ANA
Rottenbergs Roadbook

Ein Schuss ins eigene Knie

Print-Ausgabe 21. September 2018

Früher erkannte ich Orte an der Werbung für Tageszeitungen. Keine Ahnung warum, aber der schlichte Reim „Jeder hier liest gern Kurier“ freute mich als Kind jedes Mal – obwohl es doch der stets daneben hängende Claim der „Kronen Zeitung“ („Gigritspatschen liest Neue Kronen Zeitung“) war, der mir sagte, wo ich war: Auf Orstafeln achtete ich damals noch nicht.

Heute ist das anders: Über die letzten vergilbenden „Jeder hier …“-Taferln freue ich mich immer noch, aber wo ich bin sagen mir andere Tafeln und Transparente: Die, die „wir sind dagegen“ rufen. Lese ich „Hintertupfing gegen die Dorfumfahrung“ während ich im Dorf im Stau stehe, brauche ich weder Plan noch Navi. Meist geht es aber um Projekte, zu denen der Besucher keinen Bezug hat, die nicht erklärt werden – und bei denen Durchreisende ohnehin nicht mitreden dürften.

Und manchmal promotet das „dagegen“ dann das Bekämpfte: Zwischen Klosterneuburg und dem Kahlenbergerdorf etwa hängt „Nein zur Seilbahn auf den Kahlenberg“. Ich kam da unlängst mit Journalisten vorbei. Keiner wußte von der alten Zahnradbahn. Keiner kennt die Seilbahnidee (so wie die meisten Wiener auch). Das „dagegen!“-Schild ändert das: „Wow, spannend!“ Gefolgt von „wir werden bei euren Touristikern nachfragen, wann es soweit ist.“ Sich noch präziser ins eigene Knie zu schießen, dürfte schwierig sein.

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