ANA
Standpunkt

Halbes Gesamtkunstwerk

Print-Ausgabe 5. April 2019

Einst wurde Tourismus als Phänomen definiert, wie seinerzeit von Prof. Paul Bernecker als Chef des Instituts für Fremdenverkehr der Wirtschaftsuniversität Wien. Heute spricht man lieber vom Tourismus als Gesamtkunstwerk. Als solcher wird er auch im „Plan T – Masterplan für Tourismus“ bezeichnet. Egal für welchen der beiden Begriffe man sich nun entscheidet, fest steht, dass sich Tourismus aus vielen Akteuren zusammensetzt. In der Primärebene spannt sich der Bogen von den Unterkunftgebern über die Reisemittler und Verkehrsträger bis hin zu den Destinationen. Der Sekundärebene gehören all jene an, ohne die es keine Primärebene gäbe – von Banken und Versicherungen bis zu Bauunternehmen und Zulieferern.

„Plan T“ hat – bei allem Lob, das er verdient und abgesehen von den auf Seite 30 diskutierten Kritikpunkten – vor allem einen Schönheitsfehler: Er erwähnt zwar die gesamte touristische Wertschöpfungskette inkl. Verkehrsträger, doch wirklich einbezogen werden diese in die angeregten Maßnahmen sowie den Aktionsplan nicht. Das darf nicht verwundern, denn der Tourismus ist auf mehrere Ministerien aufgeteilt, allen voran das BMNT – Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und das BMVIT – Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Dazu kommt, dass Tourismus gar nicht in der Kompetenz des Bundes, sondern der Länder liegt – und auch dort ist er in unterschiedliche Resorts aufgesplittert.

Das ist nichts Neues und war schon immer so. Doch wenn Plan T den Anspruch erhebt, Österreich auf den Weg zur nachhaltigsten Tourismusdestination der Welt zu bringen – bravo! – dann wird dies nie und nimmer funktionieren, so nicht auch aktiv Bereiche wie Flugverkehr und Bergbahnen mit einbezogen werden. Letztere sind zumindest durch ihre enge Verwebung mit der Landwirtschaft in Reichweite des BMNT. Erstere in weiter Ferne. Laut dem auf Initiative des Österreichischen Luftfahrtverbands (ÖLFV) bereits zweimal erstellten Luftfahrt-Report sorgt das Flug-Incoming in Österreich für rund 17 Mio. Nächtigungen pro Jahr und eine daraus resultierende Wertschöpfung von 3,9 Mrd. Euro. Das ist nicht wenig. Und gleichzeitig auch ein harter Brocken rund um das Ziel, Österreich zur nachhaltigsten Tourismusdestination der Welt zu machen. Denn Flugverkehr ist alles andere als energie- und emissionsneutral. An anderer Stelle in dieser T.A.I. wird intensiv auf diese Thematik eingegangen.

Um „Plan T“ den in ihm definierten Zielen näher zu bringen, wäre es deshalb mehr als angebracht, endlich auch den Sprung über die Resort- und Sparten-Grenzen hinweg zu wagen. Denn ohne intensives Miteinbeziehen aller Verkehrsträger wird das Ziel, aus Österreich die nachhaltigste Tourismusdestination der Welt zu formen, auf halbem Weg steckenbleiben, als unvollendetes Gesamtkunstwerk, erlaubt sich den Hinweis der

Lupo

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