Standpunkt

Die Scheinheiligen

Print-Ausgabe 9. März 2018

Er dankt. Er der Präsident. Er tut es mit salbungsvollen Worten: „Das ist ein großer Erfolg für den heimischen Tourismus und ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer rot-weiß-roten Beherbergungsbetriebe.“ Er, das ist Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Seine Dankes-Elegie gilt der Rücknahme der Steuererhöhung auf Beherbergungen von 13 auf 10 Prozent mit November 2018.

Wie rührend. Echt. „Viele haben mitgeholfen, dass dieser Erfolg möglich wurde“, sagt er. Jetzt könnte man ironisch werden. Etwa in der Form, dass Leitl es selbst war, der den größten Beitrag dazu leistete. Jenen nämlich, dass er im März 2015 im ÖVP-Parteivorstand seine Zustimmung zu dieser und anderen irrwitzigen Maßnahmen gegeben hat. Für ihn waren’s damals „Wermutstropfen“. Für die Branche eine Katastrophe.

Brav sein Handerl im Nationalrat gehoben, als das Steuerreformgesetz dann im Juli 2015 beschlossen wurde, hat auch der Hotelier und ÖVP-Mandatar Gabriel Obernosterer. Wider besseres Wissen. Denn heute klingt es aus seinem Mund so: „Angesichts steigenden Konkurrenzdruckes von ausländischen Urlaubsdestinationen ist diese Entlastung für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts enorm wichtig.“ Damals war sie es nicht? Sei’s drum. Die höhere Mehrwertsteuer ist bald Geschichte. Die vom Tourismus davor so gewünschte Senkung auf das Niveau Deutschlands wohl auch. Das ist bitter. „Durch die Rücknahme dieser Kostenbelastung haben die Betriebe nun mehr Spielraum für qualitative Innovationen und Investitionen“, sagt Leitl. Der signifikante Nachteil gegenüber der Konkurrenz jenseits der Grenze – 10 gegenüber 7 Prozent MWst. – bleibt aber.

Nur um ein wenig die Dimension ins rechte Licht zu rücken: alleine Bayern hat mit 94,4 Millionen mehr Nächtigungen, als Salzburg, OÖ, Vorarlberg und Tirol zusammen! München herausgerechnet, sind’s immer noch mehr, als Salzburg und Tirol gemeinsam erzielen. Jetzt soll man für die Rückgängig-Machung dieses Fiskalischen-Anschlags, – es war bekannter Maßen nur einer von vielen –, der Regierung dankbar sein? Jenen Damen und Herren, – viele von damals sind auch heute noch aktiv dabei –, die wider besseres Wissen vor drei Jahren der Branche schwere Belastungen aufgebürdet haben? Der Politiker-Jubel über die Nächtigungs-Rekorde hat diese Belastungslawine in der öffentlichen Debatte verdeckt. Als ob Ankunft oder Nacht irgendetwas über betriebswirtschaftliche Entwicklungen aussagen, die durch sie ausgelöst werden.

Genug dieser Scheinheiligkeiten! Dank gebührt der neuen Bundesregierung erst, wenn sie nicht nur die Fehler der Vergangenheit, allen voran jene ihrer unrühmlichen Vorgängerin, wieder rückgängig macht, sondern wenn sie endlich aktiv Weichenstellungen trifft, die für nachhaltig bessere Rahmenbedingungen sorgen. Davon ist bislang außer Ankündigungen nicht viel zu sehen, bedauert feststellen zu müssen der

Lupo

Josef Martinz
10. 3. 2018
Die Scheinheiligen
Danke!

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