Standpunkt

Uber als Reisebüro

Print-Ausgabe 9. August 2019

Die sommerliche Saure-Gurken-Zeit birgt stets auch Kuriositäten. Für die sorgen heuer ausnahmsweise weniger die Tweets des US-Präsidenten oder das seltsame Outing des neuen Primeministers in der Downing Street 10, der dem erstaunten Guardian-Reporter erklärte, in seiner Freizeit vorzugsweise Busse zu bauen, aus deren Fenstern ausnahmslos glückliche Menschen blicken (wer‘s nicht glaubt: mit „youtube boris johnson buses“ leicht zu googlen). Beides kann aber angesichts der Schäden, die beide Blondschöpfe weltweit anrichten, nicht als kurios angesehen werden.

Anders verhält es sich mit den Vorkommnissen hierzulande. Abgesehen von den latent unerfreulichen und niveaulosen Darbietungen der Politik tut sich nämlich tatsächlich Kurioses: Im Zuge der Auseinandersetzung mit der Wiener Taxi-Innung hat der globale Fahrtdiensleister Uber, dessen Marktkapitalisierung seit dem IPO im Mai dieses Jahres trotz anhaltend hoher Verluste bei rund 60 Mrd. Euro liegt (fast das zehnfache der Lufthansa Group!) aufgrund des jüngsten Handelsgerichts-Entscheids eine Gewerbeberechtigung erworben und tritt nun als – richtig – Reisebüro auf!

Flugpauschalen und Fernreisen buchen wird man deswegen auch in Zukunft nicht bei seinen Uber-Fahrten durch Wien. Die Gewerbeberechtigung dient in diesem Falle der Vermittlung von Mietfahrzeugen und Taxis, die ebenfalls unter die Tätigkeit als Reisebüro fällt. Ob die Sache für Uber juristisch hält, muss sich erst weisen.
Das Kuriose an der Angelegenheit liegt aber nicht an der Reisebürokonzession selbst, sondern an einem anderen Aspekt: Die coolen Silicon Valley-Jungs sind mit ihren „Unicorns“ (Start-ups, deren Wert mit mehr als 1 Mrd. Dollar gehandelt wird) ausgezogen, um bestehende Wirtschaftsbereiche zu revolutionieren und um über alles drüberzufahren, was da so in der „Old Economy“ kreucht und fleucht. Auch über die Reisebüros, deren baldiger Tod vorausgesagt wurde.

Heute sind die Reisebüros nicht nur alles andere als tot (auch wenn die große Auslese hierzulande noch bevorsteht), sondern der Technologie-Gigant Uber sieht sie bzw. deren Gewerbe als letzten Rettungsanker, um seine Dienste in Österreich weiter aufrechterhalten zu können. „Uber erhält Reisebüro-Konzession“ zählt damit zu den kuriosesten Meldungen seit langem.

Ähnlich kurios ist übrigens die Art und Weise, wie sich die heimische Politik im Abwehrkampf gegen Uber (sowie deren Fahrgäste aus Österreich und aller Welt, die durchaus die Uber-Leistungen zu schätzen wissen) hinter die Wiener Taxi-­Funkzentralen stellt: Deren ungerechte Konditionen, mit Vorwürfen, die bis zu Knebelungsverträgen reichten, brachten die Taxi-Fahrer regelmäßig auf die Palme, erlaubt sich in Erinnerung zu rufen der

Lupo

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