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Trommeln gehört zum Handwerk

Print-Ausgabe 30. Juni 2017

Eine zweifache Premiere gab es kürzlich für die ÖHV: Zum Auftakt des „Tages der offenen Hoteltüre“ trat sie erstmalig bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit der Gewerkschaft Vida auf – und bei der Eröffnung war nur ein einziger Journalist zu begrüßen. Schon ein bisserl peinlich.

Wenig Breitenwirkung

Natürlich stellt sich die Frage, wie so etwas passieren kann. Umso mehr, als sowohl die ÖHV als auch die Gewerkschaft Vida für eine nicht nur umfassende, sondern auch professionelle Öffentlichkeitsarbeit bekannt sind. Pressekonferenzen werden in einer Zeit elektronischer Schnellinformation zwar immer seltener, beide hatten aber noch nie über schwachen Besuch ihrer Veranstaltungen zu klagen.

Bei einem Thema, das nur eine – wenn auch wichtige – Branche betrifft und kein spektakuläres Problem aufzeigt, ist mit keiner besonderen Breitenwirkung zu rechnen. Wirtschafts- und Fachjournalisten konnten kaum Neues erwarten, welche Ziele mit dem „Tag der offenen Hoteltüre“ verfolgt werden, hat die ÖHV vor seiner ersten Veranstaltung im Vorjahr breit kommuniziert: Er ist der nach außen wirksamste Teil der Arbeitsmarktoffensive  „Karriere im Hotel“, der – wie die ÖHV hervorhebt – größten, die es in der Tourismuswirtschaft bisher gegeben hat. Seither hat sich kaum Öffentlichkeitswirksames getan, im Medienbereich konnte der Eindruck entstehen, dass die Wiederholung am 23. Juni bereits als „Routine“ einzustufen sei. Dies umso mehr, als es verabsäumt wurde, ein Ergebnis der ersten Aktion zu präsentieren: Dass die erste Öffnung der Hoteltüren über 7.000 Besucher brachte, wurde beim ÖHV-Kongress eher nebenbei erwähnt. Bei rund 200 teilnehmenden Betrieben mag der Durchschnitt von 35 Besuchern auf den ersten Blick wenig eindrucksvoll sein, da ein großer Teil schon auf Grund ihrer Lage kaum mit vielen Interessenten für eine Lehrstelle rechnen konnte, ist das tatsächlich eine Erfolgsstory, die den Stellenwert der Veranstaltung erkennbar macht. Dies nicht zuletzt den Medienvertretern zu vermitteln, ist Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit. Diesmal wollte man das Versäumnis offensichtlich nicht wiederholen: Die offenen Hoteltüren waren für 23. Juni von 15 bis 19 Uhr programmiert, bereits vor der Halbzeit um 16.30 Uhr berichtete die ÖHV von einem „Großen Interesse von Schülern, Eltern und Wiedereinsteigern“ an Lehrstellen beim Tag der offenen Hoteltür. Eine Bilanz über das Ergebnis der Aktion konnte das natürlich nicht sein. Sie folgt noch – hoffentlich.

All das reicht nicht aus, um den Besucherabsturz bei der Pressekonferenz zu erklären. In einem wesentlichen Punkt war die Veranstaltung nicht Routine: Die Unterstützung durch die Gewerkschaft. Wenn zwei Institutionen, die sich üblicherweise nur Unfreundlichkeiten übermitteln, gemeinsam auftreten, muss alleine die Möglichkeit das journalistische Interesse wecken, dass sie sich auf offener Bühne in die Haare geraten. Das fand allerdings nicht statt: Sowohl ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer als auch Gewerkschaftschef Berend Tusch boten eine überzeugende Darstellung der Lehrlings- bzw. Fachkräfteausbildung als Aufgabe, die sich nur gemeinsam bewältigen lässt. Ein Hoffnungsschimmer für eine neue Ära vernünftiger Zusammenarbeit?

Wo bleibt die Wirtschaftskammer?

Unter diesem Aspekt vermisst man den dritten Partner: Die Wirtschaftskammer hat die Aktion bisher praktisch ignoriert. Der neue Obmann des Fachverbandes Hotellerie Siegfried Egger – Hotelier und Landtagsabgeordneter in Tirol – hat bei seinem Amtsantritt ein verstärktes Lobbying für die Tourismuswirtschaft auf Bundesebene gefordert. Sein persönlicher Beitrag dazu war bisher kaum wahrnehmbar. Wie aktiv ein Verband im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit ist, hängt vor allem von dessen Spitzenfunktionär ab. Wie das geht, zeigt Petra Nocker-Schwarzenbacher, die sich für die Bundessparte zu jedem öffentlich diskutierten Tourismusthema zu Wort meldet und für die Medien, aber auch für die Politik die erste Ansprechpartnerin ist. Wenn es um Hotelprobleme geht, ist die erste Adresse die ÖHV, wie der Reiseverband ÖRV bei Touristikfragen, wo der Fachverband der Reisebüros ebenfalls öffentlich kaum präsent ist. Für eine Interessenvertretung gehört Trommeln zum Handwerk. Wer sich lieber an die dezente Blockflöte hält, muss sich auf die Frage seiner Mitglieder vorbereiten, was er eigentlich für sie gemacht hat – auch wenn er hinter den Kulissen noch so emsig war.

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