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Vom Klimachaos zum Planungschaos?

Print-Ausgabe 15. November 2019

Die gute Nachricht zuerst: Der Tourismus wird im „Energie- und Klimaplan“ der Bundesregierung nicht einmal erwähnt. Bei einem der wachstumsstärksten Wirtschaftszweige, dessen Auswirkungen auf die Treibhausgas- Emissionen unbestritten sind, ist das bemerkenswert. Auf die übliche Klage über den neuerlichen Beweis einer Geringschätzung dieser Schlüsselbranche sollte man diesmal besser verzichten: Wirtschaftszweigen wie der Industrie und der Landwirtschaft hat die höhere Wertschätzung die Aussicht auf schwerwiegende Eingriffe in die Betriebsführung gebracht. Die Bauern werden sich darum streiten müssen, wie weit vorgeschriebene „klimafreundliche Bewirtschaftungsmethoden“ wirtschaftlich tragbar sind, etwa beim Düngermanagement oder bei der Tierhaltung. Der Tourismuswirtschaft bleiben ähnliche Dinge erspart, sie muss sich nicht der Frage stellen, ob es der Klimaschutz zulässt um mehr Gäste zu werben.

Zunächst jedenfalls, denn – das ist die schlechte Nachricht – der Klimaplan ist nur ein „Entwurf“: Das EU-Parlament fordert von allen 28 Mitgliedsländern einen Plan, wie der bis 2030 programmierte Teil des Ausstieges aus den fossilen Energieträgern und den damit verbundenen Klimaproblemen erreicht werden soll. Der noch von der türkis-blauen Regierung ausgearbeitete Plan wurde von der EU als unzureichend postwendend retourniert. Nachhaltigkeitsministerin Maria Patek legte Anfang November ein überarbeitetes Papier vor, das bis 2. Dezember in Begutachtung ist. Es hat mehr als 250 Seiten und ist für jemand, der mit dem Thema nicht wirklich vertraut ist, praktisch unlesbar. Es ist unbestreitbar, dass die Materie fast unüberschaubar vielfältig ist, vor allem der Energiebereich, der auch die notwendigen internationalen Verflechtungen – etwa beim Ausbau der Stromnetze – zu berücksichtigen hat. Auch für den Klimaschutz wurden schon in der Vergangenheit unzählige – auch gesetzliche – Detailregelungen vorgenommen, die in eine Planung einzubeziehen sind. Wenn ein solches Konzept aber mit der Feststellung eingeleitet wird, „Österreich ist eine föderal strukturierte Republik“ und ausführlich geschildert wird, welche Rolle die „Gleichstellung der Geschlechter in der Entwicklung der Nachhaltigkeit“ spielt, drängt sich schon der Eindruck auf, dass es auch kürzer gegangen wäre. Auch bei den sachlichen Themen wird eine kuriose Detailverliebtheit praktiziert, wenn etwa erläutert wird, dass auch durch „Alpung und Behirtung“ Treibhausgasemissionen gespart werden könnten, weil die Weidehaltung zu einer schnelleren Trennung von Kot und Harn führt. Derart wertvolle Details vermittelt das „Klimaschutzprogramm 2030“ der Deutschen Bundesregierung nicht, dafür kommt es mit der halben Länge aus und ist für die Politik alltagstauglich.

Mehr als die Hälfte des Energie- und Klimaplanes sind den „Politiken und Maßnahmen“ gewidmet, die erforderlich sind, um die Ziele zu erreichen. Von Bund und Ländern wurden „bisher rund 300 durchwegs geplante konkrete Maßnahmen benannt“. Das klingt nach „wer hat noch was?“. Eine konsistente Planung schaut anders aus.

In dieser Form fordert der Klimaplan harsche Kritik geradezu heraus: Lediglich die ÖVP, unter deren Regierungsverantwortung er entstand, sieht darin eine „gute Grundlage“, die politische Opposition und die Umweltorganisationen eine „Bankrotterklärung“, für den voraussichtlichen Koalitionspartner, die Grünen, ist er eine „herbe Enttäuschung“. Kritisiert wird vor allem, dass die aufgelisteten Maßnahmen wenig konkret sind und wesentliche Bereiche fehlen. Das ist vor allem eine CO2-Steuer, aber auch die vielfach geforderte schrittweise Streichung umweltschädlicher Förderungen. Diese werden zwar umständlich definiert, aber keine einzige erwähnt, auch nicht politisch brisante wie „Pendlerpauschale“ oder Dieselprivileg. Der Hauptkritikpunkt ist das Fehlen eines Finanzierungskonzeptes: Obwohl bei allen Aktionen „Förderungen“ vorgesehen sind, gibt es keine Schätzung, was sie kosten und woher das Geld kommen soll. Es geht auch um massive Infrastrukturinvestitionen, etwa der Ausbau der Stromversorgung und des öffentlichen Verkehrs, und damit um viele Milliarden. Diese von der EU geforderten Einschätzungen sollen demnächst nachgereicht werden. Schwer vorstellbar, wie das bei diesen Vorgaben einigermaßen seriös möglich sein soll.

Dass sie den zurückgewiesenen Klimaplan nur marginal und damit sicher unzureichend ergänzt hat, begründet die Übergangsregierung damit, dass man bei diesem Thema der nächsten gewählten Regierung nicht vorgreifen wollte. Auch wenn es diese bis Jahresende gibt: Was letztlich nach Brüssel geschickt wird, verlangt noch viele Diskussionen. Der Tourismus sollte sich eine Mitsprachemöglichkeit sichern, denn zuzuschauen, wie zum angekündigten Klimachaos ein hausgemachtes Planungschaos entsteht, ist keine Option.

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