Standpunkt

Kein Tusch

Print-Ausgabe 23. März 2018

Frühling wird’s. Vieles sprießt. Anderes wuchert. So etwa die Diskussion um Mangelberufe, Zugangsbeschränkungen & Co. Sie hat im Dämmerschlaf überwintert. Jetzt setzt sie zu einem neuerlichen Wachstumsschub an, intensiv gedüngt durch den vom Fachbereichs-Vorsitzenden Tourismus der Gewerkschaft „vida“, Berend Tusch, einmal mehr gegen die Branche erhobenen Vorwurf des „Lohndumping mit Menschen aus dem Ausland“.

Es ist billiger Kunstdünger. Einer der giftigen Sorten. Die Zutaten stammen aus der üblen Trickkiste effektheischender Populisten: komplexe Themen auf vermeintlich einfache Slogans reduzieren und Lösungen vortäuschen, die keine sind.

Lohndumping. Ok. Fakt ist, dass das Gehaltsniveau im Tourismus deutlich niedriger ist, als etwa in Handel oder Industrie. Auf ersteren fehlen – gemessen am durchschnittlichen Personalaufwand pro MitarbeiterIn – nahezu zwei Fünftel, bei letzterer mehr als die Hälfte. Das ist viel. Trinkgelder werden in diesen Berechnungen nicht berücksichtigt. Also doch Lohndumping?

Anders sieht die Rechnung aus, sobald die Wertschöpfung mit berücksichtigt wird. Sie ist in der Industrie nahezu dreimal, im Handel knapp doppelt so hoch. Diese deutlich niedrigere Wertschöpfung des Tourismus liegt nicht an der Unfähigkeit der Wirte, sondern ist kennzeichnend für den Dienstleistungssektor.

Damit sind wir beim Kern der Sache: keine andere Branche investiert einen höheren Anteil ihrer Wertschöpfung in die MitarbeiterInnen, wie der Tourismus. Im Handel sind es weniger als 74 Prozent der Wertschöpfung, in der Industrie lediglich zwei Drittel, in der Beherbergung und Gastronomie mehr als 80 Prozent! Lohndumping sieht anders aus.

Menschen. Österreichs Tourismus zählt zu jenen Branchen, in denen die unselbstständige Beschäftigung seit Jahren überdurchschnittlich stark anwächst. Allerdings nicht bei den InländerInnen. Deren Anteil geht zurück, denn die zieht’s vorzugsweise in die Verwaltung, dem größten Arbeitgeber für österreichische Staatsbürger, vor Industrie und Handel.

Ausländer. Ohne sie gäbe es Tourismus als Erfolgsstory in Österreich nicht. Für 73 Prozent der Übernachtungen sorgen Gäste aus aller Welt und rund 48 Prozent der MitarbeiterInnen aus Beherbergung und Gastronomie kommen von dort. Ohne sie wäre Österreichs Tourismus tot. Nicht nur das: ohne sie hätte auch die Industrie gröbste Schwierigkeiten, denn sie – und nicht der Tourismus – beschäftigt die meisten Ausländer der österreichischen Wirtschaft.

Im Frühjahr werden Sträucher radikal zurückgeschnitten. Damit sie nicht wuchern, sondern frische Triebe ansetzen. Ähnliches stünde der Diskussion um Mangelberufe, Zugangsbeschränkungen & Co gut an. Mit vergifteten, populistischen Zurufen des Herrn Tusch à la „Lohndumping mit Menschen aus dem Ausland“ geschieht allerdings das Gegenteil, bedauert feststellen zu müssen der

Lupo

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