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Parteien privilegieren ihre Vereine

Print-Ausgabe 15. Juli 2016

Die Obmänner der Gastronomie-Fachgruppen aller Bundesländer und den prominenten Verfassungsrechtler Heinz Mayer hatte Fachverbandsobmann Mario Pulker aufgeboten, um bei einer Pressekonferenz mit dem nötigen Nachdruck zu demonstrieren, dass es dem Gastgewerbe in ganz Österreich mit seinem Protest wirklich ernst ist: Regierung und Nationalrat wurden aufgefordert, von der rechts- und verfassungswidrigen Parteienfinanzierung durch die Hintertüre Abstand zu nehmen, wie sie im Ministerrat bereits beschlossen wurde – auf Kosten der Gastronomie und der echten gemeinnützigen Organisationen.

Zu lange herumgepfuscht

Die Gesetzesänderungen wurden als „Entlastungspaket“ für die allseits kritisierte „Registrierkassenpflicht“ präsentiert, sie bringen auch tatsächlich Korrekturen, die wenigstens einen Teilsieg der Vernunft gegen bürokratische Schikanen erkennen lassen. So begrüßt auch die Gastronomie, dass für Umsätze im Freien („Kalte Hände Regelung“) bis zu 30.000 Euro im Jahr keine Registrierkassa vorgeschrieben ist, dass es eine klare Regelung für den Einsatz von Aushilfskräften gibt und die obligate Manipulationssicherheit aller Kassen statt am 1. Jänner 2017 erst am 1. April in Kraft tritt.

Dass auch die Alm-, Schutz- und Skihütten bis 30.000 Euro Umsatz und Buschenschänken mit höchstens 14 Betriebstagen im Jahr keine Registrierkassen brauchen, findet ebenfalls Zustimmung, dass die Zusammenarbeit bei der Veranstaltung von Festen mit einem Gastwirt nicht automatisch zum Verlust der Steuervorteile für den Verein führt, grundsätzlich auch. Hier zeigt sich aber bereits, worum es bei der „Entlastung“ wirklich geht: Nicht um das Steuer zahlende Gastgewerbe, sondern vor allem um die über 120.000 Vereine, die mit Gezeter über die Gefährdung des Vereinslebens durch Steuerpflicht und Registrierkassen politischen Druck aufbauten. Die zulässige Gesamtdauer von Veranstaltungen pro Jahr wird von 48 auf 72 Stunden ausgeweitet, dazu kommt die Bestimmung, dass diese Gesamtdauer „für jede kleinste territoriale Gliederung gesondert zu bemessen“ ist. Das heißt, dass theoretisch jeder Verein in allen 7.850 Katastralgemeinden 72 Stunden steuerfrei feiern könnte. Auch wenn das natürlich nicht passieren wird: Dass die Schrankenlosigkeit die Existenzprobleme der Gastronomie im ländlichen Raum weiter verschärft, ist unbestreitbar.

Die Empörung der Gastwirte wird aber vor allem dadurch ausgelöst, dass politische Parteien mit den gemeinnützigen Körperschaften gleichgestellt werden. Um frei von Mehrwert- und Körperschaftssteuer zu bleiben, müssen bisher ausschließlich „gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke“ verfolgt und Überschüsse nachweisbar dafür verwendet werden. Diese Aufzählung wurde um die „materielle Förderung von Zwecken in Sinne des Parteiengesetzes“ erweitert, ohne überprüfbare Einschränkung der Verwendung. Der einzige Unterschied: Für die echten gemeinnützigen Festlmacher liegt die Umsatzgrenze bei 30.000 Euro im Jahr, für die Parteien wurde sie mit 15.000 Euro festgelegt. Die Einhaltung von Umsatzgrenzen ist erfahrungsgemäß aber kaum überprüfbar – umso mehr, als die politischen Organisationen damit auch von der Registrierkassenpflicht ausgenommen sind.

Heinz Mayer stellte in einem Gutachten fest, dass der Verwaltungsgerichtshof schon vor 20 Jahren die Gemeinnützigkeit von politischen Parteien verneint hat und dass der Verzicht des Staates auf Einnahmen eine „staatliche Beihilfe“ darstellt, die nach EU-Recht unzulässig ist. Mayer: „Hier passiert nichts anderes, als versteckte Parteienfinanzierung.“

Skrupellose Unverschämtheit

Bemerkenswert ist die skrupellose Unverschämtheit, mit der die Politik mit der höchsten Parteienförderung aus Steuergeld eigene Privilegien durchdrückt. Hier geht es nur um Geld: Feste zu veranstalten steht jedermann frei, der die dafür gültigen Regelungen einhält. Der vor allem von den Partei-Jugendorganisationen vorgebrachte Einwand, dass unter dem Strich nichts übrig bleiben würde, ist eine Provokation für alle korrekten Steuerzahler, denen zugemutet wird, genau unter diesen Bedingungen wirtschaftlich zu überleben. Der einzige Protest gegen die „maßlose Gier der Regierungsparteien“ kam von den NEOs. Sie blieben damit ebenso erfolglos, wie die Ankündigung verfassungsrechtlicher Schritte von Gastronomie-Obmann Pulker: Der Nationalrat hat die gesetzlichen Änderungen bereits beschlossen – ohne weitere Begutachtung.

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