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Der Wunderwuzzi

Print-Ausgabe 20. Mai 2015

Die Vorschusslorbeeren sind groß. Für Christian Kern. Als ÖBB-Sanierer gefeiert, soll und will er ab sofort Österreich als Bundeskanzler neu takten: Unternehmen hätten das Vertrauen in den Standort verloren, die Arbeitslosenrate sei nicht akzeptabel, die Bevölkerung würde unter Reallohnverlusten leiden. Es gebe im Land Abstiegsängste. Genau diese Stimmung gelte es zu drehen. Bravo.

Seinem Vorgänger attestierte die „Süddeutsche“ in ihrem politischen Nachruf das Charisma einer Sanduhr. Ein treffender Vergleich. Jetzt folgt ansatzlos die Kernuhr. Während sich die hohe Wissenschaft noch mit deren Entwicklung abmüht, steht in Österreich der Prototyp bereits an der Regierungsspitze.

Ob Kern hält, was man von ihm verspricht, wird sich weisen. Vor drei Jahren betonte er gegenüber der „Wiener Zeitung“: „Ich bin gut beraten, bei dem zu bleiben was ich einigermaßen kann.“ Und das wäre nicht Politik, „sondern ein Unternehmen zu führen.“

Wie gut er letzteres tatsächlich konnte, darüber scheiden sich die Geister. Dem in fünf Jahren um eine halbe Milliarde vom dicken Minus auf rund 200 Mio. Euro Plus gedrehten Konzernergebnis der Bahn steht – so die Kritik - fast eine dreiviertel Milliarde mehr an Zuschüssen der öffentlichen Hand gegenüber. Für Kern spricht, dass Personalkosten sowie Aufwand deutlich gesunken sind und die aufgrund des Mega-Investitionsprogramms um die Hälfte gestiegenen Abschreibungen verdient werden konnten. Alles zusammen immerhin ein Brocken von mehr als 600 Millionen.

Das Wichtigste aus Sicht des Tourismus: Kern bringt dem Wirtschaftszweig Verständnis entgegen. Unter Beweis gestellt hat er dies mehrfach. Beim Journalistenseminar der Bundessparte Tourismus – damals noch in St. Anton – ebenso, wie im Rahmen der „Airficiency Lounge“ von Air Plus im Vorjahr in Wien oder heuer im Zuge eines Vortrags beim Hotelierkongress der ÖHV in Zell am See.

Bei seinem ersten Auftritt als Bundeskanzler am Dienstag dieser Woche nannte Kern als einen Schwerpunkt die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Verbindung mit einer Ankurbelung der Wirtschaft über einen „New Deal“.

Ankündigen lässt sich so etwas leicht. Die Durchführung ist etwas anderes. Was Hoffnung gibt: als Spitzenmanager hat Kern gelernt, nicht nur zu administrieren, sondern auch zu gestalten. Er weiß, was es bedeutet, ein Unternehmen zu führen und wie es sich anfühlt, wenn einem, wie im Cargo-Bereich, plötzlich ein eiskalter Konjunkturwind entgegenbläst. Damit steht er in der Bundesregierung alleine da, mit Ausnahme des Finanzministers, der dies alles – siehe Steuerreform – offenbar vergessen hat.

Was in der gegenwärtigen Situation somit bleibt, ist vorerst das Prinzip Hoffnung. Kern will versuchen, wieder mehr Optimismus aufkommen zu lassen. Denn die größte Wachstumsbremse sei die schlechte Laune. Nehmen wir ihn beim Wort, empfiehlt

Lupo

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