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Noch wenig Chancen für Pepper und Alexa

Print-Ausgabe 26. Jänner 2018

Auf die als Generalthema gewählte Frage „Dienstleistung – Made bei Humans?“ gab der Kongress der Österreichischen Hoteliervereinigung in der Wiener Hofburg eine eindeutige Antwort: Na selbstverständlich! In der persönlichen Dienstleistung, die auch in einer digitalisierten Zukunft die Basis des Erfolges im Tourismus bleiben wird, ist der Mensch unverzichtbar, darin sind sich die Vertreter der Hotellerie, der Gewerkschaft und der Wirtschaftswissenschaft einig. In der Diskussionsrunde „Roboter statt Mitarbeiter“ wurde dann aber doch differenziert: Wenn die Behauptung aufgestellt wird, „Roboter“ könnten demnächst die Hälfte aller Hoteljobs ersetzen, dann kann man sich nicht nur auf „humanoide“ Nachbau-Menschen mit aufgemaltem Gesicht wie „Pepper“ beschränken oder die Chatbot-Plaudertasche „Alexa“, die das Internet zum Gesprächspartner macht: Was sie an ernsthafter Dienstleistung zu bieten haben, geht derzeit noch kaum über das hinaus, was auch ein entsprechend programmiertes Smartphone kann und ist vor allem dem Entertainment-Bereich zuzuordnen. Dass Pepper und Alexa im Tourismus viele Menschen aus ihren Jobs verdrängen könnten, zeichnet sich vorerst nicht ab: Nur die Vertreter der Digitalindustrie, die ihre Produkte verkaufen wollen, sehen unendlich viele Einsatzmöglichkeiten – für sie zählt, was technisch möglich ist, nicht, was wirklich Sinn macht. Praktiker tun sich viel schwerer, etwa im Housekeeping-Bereich, der häufig als Roboter-Spielwiese bezeichnet wird, eine Möglichkeit für deren wirtschaftlich sinnvollen Einsatz zu finden: Eine Maschine, die den Boden wischen, die Betten überziehen und die Badewanne säubern kann, überfordert jede Technik.

Entlastung, nicht Entlassung

Den richtigen Stellenwert bekommt die Thematik erst, wenn man den Ersatz des Menschen im Dienstleistungsbereich nicht auf Maschinen mit Gesicht und Stimme beschränkt, sondern alle Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung mit einbezieht. Da geht so viel, dass sich für die GPA-Gewerkschafterin Agnes Streissler die Frage stellt, ob die Digitalisierung nicht mehr zerstört, als sie bringt. Sie geht davon aus, dass auch neue Arbeitsplätze für menschliche Mitarbeiter entstehen, die allerdings eine ganz andere Qualifikation und Kompetenzen verlangen. Auch Vida-Gewerkschafter Berend Tusch hofft, dass für die Mitarbeiter die Digitalisierung nicht zur „Entlassung“, sondern zur „Entlastung“ führt, mit mehr Zeit für die Gastgeberrolle, die nur als menschliche Beziehung funktionieren kann.

Entscheidend wird sein, dass die Entwicklung nicht unkontrolliert der Digitalindustrie überlassen bleibt. ÖHV-Vizepräsident Alexander Ipp führte dazu ein häufig zitiertes Beispiel an: Das Ein- und Auschecken im Hotel per Handy ist technisch schon jetzt machbar und steht ganz oben auf der Agenda der Digitalisierungspropagandisten. Auf den Flughäfen haben die Eincheckautomaten allerdings dazu geführt, dass den Passagieren die letzten Reste der Freude am Fliegen vergangen sind. Für die Hotellerie sind solche Effekte noch weniger erwünscht.

Optimierung ist das Ziel

Auch ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer unterstrich, dass das Ziel der Digitalisierung eine Optimierung von Abläufen und nicht das Wegrationalisieren sein müsste. Die Hotellerie wird auch in Zukunft sichere Arbeitsplätze zu bieten haben, auch deshalb, weil das Wachstum der Branche immer neue entstehen lässt. Eine Voraussetzung muss allerdings erfüllt sein: Die menschliche Arbeitskraft muss „leistbar“ sein. Eines der Hauptthemen des Kongresses war die Präsentation einer WIFO-Studie, die die Entwicklung der Arbeitskosten im österreichischen Tourismus analysierte. Und die ist problematisch: Seit 2008 betrug der durchschnittliche jährliche Anstieg 5,6 Prozent bei einer Inflationsrate von 1,7 Prozent. Im EU-Durchschnitt stiegen die Personalkosten hingegen nur um jährlich 1,8 Prozent bei einer Inflation von 1,4 Prozent. Umsätze und Gewinne lagen in Österreich nur knapp über dem Durchschnitt, bei den Mitarbeitern kamen nur vier Prozent der erhöhten Lohnkosten an, ein Drittel versickerte im System. Eine vergleichbare Lohnkostendynamik weisen nur die skandinavischen Staaten auf, sie ist charakteristisch für Hochlohnländer, in denen der Tourismus mit einem von anderen Branchen vorgegebenen Lohnniveau mithalten muss.

Wenn es nicht gelingt, diese Herausforderung in den Griff zu bekommen, steigen die Chancen von Pepper & Alexa – vor allem als Wegrationalisierer.

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