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Standpunkt

Lustbarkeit im Stift

Print-Ausgabe 9. Februar 2018

Was hat Stift Melk mit Peepshows, Bungee-Jumping und Schießbuden zu tun? Nichts? Leider falsch! Sie unterliegen alle der Lustbarkeitsabgabe. Zumindest dort, wo es eine Gemeinde in Österreich so festlegt. Wie in Melk.

Anfang des Jahrzehntes war das noch anders. Damals gab’s zwar schon die Lustbarkeitsabgabe, aber in NÖ waren Museumsbetriebe von ihr ausgenommen. Auch Stift Melk. Das machte Sinn. Museen sind bekanntlich weniger Orte ausgeprägter Lustbarkeit, sondern vielmehr der Kultur und Bildung. Und weil sich diese Erkenntnis sogar bis Melk durchgesprochen hatte, beließ es der dortige Gemeinderat nach Auslaufen der landesgesetzlichen Regelung per Verordnung bei 0 Prozent.

Vorerst. Denn die finanzielle Situation der Gemeinde schrie nach Löcher-Stopfen. Und so wurde im November 2014 das Stift – exakt 925 Jahre nach seiner Gründung – offiziell zum Ort der Lustbarkeit. Abgabenrechtlich. Da half kein Stoßgebet. Abt Wilfinger und seine 25 Mitbrüder wurden mit einem Schlag um ein Zehntel ihrer bislang lukrierten Einnahmen aus Eintrittspreisen gebracht.

Für die Gemeinde war es ein Jackpot. Das Volumen der Lustbarkeitsabgabe schoss auf rund 650.000 Euro jährlich, das Zwanzigfache des früheren Wertes. Auf dem Papier. Denn angeblich war bis zum Sommer 2017 Nicht-Einhebung vereinbart. Oder auch nicht. Das Stift beglich dann Anfang Dezember angesichts eines medial entfachten Wirbels 1,7 Millionen, die jetzt für anstehende Renovierungsarbeiten fehlen. Die Sache ist seither ein Politikum. Vorsorglich erklärte sich Landeshauptfrau Mikl-Leitner für nicht zuständig.

Womit wir beim Kern der Sache sind. Der bundesweite Wildwuchs an Lustbarkeitsabgaben – ein kurioses Beispiel steuergesetzlicher Undurchsichtigkeit in Österreich – sorgt seit jeher zwischen Bodensee und Seewinkel für Haare-Raufen, Kopfschütteln, Wutausbrüche und mehr oder weniger saubere Kompromisse.
Das UNESCO-Welterbe Stift Melk zieht alljährlich mehr als eine halbe Million Gäste an und ist eines der absoluten Highlights des Donautourismus. Doch die zur Renovierung von Österreichs größter barocker Klosteranlage dringend benötigten Gelder werden ihm genauso aus Lustbarkeitsgründen abgenommen, wie Peepshows, Bungee-Jumpings und Schießbuden.

Der Formel 1 GP in Spielberg, das FM4 Frequency Festival, der Nachtslalom in Schladming – sie alle haben bezüglich Lustbarkeitsabgabe individuelle Lösungen gefunden. Und Stift Melk? Vielleicht ist die soeben „absolut“ bestätigte Landeshauptfrau Mikl-Leitner doch zuständiger, als sie in hitzigen Vorwahlzeiten vermutete, meint angesichts des im wahrsten Sinne des Wortes himmelschreienden Melker
Irrwitzes der

Lupo

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