppchenjäger auf der Suche nach dem immer noch billigeren Hotelzimmer austobt. Das Ergebnis der Jagd auf den euphemistisch genannten Bestpreis kann in den offiziellen Statistiken abgelesen werden: Steigende Nächtigungen bei real und jetzt auch schon nominell sinkenden Einnahmen. Daran wird, wie bei der Diskussion ebenfalls deutlich herauskam, der viel bejubelte Fall der Ratenparität kaum etwas ändern. Die großen Buchungsportale mit ihrem hoch professionellen Instrumentarium der Datensammlung und -verwertung und vor allem mit ihrer schieren Größe werden immer einen Schritt voraus sein.

An guten Ratschlägen, wie das Ungleichgewicht zu ändern wäre, mangelte es im Tourism Industry Club nicht: Die Hotellerie müsse wieder auf Profilierung und Differenzierung setzen, weil ein Allerweltsangebot eben nur über den Preis verkauft werden könne; außerdem sollte sie sich genau anschauen, mit wem sie im Verkauf zusammenarbeiten möchte und gleichzeitig müsse sie selbst bei der Direktvermarktung professioneller agieren; wenn es schon Preisermäßigungen gäbe, dann müssten sie dem Publikum gut erklärt werden; und gerade hier hätten die Destinationsorganisationen eine wesentliche Rolle dabei zu spielen, wenn es gilt, marktschwache Einzelkämpfer zu schlagkräftigen Einheiten zu bündeln. Wem diese Leitsätze bekannt vorkommen, liegt nicht falsch. Seit es Tourismusmarketing gibt, sind sie nie aus der Mode gekommen, wohl aber hinter den hektischen Anstregungen, mit der rasanten Digitalisierung Schritt zu halten, auf der Strecke geblieben. Da drängt sich eine Art Rückbesinnung geradezu auf. Gleichsam als guter Vorsatz für ein hoffentlich ertragreiches 2017.

Helmut Zolles

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